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WettbewerbsrechtKünftig wird auch Luxemburg Unternehmensfusionen im Vorfeld überprüfen

Wettbewerbsrecht / Künftig wird auch Luxemburg Unternehmensfusionen im Vorfeld überprüfen
Die Vertreter des Wirtschaftsministeriums (v.l.n.r.) Steve Fritz, Franz Fayot, Agnès Germain und Marc Ernsdorff stellen die neuen Regelungen vor Foto: MECO

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Nach vielen Jahren der Diskussionen und als letztes Mitgliedsland der EU gibt sich nun auch Luxemburg ein nationales Fusionskontrollsystem. Wirtschaftsminister Franz Fayot hat das Gesetz am Dienstag vorgestellt.

Die Praxis ist aus den Nachrichten mehr als bekannt: In fast allen europäischen Ländern gehören sie bereits seit vielen Jahren zum Standard: Wettbewerbskontrollen vor großen Firmenübernahmen. Ehe sich ein großes Unternehmen mit einem anderen zusammenschließt, oder ehe es ein anderes großes Unternehmen kaufen darf, wird geprüft. Danach folgen dann Zustimmung, Ablehnung oder Bedingungen. Der Wettbewerb muss gewahrt werden.

Die Idee dahinter: In einer freien Marktwirtschaft soll ein funktionierender Wettbewerb dafür sorgen, dass die Preise möglichst attraktiv, die Qualität gut und das Angebot vielfältig sind. Ein Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage. Kunden sollen eine Wahl bei Waren und Dienstleistungen haben. Es soll möglichst keine Situation entstehen, in der eine Firma allein den Preis bestimmen kann.

Um diesen Wettbewerb zu gewährleisten, gibt es die Wettbewerbsbehörden. In Luxemburg gab es bisher jedoch noch keine Regelung zur vorsorglichen Kontrolle der Auswirkungen von Unternehmensfusionen. Nur im Nachhinein konnte der „Conseil de la concurrence“ bisher aktiv werden. Die Wettbewerbshüter müssen auf zwei Sachen aufpassen: Erstens darf eine Firma mit einer marktdominanten Position diese nicht ausnutzen, und zweitens sind Absprachen (Preisabsprachen, geografische Marktaufteilung) zwischen Unternehmen verboten. Auch Sanktionen können ausgesprochen werden.

Viele Jahre Diskussionen

Das Nicht-Vorhandensein einer solchen Regelung hatte bereits mehrmals für Diskussionen gesorgt. Etwa als der quasi-staatliche Energiekonzern Enovos/Encevo vor rund fünf Jahren angekündigt hatte, Paul Wagner & Fils zu übernehmen. Das Handwerk befürchtete, dass der Wettbewerb in der Branche nicht mehr gewahrt bleiben würde. Die Unternehmer wiesen darauf hin, dass Enovos nicht irgendeine Firma sei, sondern diejenige, die die Energiebranche dominiere. Man mache sich Sorgen über Wettbewerbsverzerrungen. Luxemburg sei das einzige Land in Europa, wo vor einem Unternehmenszusammenschluss nicht im Vorfeld analysiert werde, ob es zu einer marktbeherrschenden Stellung kommen wird, klagte Romain Schmit von der „Fédération des artisans“ damals. Bereits bei der Entstehung des Energiekonzerns Enovos im Jahr 2009 (durch den Zusammenschluss von Cegedel, Soteg und SaarFerngas) hatte es Diskussionen gegeben. So manch ein Beobachter wunderte sich, wie es wohl mit dem Wettbewerb auf dem luxemburgischen Strom- und Gasmarkt weitergehen würde, da nun ein Unternehmen den Markt beherrscht.

Schon Ende letzten Jahres waren die Wettbewerbshüter gestärkt worden. Die bis dahin unabhängige Verwaltungsbehörde wurde zu einem „Etablissement public“ namens „Autorité de concurrence du Grand-Duché de Luxembourg“. Darüber hinaus erweiterte das neue Gesetz die Befugnisse der Behörde auf neue Bereiche, darunter unlautere Praktiken im Agrar- und Lebensmittelbereich, Dienstleistungen im Binnenmarkt oder die Beziehungen zwischen Online-Plattformen und ihren gewerblichen Nutzern.

Zum Schutz des Verbrauchers

Gemäß dem neuen Gesetzentwurf, der auf der letzten Sitzung des Regierungsrats verabschiedet wurde, sind Unternehmen ab einer gewissen Größe (15 Millionen Euro Umsatz in Luxemburg) nun verpflichtet, geplante Unternehmenszusammenschlüsse bei den Wettbewerbsbehörden zu melden. Die Behörde prüft dann, Fall für Fall, ob durch die Übernahme nicht beispielsweise eine beherrschende Stellung auf einem Markt geschaffen wird, die den Wettbewerb gefährden würde. Kleinere Firmen werden prinzipiell nicht mit der zusätzlichen Regulierung belastet.

Erst nach der Zustimmung der Wettbewerbsbehörde, gegebenenfalls mit bestimmten Verpflichtungen oder Bedingungen, ist die Zusammenführung der beteiligten Unternehmen gültig und kann vollzogen werden. In den meisten Fällen soll innerhalb von 25 Arbeitstagen eine Antwort vorliegen. Bei komplizierten Fällen (EU-weit 4 Prozent) soll die Transaktion innerhalb von 90 Tagen analysiert werden. Auch nach der Entscheidung behält sich die Regierung derweil das Recht vor, aus Gründen des öffentlichen Interesses einen Fall wieder aufzugreifen.

Während die meisten dieser Zusammenschlüsse für die Wirtschaft von Vorteil sind – zwei Unternehmen können durch einen Zusammenschluss ihre Produktionskosten senken oder auch neue Produkte effizienter entwickeln –, können einige Transaktionen den Wettbewerb beeinträchtigen, so die Regierung. „Als weiterer Pfeiler des Wettbewerbsrechts soll dieses Instrument den Wettbewerb zum Nutzen der Verbraucher schützen.“ Auch Dritte können ihre Ansichten bei der Prüfung des Falls geltend machen.

„Im Gegensatz zum Recht der wettbewerbswidrigen Praktiken ist die Fusionskontrolle ein weiterer Pfeiler des Wettbewerbsrechts, präventiv und nicht strafend“, so Wirtschaftsminister Franz Fayot. „Dieses Instrument bietet den beteiligten Unternehmen Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit und soll den Wettbewerb schützen, was den Verbrauchern und der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zugutekommt.“

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