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VerbraucherIm Jahr 2022 hat sich das Verhalten der Luxemburger Bankkunden verändert

Verbraucher / Im Jahr 2022 hat sich das Verhalten der Luxemburger Bankkunden verändert
Die Vertreter der ABBL Jerry Grbic, Michael Burch, Claude Hirtzig und Simone Kayser stellen die jüngsten Entwicklungen im Geschäft mit den Schalterbanken vor Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Im Jahr 2022 hat es im Geschäft der Luxemburger Banken mit den „normalen Menschen“ Veränderungen gegeben. Das Volumen der Spareinlagen ist nicht mehr so schnell gewachsen wie zuvor. Der Trend in Richtung Digitalisierung der Dienstleistungen wuchs weiter.

Was ihre Kundschaft angeht, so machen Banken einen Unterschied zwischen großen Unternehmensgruppen, sehr vermögenden Menschen, die mehr als eine gewisse Summe Geld (meist mehr als eine Million Euro) bei einer Privatbank anlegen, und dem Massenkundengeschäft, dem sogenannten Geschäft mit den Schalterbanken, der Retail-Bank. Mit zu diesem Kundenkreis zählen auch Selbstständige und kleine Unternehmen.

In diesem Retail-Bank-Bereich zählten die Luxemburger Banken in den letzten Jahren rund 1, 2 Millionen Kunden. Betreut werden sie von rund 7.300 Mitarbeitern – eine Zahl, die über die letzten Jahre stabil geblieben ist.

Die ganz große Mehrheit der Kunden im Luxemburger Retail-Markt sind hierzulande ansässige Personen. Die zweitgrößte Gruppe der Kunden, wenn auch viel kleiner, kommt aus den Nachbarländern, darunter viele Grenzgänger. Die „normale“ Kundschaft unterscheidet sich somit deutlich von derjenigen der Privatbanken, wo nur etwa ein Fünftel der Kunden aus Luxemburg stammt.

Menschen haben weniger gespart

Überraschend wenig zugelegt hat 2022 das im Namen der Kunden verwaltete Geldvolumen (Guthaben und Schulden). Ein Plus von rund einem Prozent auf nunmehr 95 Milliarden Euro. Ein Jahr zuvor betrug die Wachstumsrate noch etwas mehr als vier Prozent, ein Jahr davor betrug sie fast neun Prozent.

Hintergrund dieser langsameren Entwicklung ist laut ABBL, dass die Guthaben der Kunden nicht mehr so schnell zugelegt haben wie vorher. Ihr Volumen sei „stabil“ geblieben. Letztes Jahr waren das fast 55 Milliarden Euro. „Nach der Sparquote, die Covid-bedingt stark in die Höhe gesprungen war, haben die Leute 2022 wieder weniger gespart“, erklärt Claude Hirtzig vom Retail-Cluster der Luxemburger Bankenvereinigung ABBL.

Im Gegensatz zu den Spareinlagen sei das Volumen der vergebenen Kredite im Jahr 2022 jedoch weiterhin „gut“ gewachsen. Erst in den letzten drei Monaten des Jahres habe man eine Verlangsamung bei der Wachstumsrate festgestellt.

Kreditvolumen ist weiter gewachsen

Mit einem Anteil von 89 Prozent standen Immobilienkredite 2022 für die überwältigende Mehrheit der von den Kunden geliehenen Gelder. Verglichen mit dem Vorjahr wurde in diesem Bereich ein Plus von fünf Prozent gemessen. Diese Zahlen gehen aus einer Umfrage über den Retail-Banking-Markt in Luxemburg im Jahr 2022 hervor, die der Bankenverband ABBL am Freitag vorgestellt hat.

Zu Beginn des Jahres 2023 hat sich das dann jedoch verändert. Während in den ersten drei Monaten 2022 noch für fast drei Milliarden Euro neue Immobilienkredite vergeben wurden, so waren es im ersten Quartal 2023 spürbare 38 Prozent weniger.

Was die Aufteilung der Guthaben der „Durchschnittskunden“ angeht, so hat die ABBL für 2022 keine neuen Zahlen vorgelegt. Im Vorjahr hatten die meisten Kunden (35 Prozent) zwischen 50.000 und 249.000 Euro auf ihren Konten. Nur 14 Prozent der Kunden hatten weniger als 50.000 Euro bei ihrem Kreditinstitut liegen. Mehr als 20 Prozent hatten mehr als eine Million Euro angelegt.

Wohlhabende setzen auf Wertpapiere

Von der vermögenden Kundschaft der Privatbanken entscheiden sich die Durchschnittskunden somit deutlich. Bei den Privatbanken hatten Ende 2021 (letzte verfügbare Zahlen) nur rund sechs Prozent der Kunden weniger als eine Million Euro bei ihrer Bank liegen. 

Doch sind nicht nur die Geldsummen, die die Bank für die Kunden verwaltet, kleiner. Ein großer Unterschied wird auch bei der Art und Weise der Geldanlage sichtbar. So legt „der Kunde der Schalterbanken“ deutlich weniger Geld in Aktien und Investmentfonds an.

Während die „vermögenden Kunden“ rund ein Fünftel ihres Geldes auf Sparkonten liegen haben, so ist es bei den Kunden der Retail-Bank genau umgekehrt: Nur 14 Prozent ihres Bank-Vermögens haben sie (2022) in Wertpapieren angelegt. Den Großteil ihres Vermögens halten sie auf Giro- und Sparkonten. „Der Luxemburger Kunde bleibt konservativ“, so Michael Burch, Präsident des Retail-Clusters. Über die Jahre betrachtet ergibt sich bei den „normalen Kunden“ so jedoch auch ein weniger schnelles Wachstum der angelegten Vermögenswerte.

Weniger Bankfilialen und Bankautomaten

Weiter verändert haben sich im Laufe des Jahres 2022 jedoch auch einige Gewohnheiten. Der Trend zur Digitalisierung setzte sich weiter fort, unterstreicht die ABBL. So ist der Anteil von Bargeldabhebungen in den Bankfilialen zwischen 2019 und 2022 von fünf auf drei Prozent zurückgegangen. Im gleichen Zeitraum ist der Anteil von Überweisungen, die in den Bankfilialen getätigt wurden, von 14 auf fünf Prozent geschrumpft.

In der Folge der veränderten Gewohnheiten sei letztes Jahr die Zahl der Bankfilialen um elf Prozent von 221 auf 197 zurückgegangen. „Der Kunde braucht sie weniger. Das ist ein logischer Trend“, so Hirtzig. Die Filialen würden sich mehr zu Beratungszentren wandeln. Mit 34 Filialen pro 100.000 Einwohner sei man aber weiterhin gut aufgestellt, hebt er hervor. In Belgien sind es 33, in Deutschland 28, in den Niederlanden fünf – in Frankreich mit 53 jedoch deutlich mehr.

Die Zahl der Geldautomaten wurde letztes Jahr ebenfalls um zwölf Prozent, von 517 auf 456, reduziert. Das Land sei weiterhin sehr gut abgedeckt, so Hirtzig weiter. Der Bankenverband erklärt die Entwicklung mit den Zahlen einer europaweiten Umfrage (Space): Diese hat ergeben, dass 2022 zum ersten Mal mehr als die Hälfte der Einkäufe in Luxemburger Geschäften (52 Prozent) mit Kreditkarte getätigt wurden. 2019 wurden noch 54 Prozent der Einkäufe mit Bargeld getätigt.

Bargeldreserven wieder beliebter

Mit diesen Zahlen liegt Luxemburg weit über dem europäischen Durchschnitt: Europaweit wurden 2022 noch 59 Prozent der Einkäufe mit Bargeld getätigt. Mit 80 Bankautomaten pro 100.000 Einwohner sei man aber weiterhin gut und sogar besser aufgestellt als in den Nachbarländern, so Claude Hirtzig. In Frankreich sind es 70, in den Niederlanden 28.

Wenn Privatleute sich untereinander Geld geben, etwa zum Sammeln für ein Geschenk für einen Kollegen, dann überwiegt auch in Luxemburg (mit 53 Prozent) jedoch weiterhin das Bargeld. In 22 Prozent der Fälle wird eine Überweisung getätigt, und in 25 Prozent der Fälle sind es mobile Lösungen. Bei Letzterem liegt Luxemburg weit vor dem EU-Durchschnitt (10 Prozent).

Deutlich zugelegt hat derweil der Anteil der Luxemburger, die Bargeldreserven bei sich zu Hause haben. Waren es 2019 nur 38 Prozent, so sind es mittlerweile 46 Prozent. Die ABBL schätzt, dass die Covid-Erfahrung hierbei eine Rolle spielt.


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Grober J-P.
14. Juli 2023 - 10.02

"Menschen haben weniger gespart." Stimmt, geht nicht anders, wenn man am Ende des Monats alles zusammenkratzen muss für ne Rolle Klopapier. ☹ "Bargeldreserven wieder beliebter." Yes, habe mir ein rotes Sparschwein auf den Oktavmärtchen gekauft, echtes Porzellan von Villeroy meinte der Verkäufer, bleibt aber bisher leer.