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EU-ParlamentLuxemburgs Premierminister Xavier Bettel will eine offene und geeinte EU

EU-Parlament / Luxemburgs Premierminister Xavier Bettel will eine offene und geeinte EU
Luxemburgs Premierminister Xavier Bettel während der gestrigen Debatte Foto: European Union 2023

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Im Rahmen der Debattenreihe „Das ist Europa“ sprach am Mittwoch der luxemburgische Premierminister Xavier Bettel im Europäischen Parlament, wo er sich unter anderem dafür aussprach, offen gegenüber der Welt zu bleiben und fundamentale Rechte und die Rechtsstaatlichkeit zu verteidigen.

Es war das dritte Mal, dass Xavier Bettel im Plenum vor den EU-Parlamentariern das Wort ergriff. Er erinnerte daran, dass, als er 2018 eine Rede am gleichen Ort gehalten hatte, nach der Euro- und Finanzkrise und der Flüchtlingskrise, nach dem Brexit-Referendum 2016 und dem Aufkommen xenophober Stimmungen, manche geglaubt hatten, die EU ginge ihrem Ende entgegen. Er stelle aber nun fest: „Das Gegenteil ist eingetroffen.“ Es habe sich gezeigt, dass, wenn die EU-Staaten die Herausforderungen gemeinsam angingen, das zum Nutzen aller sei. So wie etwa die gemeinsame Beschaffung von Impfstoffen während der Corona-Pandemie, sodass alle gleichermaßen davon profitieren würden. Während der Pandemie habe sich gezeigt, dass „die Zusammenarbeit die Lösung ist“. Nun gelte es auch, „unsere Einheit gegenüber dem Krieg in der Ukraine“ aufrechtzuerhalten, mahnte Bettel, der forderte, die Ukraine weiterhin zu unterstützen, wirtschaftlich, humanitär und militärisch. Zudem müsse der Aggressor sanktioniert werden. „Wir wollen keine Straffreiheit“, so der luxemburgische Premierminister.

Bettel plädierte dafür, dass die Union „offen“ bleibe gegenüber der Welt. Vor allem, wenn die Spannungen stiegen und damit ein Reflex zum Protektonismus einhergehe. Daher brauche es auch eine „echte gemeinsame Migrationspolitik“. Die EU habe die „legale Verpflichtung und moralische Pflicht“, Leuten Schutz zu gewähren. Mauern würden irreguläre Migration nicht aufhalten, betonte Bettel, fundamentale Rechte müssten eingehalten werden. „Für mich bedeutet Europa, die bestehenden Mauern zu zerstören. Begehen wir nicht die Fehler der Vergangenheit“, sagte Bettel.

Wichtig für ihn seien in der EU fundamentale Rechte und Rechtsstaatlichkeit. „Wir müssen weiter für diese Rechte kämpfen“, forderte der Premierminister. „Die Verteidigung der Rechtsstaatlichkeit und der fundamentalen Rechter der Bürger muss das Rückgrat dieser Europäischen Union bleiben.“ In diesem Zusammenhang begrüßte er den Rechtsstaatsmechanismus, über den für Mitgliedstaaten bestimmte EU-Gelder zurückbehalten werden können, wenn diese grundlegende EU-Werte und Rechte nicht respektieren. So wie es die EU-Kommission gerade gegenüber Ungarn tut. Dabei verwies Bettel auf ein ungarisches Gesetz, das es verbietet, unter anderem in Filmen und Büchern, die sich an Kinder und Jugendliche richten, sowie an Schulen über Homosexualität zu sprechen. Er würde sich dafür schämen, „dass bestimmte Kollegen versuchen, auf dem Rücken von Minderheiten Stimmen zu gewinnen“, meinte Bettel in Bezug auf den ungarischen Regierungschef Viktor Orban.

Solidarität und nachhaltige Finanzen

Es brauche mehr Europa, meinte im Anschluss an Bettels Rede die luxemburgische EVP-Abgeordnete Isabel Wiseler-Lima. Sie sprach sich zudem für mehr Autonomie, vor allem gegenüber China, sowie für eine Militärunion in der EU aus. Während die Vorsitzende der S&D-Fraktion, Iratxe Garcia Pérez, unter anderem eine „gerechte Steuerpolitik“ in der EU forderte, ging die Fraktionschefin der Linken, Manon Aubry, den luxemburgischen Premier frontal an und warf ihm vor, Regierungschefs eines „Steuerparadieses“ zu sein. Die Französin lästerte damit, wie sonst 1.810 Unternehmen Platz in einem Gebäude an einer Adresse in Luxemburg finden könnten, wenn es sich dabei nicht um Briefkastenfirmen handeln würde, die einer gerechten Besteuerung entgehen wollten. Bettel erwiderte, dass ihm beim letzten Mal in Straßburg die gleiche Rede von der rechtsextremen Marine Le Pen vorgetragen wurde und Luxemburg bei allen Initiativen mitmache, die darauf abzielten, Steuerflucht und -vermeidung abzustellen.

Doch auch der luxemburgische S&D-Abgeordnete und EP-Vizepräsident Marc Angel verlangte weitere Verbesserungen in Steuerfragen und Solidarität für die ukrainische Bevölkerung und den Kampf für soziale Gerechtigkeit in der EU. „Ein kleines Land kann sehr nützlich sein, weil es die existenziellen Bedrohungen, die kleine, mittlere und große Mächte für es darstellen, frühzeitig zu begreifen weiß“, sagte Charles Goerens. Womit der luxemburgische Liberale deutlich machen wollte, dass man einem Premierminister aus einem kleinen Land sehr gut zuhören müsse, wenn er von der europäischen Integration rede. „Ich bin stolz über das Engagement der luxemburgischen Regierung gegen die Atomkraft, die weder grün, noch sicher, noch erneuerbar ist“, sagte die luxemburgische Grüne Tilly Metz. Sie forderte Bettel auf, Luxemburg müsse nun auch eine Vorreiterrolle spielen, wenn es um die Förderung nachhaltiger Finanzen gehe.

Jill
21. April 2023 - 9.06

„Die EU schlafwandelt in eine neue Migrationskrise, obwohl der rasant steigende Migrationsdruck offensichtlich ist“ sagte kürzlich EVP-Chef Manfred Weber. Italien ruft wegen steigender Migrationszahlen den Notstand aus. Immer mehr rechte Parteien nehmen Einfluss auf die EU-Politik - und unser Premier wirbt für eine offene und geeinte EU. Wie realitätsnah ist das noch? Und dass das Regieren mit rechten Parteien durchaus funktionnieren kann, sehen wir gerade in Schweden, Italien und bald in Finnland mit den Finnen.

Robert Hottua
20. April 2023 - 15.41

Ab 1933 wurden in der katholischen luxemburgischen Presse bis heute tabuisierte Verhaltensverpflichtungen ausgelöst. Diese Verpflichtungen sind eine Sünde an der Demokratie und haben die Welt nicht sicherer gemacht. Meine katholischen, luxemburgischen Eltern waren bis zu ihrem Tod von der Richtig- und Wichtigkeit der ihnen vermittelten dekalogfreien Werte überzeugt. Meine nunmehr dreißigjährigen Bemühungen um präventive Bewusstmachung tiefsitzender Mentalitäten führen mich immer wieder an offensichtlich systemrelevante Mauern. Nationale Schuld muss im internationalen Kontext entschärft werden. MfG Robert Hottua