Tageblatt: Elise Maes, es hat einige Zeit gedauert, bis Sie sich für den Radsport entschieden hatten …
Elise Maes: Bis ich zum Radsport gekommen bin, hab ich eine ganze Reihe von Sportarten ausprobiert. In ganz jungen Jahren fing ich mit Ballett und Reiten an. Ab dem Alter von neun Jahren war ich während vier Jahren beim Swimming Club Luxemburg lizenziert und trainierte recht intensiv. Danach ging es beim Cercle Athletique Düdelingen mit Leichtathletik weiter, unter anderem mit Siebenkampf und Hürdenlauf. Als der Klub eine Triathlon-Abteilung ins Leben rief, wollte ich das unbedingt ausprobieren. Schwimmen und Radfahren waren eindeutig meine Lieblingsdisziplinen.
Wie kamen Sie dann zum Radsport?
Mit Radfahren hab ich erst im Alter von 20 Jahren angefangen. Das kam jedoch nicht von einem Tag auf den anderen. Über den Triathlon und das ganze Umfeld bin ich dort „hineingerutscht“. Der ehemalige FLTri-Trainer Wolfram Bott hat mir einmal nahegelegt mich ganz auf den Radsport zu konzentrieren. Vielleicht lag das daran, dass ich im Laufen eine Pfeife bin (lacht).
Trotz des späten Einstiegs gehörten Sie recht bald zu den besten Fahrerinnen in Luxemburg. Das weckte auch das Interesse einiger UCI-Teams.
Meine erste Lizenz hatte ich beim Tetinger Verein. Danach bin ich zum SaF Zéisseng gewechselt und kam so im Jahr 2018 zum Andy Schleck Cycling Team. Im Ausland fuhr ich ab 2016 für das österreichische Team Vitalogic Astrokalb. Danach war ich Teil der neu gegründeten britischen Formation WNT. Im ersten Jahr bin ich zusammen mit der Mannschaft gewachsen. Für mich war das Fahren im Peloton ein ganzer Lernprozess. In dieser professionellen Struktur brauchten wir Fahrerinnen uns um nichts zu kümmern und konnten uns ganz auf die Rennen konzentrieren.
Beim Festival Elsy Jacobs zeigten Sie sich im Jahr 2018 von Ihrer besten Seite und belegten Platz 18 in der Gesamtwertung.
Bei meiner ersten Teilnahme im Jahr 2015 hatte ich allerdings große Mühe, das hohe Tempo mitzugehen. Immerhin konnte ich das Rennen zu Ende fahren. Ich erinnere mich noch gut daran, dass wir damals mit einer FSCL-Auswahl an den Start gegangen sind. Am dritten Tag, beim Eintragen in die Startliste, fragte mich der Sprecher, wo meine Teamkolleginnen denn seien. Ich erklärte ihm, dass ich als Einzige unseres Teams übriggeblieben sei.
Vor drei Jahren haben Sie mit dem Cyclocross eine neue Disziplin entdeckt und konnten ein Jahr später den Skoda Cross Cup gewinnen. Wie kam es dazu?
Da ich bei den Straßenrennen ziemlich oft gestürzt bin, wurde mir geraten, auf dem Crossrad an meiner Technik zu feilen. In meinem ersten Rennen 2017 in Dommeldingen hatte ich am Start gleich Probleme, um in die Pedale zu kommen. Ich kam als Letzte ins Ziel und hatte einen Rückstand von mehr als 10 Minuten auf Nathalie Lamborelle. Trotzdem hat mir das Rennen viel Spaß gemacht. Danach konnte ich mich von Woche zu Woche verbessern.
Im besten Sportleralter haben Sie jetzt den Entschluss gefasst, einen Schlussstrich unter Ihre Karriere zu ziehen. Haben Sie die Entscheidung kurzfristig getroffen?
Nein, das hatte ich schon seit langem vor. Eigentlich sollte ich bei der Cyclocross-Landesmeisterschaft in Ettelbrück mein letztes Rennen fahren. Schade, dass es nicht dazu kommen wird. Nach der offiziellen Absage der kompletten Saison hab ich mich entschieden, gleich in die „Vëlospensioun“ zu gehen. Wenn der Corona-Krise etwas Positives abzugewinnen ist, dann ist es das gewachsene Interesse am Rad als Freizeitsport, aber auch als Transportmittel. Seit Oktober dieses Jahres arbeite ich nicht mehr halbtags, sondern 40 Stunden pro Woche. Dadurch bleibt mir weniger Zeit zum Training. Mit einem Vollzeitjob ist es nicht möglich, das hohe Niveau des internationalen Damenradsports halten zu können. Zudem gibt es im Leben mehr als nur Arbeiten, Schlafen und Radfahren. Das „Andere“ kam bisher zu kurz. Ich glaube, dass jeder für sich weiß, wann der richtige Moment ist, um aufzuhören. Wie heißt es so schön: Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist. Ein „Comeback“ wird es definitiv nicht geben.
Bleiben Sie dennoch sportlich aktiv?
Ich fange wieder mit dem Laufen an und werde auch weiter Radfahren. Das ist ein guter Ausgleich zu meinem Job beim Jugendschutz. Ich habe mir vorgenommen, bei gutem Wetter mit dem Rad zur Arbeit zu fahren. Die Radrennen werde ich jetzt „vun der anerer Säit vun der Clôture“ verfolgen.
Steckbrief Elise Maes
Alter: 28 Jahre (geb. am 27.1.1992)
Wohnort: Warken
Mannschaften: LC Tetingen, SaF Zéisseng, Vitalogic Astrokalb Radunion (2016), WNT Pro Cycling (2017), WNT-Rotor Pro Cycling (2018), Andy Schleck Cycling Team (2019), Torelli Assure (2020)
Palmarès
Cyclocross:
2017/2018: 3. Platz Landesmeisterschaft
2018/2019: Gewinnerin des Skoda Cross Cup; 2. Platz Landesmeisterschaft
2019/2020: 2. Platz im Skoda Cross Cup; 2. Platz Landesmeisterschaft
Straße:
2015, 2017 und 2018: Vize-Landesmeisterin
2017: Gewinnerin des Straßenrennens der Spiele der kleinen Staaten in San Marino
2018 und 2019: 18. Platz Gesamtwertung Festival Elsy Jacobs (L/2.1); 11. Platz beim GP d’Isbergues (F/1.2)
Zeitfahren:
2015 und 2017: Vize-Landesmeisterin;
2014, 2016 und 2018: 3. Platz Landesmeisterschaften
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