„Da steh’ ich nun, ich armer Tor, Und bin so klug als wie zuvor!“ Goethes Faust gehört zu den Klassikern der Weltliteratur und hat bereitet dem einen oder anderen Primaner als Pflichtlektüre wohl gerade Kopfschmerzen. Nicht etwa, weil in einem Monat die Abschlussexamen losgehen, sondern weil das Zitat aus der Tragödie ziemlich passend auf die Situation einiger Abschlussschüler passen dürfte. Luxemburgs Abitur-Anwärter müssen sich am Anfang des zweiten Semesters im Februar entscheiden, in welchen Fächern sie ein schriftliches oder mündliches Examen ablegen. In der Vergangenheit soll es den Schülern erlaubt worden sein, selbst nach dem Ende der Frist am Anfang des zweiten Semesters ihre Entscheidung noch zu ändern. Mit der bisherigen Toleranz des Bildungsministeriums soll aber in diesem Jahr Schluss sein.
Norbert Campagna hat in einem Forums-Beitrag darauf aufmerksam gemacht, dass das Bildungsministerium in diesem Jahr entschieden habe, weniger tolerant mit späteren Wechselabsichten der Schüler zu sein. „Die Schulleitungen, die bisher im vernünftigen Interesse der Schüler gehandelt hatten und den Schülern auch zu verstehen gegeben hatten, dass sie ihre Fächer noch bis Ende April oder Anfang Mai wechseln konnten, wurden vom Ministerium zur Ordnung gerufen“, schreibt der Lehrer des „Escher Jongelycée“. Zwar handele das Ministerium im Rahmen der großherzoglichen Verordnung betreffend die Organisation der Abschlussexamen. Jedoch sei dies nicht im Interesse der Schüler, so Campagna.
Präzedenzfälle
Wie ein Mathematiklehrer aus Esch gegenüber dem Tageblatt erklärt, mussten die Schüler ihre Wahl bis zum 11. Februar im Bildungsportal „EduGuichet“ eintragen. Tatsächlich sei es in der Vergangenheit auch immer wieder erlaubt gewesen, seine ursprüngliche Wahl noch einmal zu ändern. Wie es in einer Stellungnahme aus dem Bildungsministerium auf Anfrage des Tageblatt heißt, hätten die Schüler ihre Wahl bis zum 26. März noch einmal ändern können. Demnach sei den Schülern in der Vergangenheit die Möglichkeit geboten worden, die festgelegte Frist zu überschreiten. Das sei jedoch in jeder Schule unterschiedlich gehandhabt worden. Aus Gründen der Fairness und um eine „kohärente Herangehensweise zu garantieren“, habe das Bildungsministerium in diesem Jahr den 26. März als endgültige Frist festgelegt, heißt es aus Claude Meischs (DP) Bildungsministerium. Und: „Diese Frist ist den Schulen, beziehungsweise den Schülern, klar kommuniziert worden“, schreibt die Pressestelle des Bildungsministeriums.
Wie Norbert Campagna schreibt, habe das Ministerium in der Vergangenheit jedoch die Praxis toleriert, dass auch nach Ablauf dieser Frist noch Anträge mit Änderungswünschen akzeptiert worden seien. „Hätte das Ministerium vom ersten Jahr an Nägel mit Köpfen gemacht, wäre die Sache klar gewesen“, schreibt Campagna. „Wenn man aber eine bestimmte Praxis zulässt, dann verbietet man sie nicht im Laufe des Jahres, sondern toleriert sie noch für das laufende Jahr – betont aber, dass man sie von nun an nicht mehr akzeptieren wird.“ Auch fordert Campagna eine Änderung des betreffenden großherzoglichen Reglements, um Schülern zukünftig mehr Flexibilität zu gewähren.
„Das Bildungsministerium hat die Aufregung um die Frist bei der Schülerschaft zur Kenntnis genommen“, schreibt die Pressesprecherin des betreffenden Ministeriums. Demnach sei ein Treffen mit der „Conférence nationale des élèves du Luxembourg“ (CNEL) vereinbart worden, um eine Lösung zu finden. Laut Campagna, könnte die so aussehen, dass die Schüler in diesem Jahr noch bis zu zehn Tage vor Examensbeginn ihre Fächer auswählen dürfen. Dann könnten sie eine Entscheidung auf Basis ihrer bisherigen Noten treffen, so Campagna. Damit es am Ende nicht heißt: „Heiße Magister, heiße Doktor gar, Und ziehe schon an die zehen Jahr› Herauf, herab und quer und krumm Meine Schüler an der Nase herum“.
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