Der verkopfte Mathrock von Aiming for Enrike hat auf der vierten Platte mehr Groove, eingängigere Songstrukturen und mehr Referenzen an die 80er als zuvor. An die Liveshows kommt „Music For Working Out“ nicht ganz heran, eine ausgezeichnete Platte hat das Duo aus Schweden dennoch geschrieben.
Stichwort ungewöhnliche Veröffentlichungspolitik: Vor fast einem Jahr begann Aiming for Enrike, jeden Monat einen Track seines neuen Albums „Musik For Working Out“ zu veröffentlichen – was zur Folge hat, dass der hartgesottene Fan Songs wie „Ponzu Saiko“ oder „Hard Dance Brainia“ bereits seit geraumer in- und auswendig kennt und das Album daher fragmentiert rezipiert haben wird.
Dabei funktioniert „Music For Working Out“ sowohl als tolle Songsammlung als auch als schlüssiges Gesamtwerk. „Undead Horse Of Thunder And Metal“ nimmt den Blues rezenter Queens-of-the-Stone-Age-Songs einen Schritt weiter, „Hard Dance Brainia“ und „Ponzu Saiko“ klingen wie Mathrock für Gameboy-Nostalgiker und Super-Mario-Fans, „Don’t Hassle The Hoff“ liegt ein unverschämt grooviger Riff zugrunde, der im darauffolgenden „Infinity Rider“ an Tanzbarkeit noch getoppt wird, und das abschließende „Spice Girls“ bringt den Esprit der Platte in sechs tanzbaren Minuten auf den Punkt und zeigt, wieso Aiming for Enrike mit Mutiny on the Bounty und Maserati die energischsten, mitreißendsten Vertreter des Genres sind.
Die ruhigeren „Diving Within“ und „Flat Beats“ setzen mehr auf Atmosphäre als auf Melodie, machen aber in der Gesamtstruktur des Albums absolut Sinn – nur „Christmas Eve“ (der als letzter Song einzeln veröffentlicht wurde) will als halbgarer Opener nicht so recht ins Konzept passen.
Fast allen Songs liegt eine Melodie-Verliebtheit zugrunde. Auf die komplexe, jedoch zu jeder Zeit eingängige Rhythmik stapelt Gitarrist Simen Følstad Nilsen Schichten an Effekten und Melodien. Auch wenn man weiß, dass sich das wahre Potenzial dieser Songsammlung erst während der kommenden Konzerte entfalten wird (Schlagzeuger Tobias Ørnes Andersen verhält sich im Vergleich zu seinen Liveshows auf der Platte etwas zahm) – die Wartezeit auf das Konzert in den Rotunden am 11. Februar darf man sich getrost mit diesen neun Songs verkürzen.
Der Albumtitel ist dabei nur zur Hälfte ironisch zu verstehen – einerseits ergibt sich aus dem Kontrast zwischen dem verkopften Mathrock und der im Titel angeprangerten utilitaristischen Dimension der Musik eine kritische Komponente (hier wird klar die Kommodifikation der Musikindustrie verurteilt), andererseits ist der Plattentitel eine deutliche Hommage an Brian Eno – und ganz wie LCD Soundsystems von Nike beauftragte 44:53 eignet sich die Platte aufgrund der treibenden Rhythmen und der schierer Energie der Riffs in der Tat hervorragend als Begleitmusik zu verlängerten Fitness-Sessions oder, für die unsportlicheren Musikfans, zu langweiligen Autofahrten.
Bewertung: 8/10
Anspieltipps: Hard Dance Brainia, Infinity Rider, Undead Horse Of Thunder And Metal
Info
Aiming for Enrike spielen am 11. Februar in den Rotondes.
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