Herausgekommen bei Leners’ Recherchen ist eine 80-seitige Broschüre, ein politisches ABC des Mannes, der lange und auf verschiedenen Ministerposten an der Seite des damaligen Staatsministers Jean-Claude Juncker Regierungsverantwortung trug. Das Ergebnis von Leners’ Arbeit ist gleichzeitig eine Kampfansage an den Spitzenkandidaten der CSV. Der Schleier über Friedens politischer Vergangenheit ist gelüftet, die Erinnerungslücken sind wieder gefüllt.
Mit seinem „Das politische ABC des Luc Frieden“ legt Leners, drei Wochen vor den Wahlen, den Finger tief in die empfindlichste Wunde in der Kampagne der CSV. Die Christsozialen versuchen Frieden seit der Bekanntgabe seiner Spitzenkandidatur zu rebranden, ihm einen anderen Anstrich zu geben, jenen des Sozialen und des Mitfühlenden. Leners’ Recherchen dürften der CSV umso ungelegener kommen. Der Mann, der die Konservativen wieder in die Regierung führen soll, ist nicht unbedingt der, als der er verkauft werden soll.
„Kein Angriff auf den Menschen“
Leners, Jahrgang 1994, schreibt in seinem Vorwort, dass „Luc Frieden schon so lange in der Politik“ ist wie er auf der Welt. Trotzdem habe er wenig von dem CSV-Mann gewusst. Doch, schreibt Leners, „wenn Luc Frieden wieder aktiv in das politische Geschehen eingreifen will – und dies mit dem Anspruch, das Land in den kommenden Jahren politisch zu prägen, dann lohnt sich ein Blick in die Pressearchive und Wahlprogramme, dies, um sowohl den Politiker Luc Frieden als auch dessen politische Agenda in den entscheidenden Themenfeldern besser zu verstehen“. Weiter heißt es, die Broschüre sei „selbstverständlich kein Angriff auf den Menschen Luc Frieden, sondern eine Analyse in Stichworten, die versucht, möglichst objektiv die Positionen, Überzeugungen und Wahlversprechen Friedens auf politisch entscheidenden Themenfeldern zu dokumentieren und zu ergründen“. Luc Frieden hat die politische Arena wieder betreten. Leners’ Broschüre erinnert alle in dieser Arena daran, mit wem sie es dort zu tun haben.
Jeder einzelne Punkt aus der Broschüre lässt sich hier nicht aufzählen. Und Friedens neoliberale Ansichten unter anderem zum Arbeitsrecht, zur Arbeitszeit und zur Rente dürften den meisten ohnehin bekannt sein, seine Beziehungen zu Katar auch. Ebenfalls, dass die umstrittenen Steuerpraktiken der „Tax Rulings“, die am Ende in den LuxLeaks-Skandal mündeten, in Friedens Amtszeit fielen.
Viel längst Vergessenes
Leners fördert aber auch von vielen längst Vergessenes zutage. Mit dem Gesetzesvorschlag zur sogenannten „Lex Greenpeace“ etwa wollte Frieden 2002 Kundgebungen von Gewerkschaftlern mit bis zu fünf Jahren Haft bestrafen, falls diese in oder vor Firmen oder in Büros stattfinden. Dazu kommt der „Témoignage anonyme“, den Frieden gesetzlich verankern wollte, den die Anwaltskammer aber zu verhindern wusste, da dies eine „grundlegende Veränderung unseres Rechtssystems mit sich brächte und sich stoße an den letzten zwei Jahrhunderten unserer Rechtsgeschichte und der Philosophie unseres Rechtssystems“. Leners erinnert mit mehreren Beispielen ebenfalls an Friedens „unmenschliche Asylpolitik“ mit Abschiebungen von Minderjährigen, meist aus dem Westbalkan, die die Polizei teilweise aus ihren Schulklassen abholen musste, wie das u.a. bei der „Operation Milano“ der Fall war.
Von B wie „Bommeleeër“ über D wie „Deutsche Bank“ bis zu T wie Tripartite. Zu jedem Buchstaben des Alphabets hat Leners ein oder mehrere Stichworte gewählt, um Friedens politische Vergangenheit wieder in Erinnerung zu rufen. Am Montag wird die 80-seitige Broschüre veröffentlicht. Für Frieden und die CSV eine wohl ungelegene Begegnung mit der Vergangenheit. Drei Wochen vor den Wahlen.
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