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Freizeit Mondorf: Vom Casino zum Entertainment-Zentrum

Freizeit  / Mondorf: Vom Casino zum Entertainment-Zentrum
Das Casino in Mondorf entwickelt sich vom reinen Casino immer mehr zum „Entertainment-Zentrum“ mit Gastronomie und Events Foto: Editpress/Alain Rischard

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Beim Wort „Casino“ liegt immer Spannung in der Luft. Klassisch mondänes Ambiente bieten aber nur noch die wenigsten. Das gilt auch für Mondorf. Direktor Guido Berghmans (63) hat das Casino mit seiner 40-jährigen Geschichte stetig weiterentwickelt und spricht heute von einem „Entertainment-Zentrum“. Ein Gespräch über Dress-Code, Gewinne und die Zukunft.

Tageblatt: Plüschig-rotes Ambiente, Croupiers und klackernde Roulettekugeln sind offensichtlich 20. Jahrhundert. Bedauern Sie das für Mondorf?

Guido Berghmans: Nein. Wir sind ein Casino, das mit der Zeit gehen will und keine klassische Reisedestination wie Las Vegas oder Monte-Carlo ist. Außerdem haben wir nicht die Superreichen als Kunden, sondern Menschen aus der Großregion. Mit 50 Prozent haben die Franzosen den größten Anteil, die luxemburgischen Gäste stellen 35 Prozent, die Deutschen neun Prozent und die Belgier vier Prozent. Zwei Prozent unserer Gäste sind international. Im Durchschnitt geben die Besucher hier pro Person pro Abend 100 Euro aus.

Wie definiert das Casino sich denn zwischen Spiel, Gastronomie und Event?

Finanziell ist das Casino nach wie vor die Cash-Cow. Aber Event und Gastronomie werden immer wichtiger, weswegen wir mit 42 Millionen Euro seit 2011 massiv in den Ausbau dieser Bereiche investiert haben. Wir wollen einer Kundschaft im Alter zwischen 30 und 70 Jahren etwas bieten und ein Entertainment-Zentrum sein.

Sterben die physischen Casinos langsam aus?

Nein. Sie werden immer Menschen haben, die spielen wollen, aber es werden weniger Spielbanken. Das gilt vor allem für die kleineren Häuser und die Häuser, die sich nicht mit der Zeit bewegen. 2022 haben die Einnahmen der physisch vorhandenen Casinos acht Milliarden Euro Umsatz generiert. Insgesamt verzeichnete der ganze Glücksspielmarkt rund 110 Milliarden Euro Umsatz in dem Jahr. (European Gaming and Betting Association EGBA; Anm. d. Red.)

Gibt es eigentlich einen Dress-Code für das Casino?

Ja, den gibt es. Wir akzeptieren keine Kleidung mit politischen Botschaften, keine Kleidung, die andere Leute schockieren könnte und keine Flip-Flops. Bei sommerlichen Temperaturen wie jetzt sind wir aber locker und akzeptieren Sandalen oder kurze Hosen, wenn es vernünftig aussieht. Den anfänglichen Anzug- und Krawattenzwang haben wir schon sehr lange abgeschafft. Wir haben Eingangskontrollen.

Was war der größte Betrag, den das Casino unter Ihnen als Direktor je ausbezahlen musste?

2007 hat jemand einen Jackpot geknackt und wir haben 1,7 Millionen Euro ausbezahlt.

Geht man dann mit einem großen, silbernen Koffer hier raus?

Nein. Damals war es ein Scheck, heute geht das per Überweisung. Wir zahlen nur Beträge bis zu 10.000 Euro in bar aus und wollen eigentlich das Bargeld weiter einschränken – aus Sicherheitsgründen.

Das weckt doch aber sicherlich Begehrlichkeiten, oder?

Ja klar. Im März 2011 haben vier Männer mit Waffen das Casino überfallen und rund 85.000 Euro erbeutet. Gott sei Dank ist damals niemandem etwas passiert.

Welche Bedeutung hat das Casino für die Gemeinde Mondorf? Aus San Remo oder Monaco z.B. ist es nicht mehr wegzudenken und Teil des legendären Rufes …

Die Tradition Mondorfs als Kurstadt ist älter. Das „Domaine thermal“ gibt es seit 175 Jahren, uns erst seit 40. Aber die Steuern, die wir seitdem bezahlt haben, sind erheblich und haben der Stadt Mittel gegeben, sich zu modernisieren. Rund 50 Prozent unserer Einnahmen, 2022 lagen sie bei 42 Millionen Euro, gehen an den Staat. Davon bekommt die Gemeinde bis zu 20 Prozent. Da kommt umgerechnet auf den Tag eine schöne Summe zusammen. Wir haben jährlich rund 350.000 Besucher.

Wie setzen sich denn die Einnahmen zusammen?

Das sind die Gelder, die die Leute hier verloren haben, abzüglich der ausbezahlten Gewinne. Dieses Jahr schätze ich die Einnahmen auf 45 Millionen Euro. Die Menschen haben nach der Pandemie Nachholbedarf. Das spüren wir. Hinzu kommen bei den Einnahmen fünf bis sechs Millionen Euro durch Gastronomie und Events.

Ist Online-Poker ein Konkurrent für ein Casino?

Nein. Anfangs sind viele Casinos auf den Zug aufgesprungen, aber mittlerweile ebbt der Boom wieder ab – zumal viele eine Poker-App auf dem Handy haben. Für uns war es nie attraktiv, weil die Spielbank sehr wenig daran verdient und die Gewinne hoch besteuert werden.

Wenn ich Sie richtig verstehe, setzen Sie hier in Mondorf der Digitalisierung des Spiels über das Internet die soziale Komponente entgegen, oder?

Genau. An unsere neuen 23 elektronischen Roulettetische kommen am Wochenende viele junge Leute, um sich zu treffen, weil sie nicht immer nur alleine vor dem Computer sitzen wollen.

Man muss ein Gespür für die Trends in der Branche haben, offen sein und den Mut haben, alte Klischees sein lassen zu können

Sie haben als Croupier in Mondorf angefangen. Jetzt sind Sie der Chef. Macht die Erfahrung es leichter, ein Casino zu führen?

Das ist auf jeden Fall ein Vorteil. Aber ich kenne auch Casinochefs, die aus ganz anderen Bereichen kommen und sich in die Materie eingearbeitet haben. Man muss ein Gespür für die Trends in der Branche haben, offen sein und den Mut haben, alte Klischees sein lassen zu können.

Haben Sie in Ihrer Zeit als Croupier schon mal Tricksereien mit gezinkten Karten aufdecken müssen? Oder ist das auch eine Erfindung des Showgeschäftes?

Nein. Aber heute läuft das eher über das Hacken. Solche Manipulationen gibt es permanent. Aber es fällt auf. Wenn der Automat dauerhaft ein Minus einfährt, liegt der Verdacht nahe, dass da manipuliert wird. Das Gleiche gilt für die Tische. Wenn ein Spieler dauernd gewinnt, kommt uns das komisch vor und wir kontrollieren, ob da eine Manipulation vorliegt.

Das Casino in Zahlen

Umsatz 2022: Casino: 42 Millionen Euro
Restauration, Hotel und Entertainment: 6 Millionen Euro
Investitionen 2022/2023: 5 Millionen Euro in Modernisierungen
Mitarbeiter: 175
Fläche Spielsaal: 2.500 m2
Fläche Gastronomie: 500 m2 (zwei Restaurants, zwei Bars)
Fläche Events: 1.300 m2

Zur Person

Guido Berghmans stammt aus der deutschsprachigen Gemeinde in Belgien. 1983 hat er als Croupier im Casino in Aachen angefangen und wechselte 1984 nach Mondorf. Er ist seit 2002 Generaldirektor des Casino 2000.