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LuxemburgEU-Energieminister finden keine Einigung bei Reform des Strommarktes

Luxemburg / EU-Energieminister finden keine Einigung bei Reform des Strommarktes
Luxemburgs Energieminister Claude Turmes mit den Amtskolleginnen Tinne van der Straeten (l.) aus Belgien und Teresa Ribera Rodriguez aus Spanien (r.) Foto: Europpean Union/Frederic Sierakowski

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Die in Luxemburg tagenden EU-Energieminister konnten sich gestern noch nicht in allen Bereichen auf eine gemeinsame Position zur Strommarktreform einigen. Es bestehe noch Klärungsbedarf, sagte die schwedische Energieministerin und Ratsvorsitzende Edda Busch gestern Abend auf Kirchberg

Erst im März hatte die EU-Kommission zwei Vorschläge zur Reform des gemeinsamen Strommarktes in der EU vorgelegt. Am Montag bereits wollte der schwedische EU-Ratsvorsitz eine Einigung herbeiführen. Doch letztlich blieben zwei strittige Punkte ungelöst.

Ziel der Reform ist es, die Strompreise für die Verbraucher in der EU stabiler zu halten. Denn wegen des Krieges in der Ukraine und den damit einhergehenden steigenden Gas- und Ölpreisen, stiegen auch die Preise für elektrische Energie. Daher wollen die EU-Staaten vermehrt auf die „fossilfreie Produktion“ von Strom setzen, wie Edda Busch gestern erklärte. Bereits vorige Woche einigten sich die 27 darauf, das europäische Ziel für erneuerbare Energien von bisher 32 Prozent auf 45 Prozent im Jahr 2030 anzuheben. Die Strommarktreform dient auch dazu, die erneuerbare Stromproduktion besser in den Markt zu integrieren. Dabei sollen die günstigeren Preise, die aus der Gewinnung von Strom mit erneuerbaren Energiequellen hervorgehen, an die Verbraucher weitergegeben werden, sagte der deutsche Wirtschafts- und Energieminister Robert Habeck gestern in Luxemburg.

Allerdings sind noch zwei Punkte umstritten, wie das luxemburgische Energieministerium gestern mitteilte. Bereits vor der Sitzung hatte Luxemburgs Energieminister Claude Turmes darauf hingewiesen. So habe der schwedische EU-Ratsvorsitz am Freitag einen neuen Vorschlag vorgelegt, nachdem es künftig wieder möglich sein soll, Kohlekraftwerke zu subventionieren. Das ist vor allem im Interesse Polens, das einen beachtlichen Teil seines Stromes mit Kohle produziert. Vom luxemburgischen Grünen-Politiker kam dazu jedoch ein „klares Nein“. Wobei er nicht nur seinen deutschen Parteikollegen Habeck hinter sich weiß, sondern zwölf weitere Staaten, die sich im Vorfeld der Sitzung als die „Freunde der erneuerbaren Energien“ bereits dazu ausgetauscht hatten. Für sie ist dies unvereinbar mit der EU-Klimapolitik.

„Ein Geschenk von Von der Leyen an Macron“

Ein weiteres Problem sind die sogenannten „Differenzverträge“ mit den Betreibern bestehender Atomkraftwerke. Diese Verträge sollen den Produzenten von Atomstrom sichere Preise garantieren. Er wisse, auch aus kommissionsinternen Diskussionen, dass dies „de facto ein Geschenk von (der EU-Kommissionspräsidentin Ursula, Anm.) Von der Leyen an (den französischen Präsidenten Emmanuelle, Anm.) Macron ist, möglicherweise um eine Wiederwahl“ der Kommissionschefin zu erleichtern, fuhr Claude Turmes großes Geschütz auf. Frankreich gewinnt den allergrößten Teil seines Stroms über ein ausgedehntes Netz von Atomkraftwerken. Für den klammen französischen Energiekonzern EDF würden diese Differenzverträge jedoch Zusatzeinnahmen von 120 Milliarden Euro bedeuten, sagte Claude Turmes. In den vergangenen 20 Jahren hätte die Generaldirektion Wettbewerb der EU-Kommission jedoch stets den Antrag aus Frankreich, einen Garantiepreis für die bestehenden Atomkraftwerke zu genehmigen, abgelehnt. Weshalb sich der Grünen-Politiker fragte, weshalb die EU-Kommission diese Differenzverträge nun dennoch unterstütze.

Negative Auswirkungen auf den Binnenmarkt

Seine österreichische Amtskollegin Leonore Gewessler meinte, damit werde ein „Scheunentor“ für die Atomenergie geöffnet. Allerdings habe dies „negative Auswirkungen auf den Binnenmarkt“, warnte nicht nur sie. Denn die Wettbewerbsbedingungen seien dann für die verschiedenen Stromproduzenten nicht mehr die gleichen. Zudem werde der Ausbau der erneuerbaren Energien damit komplizierter und teurer, so die österreichische Ministerin.

Die französische Ministerin Agnès Pannier-Runacher versicherte jedoch vor der Ratstagung, dass sie den loyalen Wettbewerb erhalten wolle, warnte aber vor „Dogmatismus“ in dieser Frage. Und sie meinte, dass der französische Atomstrom die Versorgung der Nachbarn in den kommenden Jahren sichern werde – auch wenn in jüngster Vergangenheit vor allem deutsche Kohle die französische Versorgung sicherte, da Frankreichs Atomkraftwerke unter anderem reparaturbedingt nicht am Netz waren.

„Es werden hier keine Geschenke gemacht“, sprang Edda Busch Frankreich bei. Es gehe vielmehr darum, zu einer fossilfreien Produktion von Strom zu kommen, so die Schwedin. Das Problem mit den Differenzverträgen sei vor allem eine „technische Frage“ über die Ausformulierung dessen, wie die verschiedenen Parteien dies geklärt haben wollen. Wobei es vor allem darum geht, wie die mit diesen Verträgen ermöglichten Gewinne genutzt werden sollen. Mit dieser Frage werden sich einstweilen die EU-Botschafter der Mitgliedstaaten zu befassen haben, bevor die Minister sich wieder sehen.