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EU-ParlamentAbgeordnete ziehen Lehren aus Corona-Krise

EU-Parlament / Abgeordnete ziehen Lehren aus Corona-Krise
Die Berichterstatterin Dolors Montserrat (EVP) und die Vorsitzende des Corona-Sonderausschusses, Kathleen Van Brempt, während der Pressekonferenz am Dienstag zum Bericht über die Lehren aus der Corona-Krise Foto: Emilie Gomez/European Union 2023 - Source: EP

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Über ein Jahr lang hat sich ein Sonderausschuss im Europäischen Parlament mit der Corona-Pandemie befasst. Welche Lehren aus der Krisen-Zeit gezogen werden sollen, fassten die EP-Abgeordneten in einem Bericht zusammen.

Es ist nicht nur ein Rückblick, sondern vor allem auch eine Auflistung von Aufgaben an die Politik, was der Sonderausschuss auf insgesamt 56 Seiten in seinem Bericht zur Corona-Pandemie zusammengetragen hat. So erklärte es die Ausschussvorsitzende Kathleen Van Brempt, die meinte, dass die gegenwärtige EU-Kommission bereits erste im Bericht enthaltene Empfehlungen umsetzen könnte. Und von denen gibt es viele. Angefangen bei langfristigen Investitionen in die Gesundheitssysteme, Stresstests für nationale Gesundheitssysteme durchführen, die Autonomie der EU-Staaten bei der Bereitstellung von grundlegenden pharmazeutischen Produkten und Medikamenten soll verbessert sowie eine Strategie entwickelt werden, wie mit dem Phänomen des „Long Covid“ umgegangen werden soll.

Die Berichterstatterin Dolors Montserrat sprach sich für die Schaffung einer europäischen Gesundheitsunion aus, die dazu beitragen soll, in Krisensituationen die Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten zu erleichtern. Vor allem zu Beginn der Pandemie seien Fehler gemacht worden, meinte die spanische EVP-Abgeordnete. Kein Land habe für sich allein mit der Pandemie umgehen können. Doch indem die EU die Erforschung und Entwicklung von Impfstoffen unterstützt und andere Maßnahmen eingeleitet hätte, seien „Millionen von Leben nicht nur in der EU, sondern global gerettet“ worden, meinte Dolors Montserrat. Mit EU-Finanzhilfen seien zudem an die 30 Millionen Arbeitsplätze gesichert und viele Unternehmen vor dem Ruin bewahrt worden.

In ähnlichen Krisensituationen empfahlen die EP-Abgeordneten, künftig die Schulen und andere Bildungseinrichtungen offenzulassen. „Soweit es die epidemiologische Situation erlaubt“, betonte die Berichterstatterin. Denn es habe sich gezeigt, dass während der Krise vor allem junge Menschen besonders verletzlich gewesen seien, erklärte Kathleen Van Brempt. Wichtig sei in diesem Zusammenhang, dass alle Menschen Zugang zu digitalen Instrumenten hätten. Dies hätte vielen die Situation erleichtert. Zudem sollten die Parlamente ihre Arbeit weiterführen, was während der Pandemie nicht in allen EU-Staaten der Fall gewesen sei. „Verheerende Konsequenzen“ hätten jedoch Verspätungen bei der Diagnose vor allem bei Krebspatienten gehabt. „Das darf nicht mehr passieren“, sagte Dolors Montserrat.

Wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt

Als „nützliches Instrument“ habe sich der von der EU eingeführte Covid-Pass „sehr bewährt“, vor allem für die Freizügigkeit der Menschen in der Union. Allerdings bedürfe es einer Harmonisierung über die Nutzungsbedingungen des Passes. Denn die in den EU-Staaten unterschiedlichen Verwendungen des Covid-Passes hätten das öffentliche Vertrauen in dieses Instrument unterminiert, heißt es im Bericht.

Es sei aber nicht ihr Ziel gewesen zu bewerten, wie sich die einzelnen Mitgliedstaaten während der Pandemie geschlagen hätten, sagte die Ausschussvorsitzende. Demnach gibt der Bericht auch keine Auskunft darüber, ob etwa die offenere Herangehensweise in Schweden oder eine vorsichtigere Haltung die bessere gewesen sei. Dennoch: „Jede Frage, die uns erreicht hat, wurde behandelt“, versicherte Kathleen Van Brempt und verwies darauf, dass sich die Mehrheitsmeinung zu dem Bericht auf wissenschaftliche Beweise stützt. Demnach stehe nichts über die Anklage, dass die Impfungen zu so vielen zusätzlichen Todesopfer geführt habe, im Bericht, da es dazu keine wissenschaftlichen Erkenntnisse gebe. Es mache ihr aber Sorgen, dass die Wissenschaft beiseite geschoben werde und viele Menschen auf Falschinformationen hörten, so Kathleen van Brempt. Auch dieser Punkt wird im Bericht aufgegriffen.

Tilly Metz stimmte gegen den Bericht

Die im Sonderausschuss vertretene luxemburgische Grünen-Politikerin Tilly Metz stimmte trotz „vieler guter Elemente“, die im Bericht enthalten seien, gegen das Dokument. Sie bedauerte, dass im Bericht nicht einmal ansatzweise die Empfehlung ausgesprochen werde, die intellektuellen Eigentumsrechte auf den Impfstoffen während einer solchen Krise aufzuheben. Doch nicht nur die Bereitstellung der Patente von Impfstoffen, sondern auch von Behandlungsmethoden und Diagnostikverfahren seien wichtig, erklärte Tilly Metz. Studien würden zeigen, dass „Hunderttausende Menschen gestorben“ seien, da die Impfstoffhersteller ihre Patente nicht zur allgemeinen Nutzung zur Verfügung gestellt hätten, sagte die Grünen-Abgeordnete. Dabei hätten die Pharmaunternehmen öffentliche Gelder für die Entwicklung der Impfstoffe erhalten.

Was Tilly Metz auf die von ihr unterstützte Klage mehrerer Grünen-Abgeordneten gegen die EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) brachte. Sie forderte eine vollständige Einsicht in die Verträge mit den Pharmaunternehmen, wollte nicht nur wissen, welche Preise, sondern auch welche sonstigen Bedingungen vereinbart wurden, etwa wenn bestellte Lieferungen nicht mehr gebraucht werden. Die Forderung nach mehr Transparenz, was diese Verträge anbelangt, wird ebenfalls im Bericht erhoben.

Dessen Lektüre empfahl die Ausschussvorsitzende nicht nur den Mitgliedern der EU-Kommission, anderen Politikern und Entscheidungsträgern, sondern allen am Umgang mit der Corona-Pandemie Interessierten. Der Bericht wird noch im Plenum diskutiert und einer Abstimmung unterzogen.

tmueller
14. Juni 2023 - 13.19

Hat sich das EP auch mit den Eingriffen in die persönlichen Freiheiten befasst und deren langfristigen gesellschaftlichen Konsequenzen?