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Editorial / Bürozeit zu Hause
Das Homeoffice hat seine Vor- und Nachteile für alle Beteiligten  Foto: dpa/Uwe Anspach

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Telearbeit ist längst nicht mehr aus dem Arbeitsalltag wegzudenken. Das gilt zumindest für die Berufe, für die das Arbeiten zu Hause auch möglich ist. Denn gerne werden bei den Diskussionen ums Homeoffice all diejenigen vergessen, die für ihren Job zwangsläufig zum Arbeitsplatz fahren müssen. Dazu zählen z.B. die Pflegekräfte, die Luxemburgs Gesundheitssystem am Laufen halten, oder die Bauarbeiter, ohne die der Wohnungskrise nicht beizukommen ist. Jedes Für und Wider über die Telearbeit muss zwangsweise mit der Erkenntnis beginnen, dass das Homeoffice ein Vorteil ist, von dem längst nicht jeder profitieren kann. 

Doch wo es geht und der Wunsch nach einer flexibleren Arbeitsweise besteht, sollte der Arbeitgeber mitziehen. Denn am Ende zählt, dass die Arbeit erledigt wird. Wenn das von zu Hause aus ebenso effektiv geht wie vom Büro und das Homeoffice den Mitarbeitern gleichzeitig eine bessere Work-Life-Balance erlaubt, dann profitiert der Betrieb durch motivierte Arbeitnehmer. Die jüngsten Resultate des „Quality of Work Index“ zeigen, dass ein Wunsch nach mehr Flexibilität besteht. 

Allerdings muss man anerkennen, dass die Telearbeit nicht in jedem Betrieb – und für jeden Arbeitnehmer – problemlos funktioniert. Hickhack in der Kommunikation, schlechtere Stimmung in Betrieben, eventuell verminderte Produktivität oder Schwierigkeiten, den Alltag zu strukturieren: Das kann durch das Homeoffice auftreten. Das Problem: Betriebe müssen für alle die gleichen Regeln schaffen – einem Arbeitnehmer die Telearbeit zu erlauben, einem anderen aber nicht, geht nicht. Wenn also einer das System ausnutzt, kann das schnell dazu führen, dass plötzlich niemand mehr davon profitieren kann. 

Trotzdem zeigen Umfragen, dass es für Betriebe schwierig werden könnte, neue Arbeitskräfte einzustellen, wenn sie überhaupt keine Telearbeit bieten. Der Wunsch nach mehr Flexibilität gekoppelt mit einem Arbeitsmarkt, auf dem Fachkräfte in mehreren Branchen händeringend gesucht werden, spielt den Arbeitnehmern in die Karten. 

Als Angestellter sollte man aber aufpassen, dass man durch die Telearbeit nicht dem Betrieb Arbeit „schenkt“. Natürlich ist es praktisch, zu Hause zu sein und nebenher etwas Hausarbeit erledigen zu können oder kurz nach der Familie zu sehen. Im Gegensatz ist man aber versucht, nach vollbrachter Arbeit nur „mal eben kurz“ vorzuarbeiten oder ein paar E-Mails zu verschicken. Viele der Arbeitgeber haben Apps oder Funktionen auf dem Handy, die ein echtes Abschalten nach der Arbeit verhindern. Wenn gleich das ganze Büro zu Hause steht, kann das noch gravierender sein. Dann ist die Work-Life-Balance auch hinüber. 

Besonders aufpassen sollte man auf seine Gesundheit. Es ist praktisch, wenn man leicht erkältet nicht unbedingt im Büro sitzen muss und die Kollegen zuhustet. Doch ist die Versuchung groß, selbst dann zu arbeiten, wenn man längst krankgeschrieben sein sollte – oder sogar krankgeschrieben ist. Weil man den Betrieb (in der Regel besonders die Kollegen) nicht hängen lassen möchte. 

Selbst auf nationaler Ebene ist die Telearbeit-Frage nicht ohne ihre Tücken. Zwar könnte mehr Homeoffice durchaus dazu beitragen, dass sich die angespannte Situation auf Luxemburgs Straßen ein klein wenig verbessert. Denn der Verkehr ist längst auf Vor-Corona-Niveau. Doch auf den Straßen sind nicht nur Luxemburger Einwohner unterwegs: Pendler aus den Nachbarländern sind weiterhin von den jeweiligen Abkommen in ihrer Homeoffice-Möglichkeit eingeschränkt – und Deutschland, Frankreich und Belgien sind nicht unbedingt willens, einfach die abgemachten Grenzen zu erhöhen und quasi den Pendlern und Luxemburg ein Geldgeschenk zu überreichen.