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Tripartite-AbkommenReaktionen aus der Opposition: „Nur ein Pflaster für strukturelle Probleme“

Tripartite-Abkommen / Reaktionen aus der Opposition: „Nur ein Pflaster für strukturelle Probleme“
Luxemburgs Opposition findet das Tripartite-Abkommen grundsätzlich ganz solide – aber die Wurzeln des Problems blieben dennoch unangetastet Montage: Editpress

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Premierminister Bettel hatte am Freitag (3.3.) voller Stolz verkündet, dass sich Regierung und Sozialpartner innerhalb von acht Stunden auf ein Rundumpaket einigen konnten, um so den Einwohnern Luxemburgs wie auch den Betrieben weiter unter die Arme zu greifen. Das Tageblatt hat sich bei den Oppositionsparteien erkundigt, ob sie Bettels Optimismus teilen.

Sven Clement (Piraten)

Sven Clement
Sven Clement Foto: Editpress/Alain Rischard

Das Tripartite-Abkommen lese sich wie ein „Best-of“ aus den Reden der Piraten der letzten Monate, schrieb Sven Clement als Reaktion auf die abgeschlossenen Verhandlungen auf Twitter. Er begrüße aber, „die Kompromisse, die den Index erhalten, ohne ideologische Dogmen durchzusetzen“. Der Inhalt des Tripartite-Abkommens klinge vorerst einmal sehr positiv, es handele sich um einen vernünftigen Kompromiss, findet der Piraten-Abgeordnete im Gespräch mit dem Tageblatt. Allerdings könne er keinen roten Faden erkennen. Die neuen Maßnahmen würden die Inflation zwar ausbremsen und die Fälligkeit einer weiteren Indextranche vorerst verhindern, aber damit bliebe das grundlegende strukturelle Problem weiterhin ungelöst.

Die Tripartite sei im Grunde aber nur ein Kriseninstrument und es sei nicht ihre Aufgabe, die strukturellen Probleme Luxemburgs zu beheben, so Clement.

„Ich glaube, dass die Regierung sich bei den Verhandlungen clever angelegt hat“, so der Oppositionspolitiker. Bereits vor den Verhandlungen sei vonseiten der Regierung angekündigt worden, dass 500 Millionen Euro mobilisiert würden. Möglicherweise sei es ihr relativ egal gewesen, wie die Hilfen am Ende aussehen, solange sie nicht das Budget über 500 Millionen überschreiten, meint Clement. Allerdings müsse man sich fragen, wo dieses Geld jetzt plötzlich herkomme und ob es nicht doppelt ausgegeben werde. Denn: Von den Fördermitteln für Betriebe wurde bisher nur ein geringer Anteil beansprucht.

Fernand Kartheiser (ADR)

Fernand Kartheiser
Fernand Kartheiser Foto : Editpress/Fabrizio Pizzolante

Oppositionspolitiker Fernand Kartheiser begrüßt eine ganze Reihe der vereinbarten Maßnahmen – vor allem aber die Anpassung der Steuertabelle sowie die Verlängerung der Hilfen für private Haushalte und Betriebe. „Der Inhalt ist so weit nicht anfechtbar“, meint der Fraktionsvorsitzende der ADR. „Das Tripartite-Instrument hat seinen Zweck gut erfüllt.“ Die Verhandlungen verliefen zügig und gut. Die Teilnehmer waren gut vorbereitet: Sie hätten aus früheren Verhandlungen gelernt, welche Fragen zu stellen und welche Antworten bereitzuhalten seien. Allerdings stehen die Wahlen auch kurz bevor. Das habe sicherlich zu der raschen Kompromissfindung beigetragen.

Allerdings bemängelt Kartheiser, dass die Institutionen nicht respektiert worden seien: „Steuerliche Verhandlungen gehören ins Parlament, nicht in die Tripartite.“ Er hätte sich gewünscht, dass solche Budgetdiskussionen erst in der Chamber geführt worden wären, bevor in der Tripartite verhandelt wird.

Trotz des Lobes für die angekündigten Maßnahmen: Luxemburg könne nicht ewig so weiterfahren. „Wir bekämpfen die Symptome, aber nicht die Ursachen“ der Inflation, sagt der ADR-Abgeordnete. Als Ursachen nennt er die umlaufende Geldmenge und die Sanktionspolitik. Und ein baldiges Ende des Ukraine-Krieges ist derzeit nicht in Sicht, sodass sich Luxemburg Gedanken machen müsse, wie es seine Gasspeicher für den kommenden Winter füllen will.

Einerseits sollen die Maßnahmen Einwohner und Betriebe unterstützen, auf der anderen Seite würden diese aber Luxemburgs Finanzierungskapazität auf lange Dauer überstrapazieren. Damit Luxemburg jedoch nicht noch weiter an wirtschaftliche Attraktivität verliert, müsse es an seinem Triple-A-Status festhalten und dürfe somit die Schuldengrenze von 30 Prozent nicht überschreiten. „Die Wirtschaftskrise fängt gerade erst an“, meint Kartheiser.

Myriam Cecchetti („déi Lénk“)

Myriam Cecchetti
Myriam Cecchetti Foto: Editpress/Julien Garroy

Die Abgeordnete Myriam Cecchetti von „déi Lénk“ findet, dass die angekündigten Maßnahmen in die richtige Richtung gehen. Sie begrüßt, dass Änderungen an der Steuertabelle vorgenommen werden und dass der Index nicht manipuliert werden soll. Sie hätte sich allerdings eine komplette Steuerreform gewünscht und kritisiert, dass die Regierung sich nicht an dieses Wahlversprechen heranwagt. Aber: „Sie machen eine Kleinigkeit, das ist besser als nichts“, meint Cecchetti.

Die Abgeordnete lobt den Einsatz der Gewerkschaften, sie hätten sich gut durchgesetzt. Sie begrüße zwar, dass auch den Betrieben geholfen werde, allerdings würden die Hilfen einmal mehr mit der Gießkanne verteilt werden, anstatt selektiv jene Betriebe zu unterstützen, die es am meisten brauchen.

Sie ist auch der Meinung, dass die Regierung besser daran täte, die strukturellen Probleme Luxemburgs direkt anzugehen, statt immer nur kurzfristige Lösungen für sich anbahnende Krisen zu suchen.

Martine Hansen (CSV)

„Das geht in die richtige Richtung“, sagte Martine Hansen dem Tageblatt am Samstag. Die CSV begrüße, dass bei den Tripartite-Verhandlungen auf einige ihrer Forderungen eingegangen wurde, so etwa eine Anpassung der Steuertabelle, und unterstreicht dabei die Wichtigkeit dieser Zusammenkunft. Die Fraktionspräsidentin der CSV wollte jedoch zu dem Zeitpunkt keine weiteren Äußerungen zu den Maßnahmen machen. Sie würde vorher gerne noch einmal das definitive Abkommen begutachten, denn darin würde letzten Endes nicht immer genau das stehen, was ursprünglich gefordert wurde.

Martine Hansen
Martine Hansen Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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JJ
6. März 2023 - 8.41

"Das Tripartite-Abkommen lese sich wie ein „Best-of“ aus den Reden der Piraten der letzten Monate, schrieb Sven Clement als Reaktion auf die abgeschlossenen Verhandlungen auf Twitter...." Tja.So wie die Tram eine Idee der CSV war. Gut dass wir eine Opposition haben.