273, 5 Millionen Euro lässt sich der Staat die Übernahme der Hälfte des K22-Gebäudes auf Kirchberg unweit des EU-Konferenzzentrums kosten. Die andere Hälfte übernimmt ArcelorMittal, dessen Tochtergesellschaft ArcelorMittal Kirchberg Real Estate sàrl. den Bau übernimmt. Mit dem Neubau soll der weitere Verbleib des Unternehmenssitzes des Stahlkonzerns in Luxemburg gesichert werden. Das 79 Meter hohe Gebäude wird eine Bruttofläche von 60.700 Quadratmetern auf 21 Stockwerken und weiteren 18.000 Quadratmetern in Untergeschossen aufweisen. Die reale Bürofläche beträgt 36.000 Quadratmeter, die Hälfte davon geht an den Staat. Da es sich um ein im Bau befindliches Gebäude handelt, könnte das Projekt teurer als geplant werden, heißt es im Motivenbericht zum Gesetzesprojekt. Das Gesetz sieht eine Reserve von zehn Prozent vor.
Der Preis entspreche den realen Baukosten. Der Bauherr mache dabei keinen Gewinn, betonte Guy Arendt, Berichterstatter (DP), bei der Vorstellung des Projekts. Angesichts der demografischen Entwicklung des Landes steige der Arbeitsaufwand beim Staat. Zusätzliche Beamten bedürften zusätzlichen Büroraums.
Die Erklärungen konnten den CSV-Sprecher Laurent Mosar keinesfalls besänftigen. Das Projekt sei ein weiteres Beispiel für die Doppelzüngigkeit der Regierung in Sachen öffentlicher Finanzen. Bei der Anpassung der Steuertabelle an die Inflation rede man von Harakiri, an anderer Stelle würden öffentliche Gelder mit der Gießkanne verteilt. Dieses Projekt sei der beste Beweis einer verfehlten Finanzpolitik, so Mosar. Mit diesem Kauf verliere die Regierung ihre letzte finanzpolitische Glaubwürdigkeit. Mosar warf der Regierung insbesondere den im Vergleich zu anderen Bürogebäuden sehr hohen Quadratmeterpreis beim Bau von K22 vor. Was denn die Gegenleistung von ArcelorMittal für die staatliche Beteiligung sei und welche Verwaltungen in die neuen Räumlichkeiten einziehen sollen, wollte der Abgeordnete wissen. Er verglich diese Ausgaben mit denen für den sozialen Wohnungsbau, für den nur die Hälfte des genannten Betrags fließen würde. Mit einem Gewinn von 1,1 Milliarden Euro im ersten Quartal 2023 sei ArcelorMittal nicht auf das Geld des Luxemburger Staates angewiesen, so Mosar weiter. Seine Partei stimme gegen das Gesetz.
Den Äußerungen des CSV-Deputierten schloss sich Fernand Kartheiser (ADR) an. Gab es mit ArcelorMittal einen Deal, fragte er. Und warum wurde dem Konzern ausnahmsweise das Baugelände verkauft? Eine Information, die sich als falsch erweisen sollte. Das Gelände gehöre auch weiterhin dem Kirchberg-Fonds (Fuak), so François Benoy („déi gréng“). Eine Aussage, die François Bausch („déi gréng“) in seiner Eigenschaft als Minister für öffentliche Infrastrukturen wenig später bestätigte. Der Fuak habe seit längerem beschlossen, kein Bauland mehr zu verkaufen. ArcelorMittal wird das Areal auf Kirchberg in Erbpacht überlassen. Dafür zahlt der Konzern 92 Millionen Euro. Ein Drittel sei bereits an Fuak geflossen, also indirekt an den Staat, der hundertprozentiger Anteilseigner des Fonds ist, so Bausch.
Auch „déi Lénk“ und die Piratenpartei lehnten das Gesetzprojekt ab. Man habe kein „Faible für Prestige-Gebäude“, so Nathalie Oberweis („déi Lénk“). Auch sie fragte nach möglichen Hintergründen der Aktion. Sven Clement (Piratenpartei) zufolge engagiere sich der Staat am Ende einer Legislaturperiode oft in Projekte, deren Kosten dann „explodieren“. Mit dem Kaufpreis des K22 könnten 78.000 Quadratmeter Wohnfläche geschaffen werden, rechnete er vor.
Ausgabe „vernünftig“
Die Mehrheitssprecher weigerten sich, die Ausgaben für das Kirchberg-Projekt gegen andere Ausgaben des Staates aufzuwiegen. Keine Regierung zuvor habe soviel in den öffentlichen Transport und in den Bau erschwinglichen Wohnraums investiert, stellte Benoy fest. Und wenn der Staat Bürofläche kaufe, spare er anderswo Mietkosten. Außerdem unterstütze man ein innovatives Projekt, das gemäß den Kriterien der Kreislaufwirtschaft gebaut werde. Innovation im Bau sollte unterstützt werden.
Von einer einmaligen Ausgabe sprach Finanzministerin Yuriko Backes (DP). Diese sollte man nicht mit anderen Ausgaben im Interesse der Bürger vergleichen. Angesichts der Qualität des Gebäudes seien 273, 5 Millionen Euro „vernünftig“, so Backes, die an ähnliche Ausgaben für das Jean-Monnet-Gebäude und den Neubau des Europäischen Gerichtshofs auf Kirchberg erinnerte. Die Regierung habe das Dossier ausgiebig analysiert und dann das ArcelorMittal-Angebot angenommen. Es erlaube, schnell neue Büroflächen in guter Lage zu bekommen. Die nächste Regierung solle über deren Verwendung entscheiden.
Wäre die CSV in der Regierung, würde sie das Projekt unterstützen, meinte François Bausch. K22 gehe nicht auf Kosten des Wohnungsbaus. Auf Kirchberg würden Wohnungen für 10.000 Leute entstehen, viele davon zu erschwinglichen Preisen. Der Bereitstellung öffentlicher Gelder für den Kauf der Immobilie wollte Bausch keine Steuererleichterungen gegenüberstellen. Die 273, 5 Millionen Euro schwere Ausgabe sei eine einmalige Ausgabe. Und man bekomme etwas dafür. Eine Steuerreform hingegen würde den Staat mit jährlich 600 Millionen Euro belasten.
Das Gesetz wurde schließlich mit 32 Ja-Stimmen bei 27 Nein-Stimmen angenommen. Mit den Regierungsparteien hatte auch Roy Reding gestimmt, seit seinem Austritt aus der ADR unabhängiger Abgeordneter.
Einstimmig wurde hingegen das Gesetz zum Kauf von Bürofläche im Gebäude Twist auf Belval angenommen. Dafür sind 62, 6 Millionen Euro vorgesehen. Bezogen werden die Räumlichkeiten vom Statistikamt Statec.
"lässt sich der Staat die Übernahme der Hälfte des K22-Gebäudes auf Kirchberg unweit des EU-Konferenzzentrums kosten."
2030 dann die komplette Übernahme, wetten!