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EditorialAuch Finanzpolitik soll nachhaltig sein

Editorial / Auch Finanzpolitik soll nachhaltig sein
Mittelfristig werden noch viele Herausforderungen auf den Staatshaushalt zukommen Foto: Monika Skolimowska/dpa

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Um die Krisen der letzten Jahre zu meistern, hatte Luxemburg immer das Glück, auf ein bewährtes Rezept zurückgreifen zu können: Mit viel Geld wurden die Auswirkungen der Krisen bekämpft und der Schaden so in Grenzen gehalten. Luxemburg kann sich das, dank solider Staatsfinanzen, auch erlauben.

Luxemburg steht heute schwächer da als vor Jahren. Selbstverschuldet war das nicht. Krisen wie Pandemie und Krieg kommen unvorhergesehen. Zur Lösung der Probleme ist stetig auf Schulden zurückgegriffen worden. Die Haushaltsplanung von Ende 2019, also von vor Corona, sah vor, bis 2023 eine Staatsschuld von 13,3 Milliarden Euro (oder 17,5 Prozent des BIP) zu haben. Laut der Planung von April 2023 sollen es bis Jahresende nun jedoch 21,4 Milliarden (oder 26,1 Prozent des BIP) sein. Der Unterschied ist gewaltig, es handelt sich um rund acht Milliarden Euro Schulden mehr als vorgesehen.

Das Land hat dabei immer noch starke substanzielle Finanzreserven und eine der niedrigsten Verschuldungsquoten im Euro-Raum. Es respektiert sogar die für den Euro wichtigen, wenn auch ausgesetzten Stabilitätskriterien.

Nach der Rückzahlung einer Anleihe in Höhe von zwei Milliarden Euro am 10. Juli 2023 liegt die Staatsverschuldung nun bei 20,2 Milliarden Euro oder 24,7 Prozent des BIP, so das Finanzministerium. Ende März waren es noch 28 Prozent des BIP (22,2 Milliarden Euro).

Die rezente Reduzierung der Schulden soll jedoch nur von kurzer Dauer sein. Laut dem im April vorgelegten Mehrjahresplan soll die Summe der Schulden bis zum Planungshorizont 2027 jedes Jahr um eine bis zwei Milliarden Euro zulegen. Ende 2027 sollen es dann insgesamt 29 Milliarden Euro (oder 29 Prozent des BIP) sein.

Doch in Zeiten steigender Zinssätze kosten die Schulden immer mehr Geld. Laut den Angaben im „Programme de stabilité et de croissance“ von April 2023 erwartet die Regierung, dass die Zinslast in den nächsten Jahren von 128 Millionen Euro im Jahr 2023 auf satte 510 Millionen Euro im Jahr 2027 steigen wird, was dem Vierfachen der derzeitigen Last entspricht. Dieses Geld steht dann nicht mehr für Investitionen in Schienen, Schulen, Krankenhäuser oder Wohnungsbau zur Verfügung.

Mittelfristig werden zudem weitere Herausforderungen auf den Staatshaushalt zukommen. Neben steigenden Zinszahlungen sind dies die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine, der Kampf gegen den Klimawandel, die langsamer drehende Wirtschaft, Veränderungen bei der Besteuerung von multinationalen Konzernen wie auch schlechtere Aussichten im Bereich der Sozialversicherungen.

Man sei der Ansicht, dass die zuständigen Haushaltsbehörden die mittelfristige Entwicklung der öffentlichen Finanzen überwachen sollten, so der „Conseil national des finances publiques“ Ende Juni. Diese seien durch hartnäckig steigende laufende Ausgaben und Zuwächse bei Staatsverschuldung und deren Finanzierungskosten gekennzeichnet. Der Luxemburger Rechnungshof seinerseits beklagt seit Jahren, dass der ständige Rückgriff auf Schulden zur Krisenbewältigung keine nachhaltige Finanzpolitik darstelle.

Dabei ist es kein Fehler, mit geliehenem Geld Notfälle zu durchstehen. Immerhin hat diese Politik das Abrutschen in schwerwiegendere Wirtschaftskrisen mit schlimmeren sozialen Folgen verhindert. Jedoch müsste es zumindest Pläne geben, um Schulden in Zeiten ohne Krisen abzubauen. Auf dem Spiel steht der langfristige politische Handlungsspielraum.