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EditorialNeue, alte Ängste

Editorial / Neue, alte Ängste
 Foto: Gerry Schmit

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Die Regierung hat nach dem rasanten Anstieg der Corona-Zahlen in den vergangenen Tagen entschieden, das gesellschaftliche und geschäftliche Leben in Luxemburg ein weiteres Mal einzuschnüren. Wenn das Parlament die neuen Gesetzestexte kommende Woche gestimmt hat, wird es eine Ausgangssperre geben, die Zusammenkünfte werden wieder eingeschränkt und auch der Sport ist sehr stark von den neuen Maßnahmen betroffen. 

Die Regierung hat entschieden, dass in den kommenden vier Wochen nur die höchsten Divisionen aller Sportarten den Spielbetrieb fortsetzen dürfen. Sind die Sportler aus den unteren Ligen demnach vulnerabler? Nein, wohl kaum. Die Erklärung für diese Entscheidung lieferte Gesundheitsministerin Paulette Lenert. Die Vereine der ersten Ligen dürfen antreten, weil es sich um Halbprofis handelt und diese in der Lage sein sollten, ihren Beruf auszuüben.

Dass diese These nur auf vereinzelte Vereine zutrifft, beweisen folgende zwei Beispiele. In der BGL Ligue gibt es rund 60 bis 70 Fußballer, die mit Sport ihr Geld verdienen. Insgesamt trainieren in den 16 Vereinen der höchsten Liga Luxemburgs aber rund 400 Fußballer. Im Basketball sieht es ähnlich aus. Bei den zwölf Total-League-Vereinen stehen 25 Profis unter Vertrag – bei insgesamt rund 170 Korbjägern. Nur 14,7 bis 17,7 Prozent der Sportler sind also Profis. Weit über 80 Prozent gehen einer anderen Arbeit nach oder studieren. Von Halbprofitum kann in keiner Liga Luxemburgs die Rede sein.

Betrachtet man diese Zahlen, hätte auch die Meisterschaft in den unteren Divisionen fortgesetzt werden können. Vor allem im Fußball. Mehrere medizinische Studien haben gezeigt, dass die Ansteckungsgefahr bei dieser Sportart minimal ist.

Deutlich brenzliger wird es, wenn es um die Verantwortung und die Finanzen geht.

Freiwillige in den Amateurvereinen sind arme Schweine. Sie werden für alles verantwortlich gemacht und bekommen nur selten Lob. Jetzt müssen diese Menschen auf den Plätzen und in den Hallen dafür sorgen, dass die im Prinzip weniger Disziplinierten die noch strengeren Regeln der Regierung einhalten. Die „Bénévoles“, die es schaffen, die geforderten Vierergruppen in einem Stadion zu formieren, danach noch aufzuräumen und noch vor der Sperrstunde zu Hause zu sein, haben am Ende des Jahres einen Corona-Sonderpreis verdient. Die, die es nicht schaffen, müssen sich auf unsanfte Worte und öffentliche Anprangerung gefasst machen. Ein schmaler Grat.

Eng wird es für viele Vereine jetzt auch wieder in finanzieller Hinsicht. Es sind nämlich nicht nur die Erstligisten, die Profis unter Vertrag haben. Auch unterklassige Vereine beschäftigen Trainer, Ausbilder oder Spieler. Die Einnahmen dieser Klubs sind durch die Krise bereits deutlich zurückgegangen und tendieren in den kommenden Wochen und Monaten in Richtung null. Sie alle hoffen nun darauf, dass der Staat weiterhin am „Chômage partiel“ für Gesellschaften ohne Erwerbscharakter (Asbl) festhalten und weitere Extra-Zuschüsse ausschütten wird. Genau wie die „Bénévoles“ gehören die Vereine nämlich zu den Eckpfeilern der Gesellschaft.

Die Gesellschaft wurde und wird derzeit auf eine harte Probe gestellt. Umso wichtiger ist es, dass der Staat seine Rolle wahrnimmt und für das körperliche und mentale Wohl seiner Bürger sorgt. Dazu gehören nicht nur die nötigen Restriktionen, sondern auch, sich um die kleinen Freuden des Alltags zu sorgen. Und zu diesen gehört für einen Großteil der Bürger Luxemburgs ihr Verein.

J.Scholer
24. Oktober 2020 - 12.11

Brot und Spiele. Verzichten wir dem Brote wegen auf die Spiele.