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Sportreporter Waldi zu Özil: „Er hat fast nur den Ball im Kopf“

Sportreporter Waldi zu Özil: „Er hat fast nur den Ball im Kopf“

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Sportreporter-Legende Waldemar «Waldi» Hartmann hat kein Verständnis für Mesut Özil. Gleichwohl habe auch DFB-Präsident Reinhard Grindel in der Affäre viele Fehler gemacht, so Hartmann im Gespräch mit dem Tageblatt.

Von unserem Korrespondenten Hagen Strauß

Tageblatt: Herr Hartmann, haben Sie Verständnis für Mesut Özil?
Waldemar Hartmann: Zunächst einmal habe ich kein Verständnis für den Tag seiner Erklärungen. Denn er ist direkt danach mit Arsenal nach Singapur geflogen. Damit entzieht sich Özil allen Rück- oder Nachfragen. Das ist feige. Und für einen Großteil seiner Äußerungen habe ich auch kein Verständnis.

Sie kennen Özil. Was ist er für ein Typ?
Ich bin mir sicher, seine Erklärungen sind ihm nicht selbst eingefallen. Das waren seine Berater. Ich verfolge seinen Werdegang schon lange. Er ist kein politischer Mensch, er hat fast nur den Ball im Kopf. Aber er hätte mittlerweile verstehen müssen, ob gewollt oder nicht, dass sein Foto mit Erdogan politisch verstanden worden ist. In der gesamten Diskussion kommt mir übrigens ein Umstand zu kurz: Özil und Jogi Löw haben denselben Berater.

Was wollen Sie damit andeuten? Hat Löw deswegen Özil mit zur WM genommen?
Nein, das will ich damit nicht sagen. Aber: Der Independent hat mal geschrieben, Özil ist der beste Mittelfeldspieler der Welt, wenn du 2:0 führst. Er ist ein exzellenter Fußballer. In großen Spielen sieht man ihn aber seit einigen Jahren nicht mehr brillieren. Deswegen wird Özil auch zum Teil von den Arsenal-Fans verspottet. Das ist das Schlimmste, was einem passieren kann.

Uli Hoeneß sagt, Özil habe in den letzten Jahren nur noch «Dreck» gespielt. Geht das nicht zu weit?
Ich würde nicht so weit gehen. Aber Uli ist ein Freund der deutlichen Aussprache. Abteilungsleiter Attacke halt. Es hätte auch ohne die Erdogan-Geschichte durchaus Argumente gegeben, Özil nicht zur WM mitzunehmen.

Das ist die sportliche Seite. Politisch steht nun Özils Vorwurf des Rassismus im Raum – speziell gegen den DFB und seinen Präsidenten Reinhard Grindel. Was sagen Sie dazu?
Ich bin mir sicher: Özil und seine Berater haben diesen Vorwurf kalkuliert erhoben. Auch sie haben mitbekommen, dass Rassismus in Deutschland gerade ein hochsensibles Thema ist. Mein Eindruck ist, man wollte sich damit in die Opferrolle begeben. Nur ist dieser Schuss jetzt nach hinten losgegangen.

Schaut man jedoch, wie im Netz über Özil hergezogen wird, kann man durchaus Verständnis für ihn haben.
Das Netz ist für mich ein qualliger Begriff. Was sich dort abspielt, ist überhaupt kein Argument. Wenn sich irgendwelche 300 Volldeppen äußern, ist das angeblich schon das Netz und die Meinung des Volkes. So ein Quatsch!

Wird es eng für DFB-Präsident Grindel?
Grindel hat elementare Fehler in der Aufarbeitung der Affäre gemacht. Die muss er erklären. Er hat Özil im Regen stehen lassen. Das ist wahr. Auch ist es falsch von Grindel gewesen, vor der WM den Vertrag mit Jogi Löw zu verlängern. Da muss ich doch erst einmal den Verlauf der Veranstaltung abwarten. Ich bin aber keiner, der nach Rücktritten schreit.


Erst das Lorbeerblatt, dann der Rücktritt

Im Jahr 2014, nach dem Gewinn des WM-Titels in Brasilien, war Mesut Özil noch Ehrengast beim Bundespräsidenten. Damals erhielt auch er aus den Händen von Joachim Gauck das «Silberne Lorbeerblatt», die höchste staatliche Auszeichnung für Sportler. Bundeskanzlerin Angela Merkel war im Schloss Bellevue mit dabei. Gestern ließ sie mitteilen, Özil sei ein «toller Fußballspieler». Einer freilich, der nach 92 Spielen nicht mehr für das Land auflaufen will, in dem er geboren worden ist. Özils Entschluss ist zum Politikum geworden. Denn nach der Kontroverse um sein Foto mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan begründete er seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft unter anderem mit Rassismus und fehlender Anerkennung.

Die Kanzlerin ließ mitteilen, Özil habe «eine Entscheidung getroffen, die zu respektieren ist». Mehr wollte Merkel ihre stellvertretende Regierungssprecherin nicht sagen lassen, auch nichts Erhellendes zu den Rassismus-Vorwürfen. Merkel und Özil verbindet freilich eine besondere Beziehung. So sorgte 2010 ein Foto von den beiden für Wirbel. Damals war Merkel nach dem EM-Qualifikationsspiel gegen die Türkei in die Kabine geeilt und schüttelte dem halbnackten Özil die Hand – ein Bild mit Symbolwert angesichts der Dauerdebatte um Migranten. Gleichwohl brachte das Foto der Kanzlerin auch Kritik ein.

Sie instrumentalisiere den Fußball, hieß es damals. Von Unverständnis bis zu mahnender Zustimmung, so reagiert das politische Berlin auf Özils Befunde und Kritik. Außenminister Heiko Maas (SPD) meinte: «Ich glaube nicht, dass der Fall eines in England lebenden und arbeitenden Multimillionärs Auskunft gibt über die Integrationsfähigkeit in Deutschland.» Demgegenüber warnte seine Parteifreundin, Justizministerin Katarina Barley: «Es ist ein Alarmzeichen, wenn sich ein großer, deutscher Fußballer wie Mesut Özil in seinem Land wegen Rassismus nicht mehr gewollt und vom DFB nicht repräsentiert fühlt.» Der frühere Grünen-Chef Cem Özdemir, der zuvor schon scharf mit dem Verband und dessen Verhalten in der Foto-Affäre ins Gericht gegangen war, meinte: «Es ist fatal, wenn junge Deutsch-Türken jetzt den Eindruck bekommen, sie hätten keinen Platz in der deutschen Nationalelf.» Leistung gebe es nur mit Vielfalt. «So sind wir 2014 Weltmeister geworden. Und Frankreich jetzt.»

Özil hatte auch scharf DFB-Präsident Reinhard Grindel kritisiert. In dessen Augen sei er nur Deutscher «wenn wir gewinnen, aber ein Immigrant, wenn wir verlieren», schrieb der 29-Jährige in seiner dreiteiligen, auf Englisch verfassten Erklärung. «Ich werde nicht länger als Sündenbock dienen für seine Inkompetenz und seine Unfähigkeit, seinen Job ordentlich zu erledigen», so der Fußballer weiter. Der DFB wies den Vorwurf des Rassismus gestern jedoch «in aller Deutlichkeit» zurück. Man bedaure, dass Özil das Gefühl gehabt habe, gegen rassistische Parolen nicht ausreichend geschützt worden zu sein, hieß es in einer Erklärung. Aber der Verband engagiere sich seit vielen Jahren «in hohem Maße» für die Integrationsarbeit Deutschland. Das wolle man auch «konsequent» fortsetzen.  has

Mephisto
24. Juli 2018 - 16.07

Waldi hat Recht !

Özil wäre erst dann glaubwürdig wenn er seine Millionen- Eurokonten in türkische Lira wechseln würde. Aber so weit geht die Vaterlandsliebe dann sicher doch nicht.

tarzan
24. Juli 2018 - 12.54

sommerloch