2010 herrschte Ausnahmezustand in den Hallen des „Institut national des langues“ (INLL). Die verfügbaren Plätze waren begrenzt und die Schlange der Anstehenden lang. Hunderte von Interessierten versuchten, sich für einen Sprachkurs einzutragen. Mehrere Stunden mussten sie warten, bis einer der vier abgestellten INLL-Mitarbeiter sich ihrer Einschreibung annehmen konnte. Letztlich riss bei einigen Anstehenden der Geduldsfaden und es kam zum Handgemenge. Sogar die Polizei musste einschreiten. Alles Schnee von gestern, könnte man meinen – oder nicht?
Eher nicht. Zwar schlagen sich Platzanwärter nicht mehr die Köpfe vor dem INLL ein, doch die Probleme sind geblieben. Sie scheinen sich lediglich verlagert zu haben. „Es würde mir leichter fallen, Karten zu kaufen, um Elvis, Beyoncé und Beethoven gemeinsam in einem Konzert spielen zu sehen“, heißt es in einem Kommentar auf dem Facebook-Profil des Sprachinstituts. Und dabei handelt es sich nicht um einen Einzelfall.
Weitere Facebook-Nutzer berichten von erheblichen Schwierigkeiten bei der Online-Einschreibung für Sprachkurse am INLL. So sei der Server des Sprachinstituts angeblich seit mehreren Jahren am Tag der Registrierung abgestürzt. Interessierte hätten mehr als eine Stunde lang warten müssen, um dann schließlich festzustellen, dass zu den gewünschten Zeiten kein Platz mehr frei war. Das Sprachinstitut schrieb dazu auf Facebook: „Das INLL wurde Opfer seines Erfolgs und seine Anmeldeplattform wurde überrannt“.
Aus Fehlern gelernt?
Auch gegenüber dem Tageblatt räumte das „Institut national des langues“ Schwierigkeiten bei den Anmeldungen ein. So seien die Server des Instituts im Februar 2023 abgestürzt, weil „zu viele Leute sich gleichzeitig eingeloggt und immer wieder auf ‚refresh‘ gedrückt haben, was zu einer enormen Belastung geführt hat“. Im Vorfeld seien zwar Simulationen durchgeführt worden, dieses Szenario sei dabei allerdings nicht bedacht worden. Wie oft der INLL-Server bei vergangenen Einschreibungen insgesamt abgestürzt ist, bleibt unbeantwortet. Das Institut meint lediglich: „Seit wir auf unser neues System gewechselt sind, gab es, bis jetzt im Februar, keine Abstürze mehr.“ Bleibt also abzuwarten, ob das neue System bei den kommenden Einschreibungen im September der ersten richtigen Herausforderung gewachsen ist.
Luxemburgs Sprachinstitut nehme die Wut der Anwärter „natürlich sehr ernst“. „Ich denke jedoch, dass wir auf unserer Seite auch alles getan haben, dass ein Maximum der Interessierten ihren Platz sichern konnte, alle Operationen wurden geloggt und die haben wir auch abgearbeitet, was ein erheblicher zusätzlicher Arbeitsaufwand für unsere Administration war“, meint der stellvertretende Direktor des INLL, Luc Schmitz, gegenüber dem Tageblatt.
Schmitz gibt sich zuversichtlich, dass alles Notwendige getan wird, damit sich dieser Vorfall im September nicht wiederholt. Das INLL habe den Serverabsturz gründlich untersucht. Dabei habe sich herausgestellt, dass nicht nur die ständigen „Refresh-Versuche“ der Besucher, sondern auch der Bezahlvorgang mit Kreditkarte (den immer mehr Schüler nutzen) sehr viel Kapazitäten benötigen. Deshalb würde während der Spitzenzeiten bei den kommenden Einschreibungen – also vor allem am Morgen gleich nach der Freigabe der Kurse – ein sogenannter „Rush-Modus“ eingesetzt werden. So könnten die Schüler sich am Morgen wie gewohnt für die Kurse eintragen und erhielten dann eine Nachricht, die sie darauf hinweist, dass das Bezahlen erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich sein wird. Der gewählte Kursplatz werde auf jeden Fall reserviert und die Zahlungsfrist beginne dann erst offiziell am Abend dieses Tages.
Freie Plätze und Spitzenzeiten
An Untätigkeit habe es laut Schmitz demnach nicht gelegen, dass der Server abgestürzt ist. Dessen Kapazitäten seien bereits im Februar erhöht worden, doch die „Simulationen waren wohl nicht präzise genug und wir haben nicht alles voraussehen können“, meint der stellvertretende Direktor. Anders als die Webseite des INLL, wird das Einschreibeportal myinl.inll.lu nicht von einem staatlichen Server gehostet, sondern von einem technischen Partner. Das soll dem Institut ermöglichen, schnellstmöglich auf Pannen zu reagieren. Anmeldungen vor Ort oder per Einsendung sind nicht mehr möglich. Der administrative Aufwand wäre inzwischen einfach zu groß und die Option nicht effizient, so Schmitz.
Den Vorwurf, dass es zu wenig verfügbare Kursplätze gibt, lässt der stellvertretende Direktor nicht gelten: „Wir hatten letztes Schuljahr in allen Sprachen, in allen Niveaus noch Plätze frei.“ Dies treffe allerdings nicht unbedingt auf die Spitzenzeiten am Mittag gegen 12 Uhr und am Abend zu – also in den Pausen oder nach der Arbeit vieler interessierter Kursanwärter. Das Kursangebot könne zu diesen Zeiten nicht mehr erweitert werden, da das INLL räumlich ausgelastet sei, sagt Schmitz.
Interessant ist auch, dass das Lehrpersonal das von ihm ausgeteilte Lehrmaterial für seine Schüler selbst zahlen muss – beispielsweise Übungsblätter oder gedruckte Vokabellisten. Das INLL verfolge „eher eine ‚no paper‘-Mentalität“, sagt Schmitz. Das Sprachinstitut verfüge jedoch über elektronische Plattformen, über die Lehrer Kursmaterial mit ihren Schülern teilen könnten. Ob auch jeder mit diesen digitalen Mitteln zurechtkommt, geschweige denn Zugriff auf solche Mittel hat, sei dahingestellt.
Wenn ein Mitglied des Lehrpersonals sich dennoch dazu entschließt, Kopien aus Papier auszuteilen, dann muss es also selbst dafür aufkommen. Die Lehrkraft habe allerdings das Recht, sich diese Unkosten von den Schülern zurückerstatten zu lassen, da laut Gesetz das Unterrichtsmaterial nicht im Preis der Einschreibung inbegriffen ist, sagt Schmitz.
Institut national des langues
Das „Institut national des langues“ ist ein öffentliches Zentrum, an dem Erwachsene Sprachkurse belegen und ihre Kompetenzen zertifizieren lassen können. Insgesamt neun verschiedene Sprachen werden dort unterrichtet, wobei das Hauptaugenmerk auf dem Luxemburgischen und Französischen liegt. Im Sommersemester 2023 verfügte das Sprachinstitut über 3.220 Plätze im Luxemburgischen, 3.060 Plätze im Französischen, 1.071 im Englischen, 889 im Deutschen, 364 im Spanischen, 135 im Portugiesischen, 133 im Italienischen, 102 im Chinesischen und 80 im Niederländischen. Insgesamt 156 Lehrerinnen und Lehrer sind aktuell am INLL beschäftigt, der Großteil davon unterrichtet Luxemburgisch (60) und Französisch (57), sagt der stellvertretende Direktor des Sprachzentrums, Luc Schmitz.
Der Hauptsitz des INLL befindet sich auf dem Glacis. Hier werden alle neun Sprachen unterrichtet und ebenfalls die meisten internationalen Tests und Prüfungen abgehalten. Es verfügt über eine Mediathek und eine Restopolis-Schulkantine. 2005 wurde ein weiteres Zentrum in Mersch und 2017 noch eins auf Belval errichtet. Das Sprachangebot ist an den beiden Standorten allerdings etwas begrenzter.
Das INLL untersteht dem Luxemburger Bildungsministerium.
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