Headlines

Winzerin Lovely Miailhe aus dem Haut-Médoc „Frauen setzen ihre Vorstellung von Wein anders um“

Winzerin Lovely Miailhe aus dem Haut-Médoc  / „Frauen setzen ihre Vorstellung von Wein anders um“
In Lovely Miailhes Familie hat Weinbau Tradition: Zurzeit steht sie für die achte Generation des Château Soudars im französischen Haut-Médoc Foto: Château Soudars

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Als Lovely Miailhe zu ihrem Vater im Weingut „Château Soudars“ im französischen Weinbaugebiet Haut-Médoc hinzustieß, wurden Verträge noch per Handschlag geschlossen, die Digitalisierung im Weinbau steckte noch in den Kinderschuhen und Frauen im Weinbusiness blieben die Ausnahme. Doch Miailhe war überzeugt, dass der „weibliche Touch“ der Schlüssel zum Erfolg sein könnte. Denn, „Frauen“, erzählte sie Daisy Schengen, „setzen ihre Vorstellung von Wein anders um“.

In Lovelys Miailhes Familie hat Weinbau Tradition. Seit der Französischen Revolution baut sie im französischen Anbaugebiet Haut-Médoc Rotweine an. Die neuere Geschichte des Familienweinguts in Saint-Seurin-de-Cadourne beginnt 1973 Lovely Miailhes Vater, Eric, zu schreiben.

Damals bekommt er als junger Mann Startkapital von seinem Vater – um in ein Weingut einzusteigen oder es auszugeben. Eric Miailhe wollte aber sein eigenes Weingut damit finanzieren. Mit dem Geld kaufte er 22 Hektar, auf denen er Reben anpflanzte, schilderte seine Tochter im Tageblatt-Interview, Anfang Februar, am Rande der Vorstellung der „Foire aux vins 2022“ bei der belgischen Supermarktkette Delhaize in Luxemburg. In dieser ersten Ausgabe des Events für 2022 stehen die Frauen – Winzerinnen, Weineinkäuferinnen und -expertinnen im Mittelpunkt, heißt es. 

Die Familienchronik erzählt, dass Eric Miailhes Wahl der Parzellen nicht zufällig auf Lehm- und Kalksteinböden fiel. Denn sie eigneten sich bestens, um Weine herzustellen, die Vater Miailhe an die großen Terroirs von Saint-Emilion erinnerten. Bis er jedoch seine eigenen hohen Standards erreichte, musste Miailhe für seinen Traum buchstäblich tausende Steine aus dem Weg räumen. Denn die brachliegenden Grundstücke waren übersät von Steinen, die vor der Bepflanzung beseitigt werden mussten. Es dauerte ein paar Jahre, bis die neuen Reben die ersten Trauben trugen. 1981 wurde der erste Jahrgang abgefüllt, diesen verkaufte der junge Winzer an Delhaize in Frankreich, erzählt seine Tochter.

Erst in den Achtzigern begann der Aufschwung des Château de Soudars, dessen Name sich vom Altwalisischen herleitet und so viel wie „Gehege aus Steinmauern zum Schutz des Viehs“ bedeutet. Die Erfahrung mit dem Terroir ermöglichte Eric Miailhe, große Weine im „klassischen“ Stil, der für das Haut-Médoc typisch ist, zu kreieren.

„Mein Vater verfügt über eine enorme Leidenschaft für Wein, ihn zu modellieren und das Beste aus dem Wein herauszuholen. Aber er ist auch ein Genießer vorzüglicher Speisen – ein echter ‘Bon-vivant’“. Diese Leidenschaft hat Eric Miailhe auch seiner Tochter vererbt.

Lovely Miailhe, eine resolute Frau mit blonden Haaren und einem ansteckenden Lachen, steht heute für die achte Generation der Winzerfamilie. Seit 20 Jahren arbeitet die Tochter gemeinsam mit ihrem Vater. „Als ich dort anfing, begann für mich eine Art Ausbildung“, erzählt sie. Ihr Vater brachte ihr die Arbeit in den Weinbergen und im Keller bei, lehrte sie die Betriebsabläufe.

Lovely Miailhe brachte ihrerseits „die Informatik und die sozialen Netzwerke“ in den Unternehmensalltag ein. Sie feilte an der Präsentation der Flaschen, trieb die Konzeption der Weine voran, kümmerte sich um die Internetseite des Weinguts, baute die Kommunikation nach außen auf, fertigte umfassende Dokumentationen für jeden Wein und Millésimés an. „Es sind nicht unbedingt die Dinge, die wir bemerken, wenn wir eine Flasche Wein öffnen, die jedoch essenziell sind für das korrekte Funktionieren des Betriebs“, fasst die Winzerin zusammen.

Vor allem, um als Produzent mit dem Verbraucher in Kontakt zu treten, sei diese „unsichtbare“ Vorarbeit besonders wichtig. „Denn er kennt uns (Winzer) und unsere Arbeit nicht, wenn er vor dem Weinregal im Supermarkt steht.“ Frauen, sagt Miailhe, helfe dabei die Empathie, die Bedürfnisse des anderen zu verstehen. Ob bei der Beratung oder bei der Arbeit im Weingut, der weibliche Touch, den sie darin einweben, sei der Schlüssel zum Erfolg: „Frauen arbeiten anders und setzen ihre Vorstellung von Wein anders um“, so Miailhe, die hofft, dass die Kunden, „all die Gefühle und Sanftheit“, die in die Weine des Château Soudars eingeflossen sind, sich auch auf dem Gaumen bemerkbar machen.

Ein Vorzeigeprodukt vom Château Soudars: In diesem Rotwein sind Merlot, Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc vereint. Kraftvoll und fruchtig, passt er zu einem Steak mit Schalotten in Rotweinsud und hausgemachten Pommes frites.
Ein Vorzeigeprodukt vom Château Soudars: In diesem Rotwein sind Merlot, Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc vereint. Kraftvoll und fruchtig, passt er zu einem Steak mit Schalotten in Rotweinsud und hausgemachten Pommes frites. Illustration: Delhaize

Frauen kaufen Wein anders

Nach Angaben der Supermarktkette Delhaize kaufen zu mehr als 70 Prozent Frauen Wein im Supermarkt. Das sei logisch, sagt Lovely Miailhe – sie arbeiten, kümmern sich um die Familien, kaufen ein. Und sie wählen den Wein aus, der auf den Tisch kommt. „Aber die wichtigste Frage für uns ist, wie sie sich für einen Wein entscheiden.“ Denn sie kennen weder die Geschichte hinter dem Wein noch seinen Geschmack. Hinzu komme, dass Frauen sensibler auf die darin enthaltenen Tannine reagieren. Alles in allem, berichtet die Winzerin, „berichten uns Frauen oft, dass für sie Wein einzukaufen kompliziert sei.“

Daher spiele die Präsentation die Hauptrolle – beginnend beim Etikett, das dem Geschmack der Frauen entspricht. So hätten es beispielsweise Produzenten in Bordeaux sehr schwer, Etiketten an ihren Weinflaschen zu ändern, weil die Verbraucher so sehr daran gewöhnt seien, erzählt Lovely Miailhe. „In Bordeaux können wir uns nicht erlauben, wie andere Winzer, zu farbenfrohe und moderne Etiketten zu wählen“, stellt sie fest.

Hinzu kommt, dass „wir in Bordeaux keine sortenreinen Weine ausbauen, sondern immer eine Mischung aus verschiedenen Sorten“. Dies verkompliziere die Wahl beim Einkaufen noch mehr, sagt Miailhe. Umso deutlicher plädiert sie für mehr Aufklärung über die Geschichte der Winzer, über ihre Art, Wein zu machen, um die Entscheidung des Verbrauchers zu erleichtern, wenn er tiefgründiger über das Produkt und den Hersteller informiert sei.

Diese Herausforderung stellt sich die Winzerin in achter Generation mit vollem Einsatz und darf dabei auf Unterstützung aus der nächsten Generation der Miailhes hoffen. Ihre älteste Tochter möchte in die Fußstapfen ihrer Mutter und ihres Großvaters treten, wenn sie ihre Studien im Ausland beendet habe, freut sich Lovely Miailhe.

Château Soudars 

Mehr über die Geschichte und die Tradition des Hauses unter: www.chateausoudars.com

Für den Besuch vor Ort: 
Château Soudars
AOC Haut-Médoc
F-33180 Saint-Seurin-de-Cadourne
Frankreich
Tel.: +33( 0)5 56 59 36 09
contact@chateausoudars.com

Weinfoire im Zeichen der Frauen

Winzerinnen, Weineinkäuferinnen und Kundinnen – die „Foire aux Vins 2022“ steht im Zeichen der Frauen. 

Die „Foire aux Vins“ von Delhaize Luxembourg findet vom 17. Februar bis zum 16. März in allen Supermärkten der belgischen Handelskette in Luxemburg statt. Mehr als 200 Weine, Schaumweine und Spirituosen werden im Rahmen verschiedener Aktionen (2+1, -25%, 1+1 gratis) angeboten.

Neu sind 15 Produkte, die mit den passenden Käse- und Fleischspezialitäten als „Accords mets-vins“ angeboten werden, auch einige Bier-Wein-Paare stehen im Fokus dieser Weinfoire. Regionale Erzeugnisse stehen auch 2022 im Mittelpunkt, etwa zehn Prozent des Gesamtsortiments machen Produkte aus Luxemburg aus, heißt es.