Auch persönlich ist Christine Majerus mit dem Saisonbeginn zufrieden, auch wenn sie als Helferin kaum Gelegenheiten bekommt, ihre eigenen Karten auszuspielen: „Gent-Wevelgem war das Rennen, wo für mich eine Top-5-Platzierung drin war. Ich befand ich mich in der Verfolgergruppe, die um Platz zwei fuhr. Bedauerlicherweise wurden wir 300 m vor dem Ziel eingefangen, das war schon frustrierend“, erklärt sie.
Als Teil der Nationalmannschaft kann Majerus auf eigene Faust fahren. Dabei sprang im März, in der Gesamtwertung der Tour de Normandie (F/2.1) und letzten Samstag beim Eintagesrennen Omloop van Borsele (NL/1.1), jeweils ein fünfter Platz heraus. An ein Ausruhen war am Sonntag nicht zu denken, da sie bei Lüttich-Bastogne-Lüttich für eine Teamkollegin einspringen musste und somit binnen zwölf Stunden gleich doppelt gefordert war: „Nach dem Zieleinlauf am späten Samstagnachmittag bin ich selbst mit dem Auto quer durch die Niederlande gefahren, um am nächsten Morgen 143 km in Angriff zu nehmen. Da ich mich noch nicht von den Anstrengungen des Vortages erholt hatte, habe ich nach den ersten beiden Stunden die Handbremse gezogen“, so die 36-Jährige, deren Fokus in den Tagen vor ihrem Heimrennen auf die Erholung gerichtet war.
„Es ist schade, dass meine Mannschaft SD Worx nicht dabei ist. Anfang des Jahres hatte ich in dieser Hinsicht etwas Druck ausgeübt. Wegen der Teilnahme an der Vuelta, wo auch Marie Schreiber startet, ist das jedoch nicht möglich. Wir sind nicht das einzige Team, das sich in dieser Situation befindet, die alles andere als ideal ist. Auch wenn ich das Rennen nicht selbst in die Hand nehmen kann, werde ich versuchen, das Beste daraus zu machen. Ich hoffe, das nötige Quäntchen Glück zu haben, um die richtigen Ausreißergruppen zu erwischen“, erklärt Majerus die Ausgangslage.
„Eher geringe“ Chancen auf Gesamtsieg
Ihr ausgemachtes Saisonziel ist es, ein Maximum von UCI-Punkten zu sammeln, um bei den Olympischen Spielen startberechtigt zu sein. An zwölf Renntagen hat die siebenfache Sportlerin des Jahres 1.615 km heruntergespult und dabei 245 Punkte gesammelt. Ob Majerus damit im Fahrplan liegt, weiß sie selbst nicht genau, da sowohl das Qualifikationssystem als auch die Punktevergabe angepasst wurden. „Dadurch ist ein Vergleich mit den vorherigen Saisons nicht möglich. Wegen Olympia will ich mich nicht verrückt machen. Ich versuche jedes Rennen so gut wie möglich zu fahren, was mir bislang, mit Ausnahme von Gent-Wevelgem, auch gelungen ist. In Luxemburg kommen hoffentlich noch ein paar Punkte hinzu.“
Das Wegfallen des Prologs spielt ihr dabei nicht in die Karten. Was die Zeitgutschriften bei den Zwischensprints anbelangt, wird die Gewinnerin von 2017 die jeweiligen Rennsituationen abwarten und dann entscheiden, ob sie um die Vergabe der drei Sekunden mitsprinten wird. „Der Parcours der ersten Etappe ist etwas selektiver als in den Jahren zuvor. Vielleicht geht es ja diesmal in der Endabrechnung nicht um Sekunden“, so die Landesmeisterin. Für Majerus gilt Marta Bastianelli, die sich im vergangenen Jahr durchgesetzt hatte, mit ihrer Mannschaft UAE Team ADQ als große Favoritin. Gefahr könnte ihr vonseiten des ausgeglichenen Teams Ceratizit-WNT, mit u.a. Nina Berton, drohen.
Ihre Chancen auf einen zweiten Gesamtsieg schätzt sie als „eher gering“ ein. „Das heißt jedoch nicht, dass ich ohne Ambitionen starte. Auf der ersten Etappe versuche ich so nahe wie möglich ans Podium heranzukommen. Am zweiten Tag muss ich dann sehen, wie sich die Etappe entwickelt. Mittlerweile ist es auch im Frauenradsport ohne Mannschaft quasi unmöglich, den Gesamtsieg anzupeilen. Bereits im Jahr 2017 war mein Erfolg nur mit der Unterstützung meines Teams möglich. Wenn sich allerdings eine Gelegenheit auftut, werde ich versuchen, diese zu nutzen. Wohlwissend, dass die Trauben für ein kleines Team hoch hängen“, gibt Majerus abschließend zu verstehen.
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