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Retro 2019Die Briten haben jetzt das, was sie sich wünschten. Johnson ebenso – die EU auch?

Retro 2019 / Die Briten haben jetzt das, was sie sich wünschten. Johnson ebenso – die EU auch?
Dann geht halt: Die EU hat sich mit dem Abschied der Briten arrangiert, einige dürfte er sogar arrangieren. (Foto: AFP/Christian Hartmann)

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Es war ein Kraftakt. Aber die Briten haben einen großen Schritt getan in den vergangenen Monaten. Spätestens mit der Unterhauswahl vom 12. Dezember wurde deutlich, wie sehr eine breite Mehrheit besonders in England, wo 533 der 650 Wahlkreise des Vereinigten Königreiches liegen, nicht mehr Teil der Europäischen Union sein will. Dass sie diesen Wunsch in die Hände eines oft clownesken Lügners legt, unterstreicht die Dringlichkeit nur, mit der die Briten gehen wollen. Hauptsache raus.

Hätte Labour eine Chance haben oder zumindest weniger krachend verlieren wollen, Jeremy Corbyns Partei wäre wohl nicht um eine klare Entscheidung für einen Brexit herumgekommen. Nicht für einen Wischiwaschi-Austritt, bei dem man noch halb drin hängen bleibt, sondern für eine kompromisslose Trennung, wie Boris Johnson sie verspricht. Denn das ist, das Wahlergebnis lässt keine Zweifel, der Wunsch der allermeisten Briten – dass der Brexit etwas Disruptives ist, dass mit der Vergangenheit gebrochen und eine andere Zukunft versucht wird. So bald wie möglich. Man mag sie jetzt gut finden oder nicht, aber es ist eine politische Vision, wie es sie heutzutage selten gibt. Und dazu eine, die sich gut hat verkaufen lassen.

Ein Karrierist mit dem Gespür für die Vision

Natürlich ist Johnson kein Visionär, sondern ein politischer Karrierist. Als solcher hat er aber früh erkannt, wie die aufkommende populistische Welle und der Durst nach radikaler Veränderung für ihn zum Sprungbrett an die Macht werden könnten. 2016, vor dem Referendum, musste Johnson sich positionieren. David Cameron flehte ihn förmlich an, seinem Remain-Lager beizutreten. Johnson verfasste an einem Abend zwei Meinungsbeiträge, einen für, einen gegen den Brexit. Dann las er beide noch mal durch – und erkannte, auf welcher Seite mehr für ihn zu holen war. Er veröffentlichte den Pro-Brexit-Text. Der Rest ist, man kann es so sagen, jetzt schon Geschichte.

Die Europäer haben dem ganzen Treiben eher teilnahmslos zugeschaut. Natürlich wurde verhandelt. Sogar viel und hart. Aber immer mit einem gewissen Unterton. Man war beleidigt, das bekamen die Briten zu spüren. Aus einer Trennung, die aus emotionalen Gründen zustande kam, wurde schnell ein Paragrafenkrieg. So ließen sich auf der Insel keine Herzen zurückgewinnen. Doch ohne Herzen geht es nie. Man muss halt wissen, was man will. Am Ende bedeutet der Brexit einen größeren Imageverlust für die EU als für das UK. Einer Wirtschaftsmacht ist die EU zum Hindernis geworden, während Problemwirtschaften ihr beitreten wollen. Ein wirkliches Verkaufsargument sieht anders aus.

Heimliche Freude in der EU?

Viel mehr als ein Konservativer ist Johnson ein Liberaler. Die Wirtschaft soll nach der vollzogenen Trennung weiter dereguliert werden, die Steuern für Unternehmen sollen runter. Schnell wird auf dem Kontinent vor einem Singapur an der Themse gewarnt, das zu erwartende Steuerdumping angeprangert, unlautere Konkurrenz befürchtet. Als gäbe es in der EU keine politischen Kräfte, die genau solche Ziele verfolgten – und denen der Abschied der Briten nun einen größeren Hebel geben könnte, ihre neoliberale Politik auch innerhalb des Bündnisses voranzutreiben.

alois
3. Januar 2020 - 20.38

Die Problemwirtschaften waren auch einmal eine grosse Wirtschaftsmacht bevor dieselbe zerviel.Ob es der EU früher oder später wohl auch so ergeht?

Le méchant
3. Januar 2020 - 13.22

Bojo, hat schon immer klar gesagt dass er raus will, und egal wie, d.h. ein harter Brexit wird ihn nicht stören; und die Briten haben ihm die Macht gegeben genau das zu tun; er will raus und koste es was es wolle...die verbleibende Zeit bis Jahresende wird nicht ausreichen eine alles umfassende Abmachung mit der EU zu erreichen, also wird UK über die Klippe rutschen...London an der Themse wird dann die Alternative heißen...