Etwa eine Viertelstunde nach dem Ende des Zeitfahrens begab sich Christine Majerus zum Lager von Nina Berton. „Felicitatioun“, sagte die 36-Jährige zu Berton. Es folgten ein Handschlag, eine herzliche Umarmung und ein Smalltalk über das Rennen, das für viele doch überraschend von Berton gewonnen wurde. Doch ganz so überraschend, wie der Sieg von Berton für den einen oder anderen Zuschauer war, war er für Majerus nicht.
„Es ist schon ungewohnt“, sagte Majerus, die die 7,1 Kilometer also 6 Sekunden langsamer fuhr als Berton. „Ich hatte komplizierte eineinhalb Monate hinter mir. Im letzten Monat wurde ich positiv auf Mononukleose getestet. Ich hatte pfeiffersches Drüsenfieber und habe einen halben Monat auf der Couch verbracht. Ich habe meine Vorbereitungsrennen verpasst. Ich bin zwar nun seit drei Wochen wieder im Training, aber alles, was hohe Intensität hat, kann ich noch nicht so richtig machen.“
Berton wohl bei der Tour de France dabei
Nina Berton wird aller Voraussicht nach wohl bei der 2. Ausgabe der Tour de France Femmes dabei sein. „Nach der Landesmeisterschaft fahre ich in ein Höhentrainingslager in Livigno. Was danach passiert: es wird sicherlich am Donnerstag eine Neuigkeit geben …“, sagte Berton am Mittwoch. Vermutlich wird ihr Team Ceratizit WNT dann den Kader für die Tour de France veröffentlichen. Die Tour startet am 23. Juli in Clermont und endet am 30. Juli in Pau.
17. Elite-Titel für Majerus
Weil Berton in der Altersklasse der Espoirs antrat, durfte sich Majerus das Landesmeistertrikot am Mittwochabend auch wieder überstreifen – und sich ihren 17. Titel bei der Elite eintragen lassen. „Ich fahre sicher nicht mit dem Gefühl nach Hause, dass ich gewonnen habe“, sagt die Fahrerin von SD Worx. „Ich bin Zweite geworden und das ist okay. Nina hat einen großen Schritt im letzten Jahr gemacht. Sie ist verdient die Bestzeit gefahren.“ Zuletzt wurde Majerus 2006 im Zeitfahren der Landesmeisterschaft geschlagen – damals war Anne-Marie Schmit rund um Erpeldingen schneller als Majerus.
In 9:39 Minuten spulte Berton die 7,1 Kilometer rund um Berburg ab – und war damit die Schnellste. Nach dem Rennen hatte sie jedoch gemischte Gefühle. „Hätte ich gewusst, dass es so gut laufen würde, hätte ich auch in der Elite starten können“, sagte sie schmunzelnd. Viele Gelegenheiten wird es im nächsten Jahr immerhin nicht geben, ihr Landesmeistertrikot zu können. Berton fährt mittlerweile bei Ceratitzit WNT Pro Cycling hauptsächlich Elite-Rennen. Die Tour de l’Avenir Feminines (28.August-1. September), die in diesem Jahr zum ersten Mal ausgetragen wird, wird ihr allerdings die Möglichkeit geben, ihr Espoirs-Landesmeistertrikot im Zeitfahren zu zeigen.
„Ich bin dennoch sehr zufrieden. Es ist ein gutes Zeichen für meine Entwicklung und auch für den Rest der Saison. Ich habe mit dem Team auch viel Zeitfahren trainiert“, erklärte Berton. „Dass ich Christine geschlagen habe, zeigt, was ich für einen Schritt gemacht habe. Ich hätte nicht erwartet, sie zu schlagen, auch wenn sie gesundheitlich angeschlagen war.“ Berton trotzte damit auch der Strecke, mit der sie nicht zufrieden war. „Für mich war das eher ein Prolog. Es ist schade, dass das Zeitfahren nicht länger war. Die Strecke kam mir nicht entgegen. Umso überraschender ist das Ergebnis.“ Auf Platz zwei der Espoirs landete Marie Schreiber in 9:54 Minuten, Dritte wurde Liv Wenzel, die 58 Sekunden langsamer war als Berton.
Majerus für Straßenrennen gewarnt
Für das Straßenrennen am Sonntag ist Majerus also gewarnt. „Es ist für mich keine Überraschung, dass Nina so gut unterwegs ist. Aber Marie (Schreiber) ist auch in guter Verfassung. Es gibt Jahre, da hätte ich in diesem Zustand mit dieser Leistung dennoch gewonnen. Das ist in diesem Jahr nicht der Fall. Umso besser für den luxemburgischen Radsport. Sonntag wird noch mal ein anderes Rennen. Ich gebe mich jedenfalls nicht geschlagen. Auch, wenn ich weiß, dass es nicht einfach wird. Ich hoffe, dass Marie und ich uns verstehen, wenn es drauf ankommen wird. Das Ziel ist es, das Trikot in der Mannschaft zu behalten“, sagt Majerus.
Angriffslustig gibt sich Berton aber weiterhin für das Straßenrennen. Am Sonntag wird sie, genau wie Schreiber, bei der Elite starten. Die Espoirs-Landesmeisterschaften der Damen werden am 2. Juli im Rahmen der Dreiländermeisterschaft ermittelt. „Sonntag ist was drin“, sagt Berton. „Ich habe schon in den letzten Rennen gedacht, dass es dieses Jahr möglich ist, um den Titel mitzufahren. Das Zeitfahren gibt mir noch mal Selbstbewusstsein. Das Rennen ist ein ganz anderes; SD Worx kann eine Taktik fahren.
Im Überblick
Zeitfahren der Landesmeisterschaft in Berburg (7,1 Kilometer):
Damen, Elite (Eine Teilnehmerin)
1. Christine Majerus (SaF Zéisseng/SD Worx) in 9:45
Damen, Espoirs mit Vertrag (5):
1. Nina Berton (CT Atertdaul/Ceratitizt WNT) in 9:39, 2. Marie Schreiber (BC Balen/SD Worx) 0:15, 3. Liv Wenzel (CT Atertdaul/Hess) 0:58
Damen, Espoirs ohne Vertrag (2):
1. Malou Bollig (CT Atertdaul) in 12:08, 2. Aurélie Nesser (CT Atertdaul) 0:13
Juniorinnen (2):
1. Gwen Nothum (CT Atertdaul) in 10:39, 2. Anouk Schmitz (CT Atertdaul) 0:50
Junioren (13):
1. Mats Berns (UC Dippach) in 9:14, 2. Fynn Ury (CT Atertdaul) 0:03, 3. Alex Kerrens (UC Dippach) 0:12
Débutants (24):
1. Flavio Astolfi (UC Dippach) in 9:50, 2. David Loschetter (CC Chevigny) 0:13, 3. Jonah Flammang-Lies (UC Dippach) 0:20
Masters (10):
1. Lucien Kirch (Amino Vital) in 9:39, 2. Marc Rolf Indergand (CT Toproad Roeserbann) +0:05, 3. Marc Scheller (SaF Zéisseng) 0:07
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können