Nach langem Bangen fällt heute der Startschuss der 80. Auflage der Skoda Tour de Luxembourg (2.Pro). Das Verlegen der Austragung in den September erwies sich aus doppeltem Grund als Glücksgriff: Zum einen konnte sich das Team um Andy Schleck glücklich schätzen, der langen Covid-19-bedingten Zwangspause entgangen zu sein, zum anderen, und das war der eigentliche Grund der dreimonatigen Terminverschiebung Richtung Saisonende, sollte wieder ein attraktives Fahrerfeld um den Gesamtsieg kämpfen.
Nachdem bei den zwei letzten Auflagen keine einzige WorldTour-Mannschaft auf den luxemburgischen Straßen unterwegs war, haben diesmal mit Groupama-FDJ, Ag2r La Mondiale, Lotto-Soudal, Astana, Bahrain-McLaren, NTT, Trek-Segafredo und UAE Team Emirates gleich acht Teams der höchsten Kategorie ihre Präsenz bestätigt. Durch die Verlegung der Tour de France findet die Luxemburg-Rundfahrt zeitgleich mit der letzten Tourwoche statt. Dennoch sind mit Arnaud Démare (Groupama-FDJ), Mark Cavendish (Bahrain-McLaren), Tony Gallopin (Ag2r La Mondiale), Philippe Gilbert, John Degenkolb, Tim Wellens (alle Lotto-Soudal) einige Hochkaräter am Start. Mit dem Belgier Maxime Monfort und Gregory Rast aus der Schweiz sitzen außerdem zwei ehemalige Gesamtsieger der Luxemburg-Rundfahrt in ihrer Funktion als Sportliche Leiter in den Begleitwagen der Formationen Lotto-Soudal und Trek-Segafredo. Monfort gewann 2004, Rast war 2007 auf den Straßen des Großherzogtums erfolgreich.
Geniets unterstützt Démare
In absoluter Topform zeigte sich zuletzt Démare. Der 29-Jährige gewann im vergangenen Monat zunächst das Eintagesrennen Mailand-Turin (1.Pro), anschließend holte er sich den Gesamtsieg bei der Tour de Wallonie (2.Pro) sowie der Tour Poitou-Charentes en Nouvelle Aquitaine (2.1). Nach dem Gewinn des Landesmeistertitels musste er sich drei Tage später bei der Europameisterschaft mit Platz zwei hinter Giacomo Nizzolo (NTT Pro Cycling) zufriedengeben. Der 29-Jährige gehört demnach zum engeren Favoritenkreis, um die Nachfolge von Vorjahressieger Jesus Herrada (Cofidis) anzutreten. Der spanische Kletterer ist derzeit bei der Tour de France im Einsatz und überzeugte auf der sechsten Etappe mit Rang zwei.
Unterstützt wird Démare von einem weiteren Mann der Stunde, dem Luxemburger Kevin Geniets. Der 23-Jährige trägt seit vergangenem Jahr die Farben der französischen Formation Groupama-FDJ. Dem 1,93 m großen Athleten gelang am 23. August in Mamer das Kunststück, Serienmeister Bob Jungels (Deceuninck-Quick Step) nach einem packenden Duell bei den nationalen Titelkämpfen zu entthronen. Man darf gespannt sein, zu welchen Leistungen der Vorjahres-15. mit dem rot-weißen-blauen Trikot auf den Schultern imstande ist.
Etwas mehr Erfahrung als Geniets hat ein anderer Teilnehmer vorzuweisen: Der 38-jährige Belgier Philippe Gilbert, der 2016 zwei Etappen gewinnen konnte, ist ebenfalls zum Kreis der Sieganwärter zu zählen. Zudem hat Mark Cavendish (Bahrain-McLaren) seine Teilnahme in Luxemburg bestätigt. Mit seinen 30 Etappensiegen bei der Tour de France und deren 15 beim Giro d’Italia gehörte er im vergangenen Jahrzehnt zu den besten Sprintern der Welt.
Acht Luxemburger am Start
Mit einem Erfolg auf den luxemburgischen Straßen in seinem Palmarès tritt Tony Gallopin (Ag2r La Mondiale) in Luxemburg an. Vor zehn Jahren gewann er in Diekirch die dritte Etappe bei der Skoda Tour de Luxembourg und wurde im darauffolgenden Jahr Gesamtdritter. Der Luxemburger Ben Gastauer, der mittlerweile seit zehn Jahren in Diensten der französischen Mannschaft steht, wird seinem 32-jährigen Kapitän zur Seite stehen, um ein gutes Resultat herauszufahren.
Neben Geniets und Gastauer werden die einheimischen Anhänger sich ebenfalls auf die Vorstellung von Michel Ries (Trek-Segafredo) freuen dürfen. Anfang des Monats stürzte er beim italienischen Etappenrennen Settimana Internazionale Coppi e Bartali (2.1). Seine Teilnahme kurzfristig zurückgezogen hat Alex Kirsch (Trek-Segafredo), der bereits am Freitag das WorldTour-Rennen Tirreno-Adriatico aus familiären Gründen verließ.
Interessant aus luxemburgischer Sicht ist ebenfalls das Abschneiden der Kontinentalformation Leopard Pro Cycling. Für das Sextett von Markus Zingen, dem Sportlichen Leiter, gehört die Skoda Tour de Luxembourg in jedem Jahr zu den Highlights der Saison. Den Nachwuchsfahrern bietet sich die ideale Bühne, um sich mit guten Leistungen für höhere Aufgaben anzubieten. Vor zwei Jahren sorgte der damals 21-jährige Pit Leyder mit seinem dritten Platz in der Gesamtwertung für Furore. Anschließend schlug er den Weg ins Profigeschäft, aus persönlichen Gründen, trotz eines verlockenden Angebots von Cofidis, aus. Diese Woche wollen die talentierten Colin Heiderscheid und Arthur Kluckers vor eigenem Publikum überzeugen. Das Gleiche gilt für die weiteren Luxemburger Ivan Centrone (Natura4Ever), Jan Petelin (Vini Zabu) und Raphaël Kockelmann (Team Vorarlberg). Viel vorgenommen haben sich ebenfalls die Gebrüder Tom und Luc Wirtgen, die gemeinsam für das belgische Pro-Kontinental-Team Bingoal-Wallonie Bruxelles unterwegs sein werden.
Kein Prolog
Neben dem Zeitpunkt der Austragung gibt es weitere Neuerungen. So wird die langjährige Tradition des Prologs in der Hauptstadt gebrochen. Zum Auftakt hat das 144 Mann starke Feld, zusammengesetzt aus 24 Mannschaften zu je sechs Fahrern, diesmal eine kurze Etappe über 133,5 km mit Start und Ziel in Luxemburg-Stadt zu absolvieren. Die Skoda Tour de Luxembourg, die ins Programm der neu geschaffenen ProSeries aufgenommen wurde, wird erstmals live übertragen, dies in 85 Länder, durch die Sender RTL, Eurosport Player, GCN, Sky und Claro. In Luxemburg sind die beiden letzten Stunden jeder Etappe auf RTL und RTL.lu zu sehen. In Partnerschaft mit dem Sportministerium und der Marke „Luxembourg – Let’s make it happen“ wurde, anlässlich der 80. Auflage, ein neues Logo vorgestellt. Mit Bâloise Assurances gibt es auch einen neuen Sponsor für das Gelbe Trikot.
Die Startzeit der jeweiligen Teilstrecken wurde derart festgelegt, dass der Sieger den Zielstrich bereits zwischen 14.00 und 15.00 Uhr überquert, damit sich die Ankunft nicht mit dem Finale der jeweiligen Etappe der Tour de France überschneidet. Nach der heutigen Teilstrecke, die im „Milliounewee“ bei der „Place de l’Europe“ endet, ist auf den beiden folgenden Etappen ein Schlussparcours jeweils dreimal zu absolvieren. Eine Vorentscheidung über den Gesamtsieg könnte am Freitag, auf der Königsetappe über 201 km mit insgesamt sechs Anstiegen der ersten Kategorie, fallen. Dabei ist der „Col de l“Europe“, gegen Ende der Etappe, gleich zweimal zu bewältigen. Nicht weniger anspruchsvoll ist der Abstecher ins Ösling am vorletzten Tag. Der Rundfahrtsieger wird am Samstag auf dem spektakulären Circuit mit Ankunft auf dem „Pabeierbierg“ (Limpertsberg) feststehen.
Der Veranstalter hat eine Reihe von Vorkehrungen getroffen, um die Sicherheit aller Beteiligten zu gewähren. So sind die Zuschauer angehalten, einen Mund- und Nasenschutz zu tragen. Die Fans müssen dieses Jahr auf das Sammeln von Autogrammen verzichten. Auch Selfies mit den Fahrern sind nicht gestattet.
Die Etappen im Überblick
1. Etappe, heute: Luxemburg-Luxemburg (133,5 km)
2. Etappe, morgen: Remich-Hesperingen (160,8 km)
3. Etappe, am Donnerstag: Rosport-Schifflingen (164,3 km)
4. Etappe, am Freitag: Rodange-Differdingen (201 km)
5. Etappe, am Samstag: Mersch-Luxemburg (177 km)
Einen Satz zur Polizei, die die Strecke abriegelt. Ich finde die Polizei in Luxembourg immer hilfsbereit und freundlich, aber falls sie bei einem Radrennen ist, ist sie nur noch gestresst. Dabei würde man gerade dann als Autofahrer einen freundlichen Polizisten brauchen, der einem erklärt wie man trotz Absprerrungen zum Ziel kommt.
Es wäre ja kein Problem, wenn dies nur einmal im Jahr der Fall wäre, aber hier im Süden haben wir normalerweise mindestens 3 Mal pro Jahr diesen Fall: Fleche de Süd, Tour de Luxembourg und dann noch das eine oder andere Eintagesrennen. Also die Bitte an die Polizei: Bleibt auch bei Radrennen so freundlich und hilfsbereit wie sonst immer!