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Migration / 441 Menschen im Mittelmeer ertrunken
Migranten vor dem Gebäude der UN-Flüchtlingsorganisation IOM in Tunesien: Viele wollen weiter nach Europa, um dort den Traum eines besseren Lebens zu verwirklichen Foto: Fethi Belaid/AFP

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Die Zahl der Menschen, die beim Versuch, das Mittelmeer in Richtung Europa zu überwinden, ertrunken sind, hat wieder stark zugenommen, wie die Internationale Organisation für Migration (IOM) gestern mitteilte. Gleichzeitig sind seit Beginn des Jahres dreimal mehr Menschen über die zentrale Mittelmeerroute nach Europa gelangt als im gleichen Zeitraum im Vorjahr.

Seit 2017 seien die ersten drei Monate dieses Jahres wieder die tödlichsten für jene Menschen gewesen, die versucht haben, über die zentrale Mittelmeerroute die Küste Europas zu erreichen, erklärte die Flüchtlingsorganisation der Vereinten Nationen gestern in einer Mitteilung. 441 Menschen hätten seit Beginn des Jahres bei der Überfahrt ihr Leben gelassen. Im Jahr 2017 waren es in dem gleichen Zeitraum 742. Die IOM führt die vielen Toten in diesem Jahr auf „Verspätungen bei staatlich geführten Rettungsmaßnahmen“ sowie die „Behinderung von Operationen“ der Rettungsschiffe von Nichtregierungsorganisationen (NGO) zurück.

Allerdings ist die Anzahl der Menschen, die seit dem 1. Januar dieses Jahres über die zentrale Mittelmeerroute nach Europa gelangt sind, im Vergleich zum Vorjahr enorm gestiegen. Die europäische Grenzschutzagentur registrierte einen Zuwachs von 305 Prozent. 27.651 Menschen seien von Januar bis Ende März in Europa angekommen. Allein im März seien es 13.223 gewesen und damit neunmal mehr als im März 2022.

Das zentrale Mittelmeer sei mittlerweile der „gefährlichste Meeresübergang“, so die IOM, auf der seit dem Jahr 2014 mehr als 20.000 Menschen ihr Leben gelassen hätten. Die Staaten müssten darauf reagieren, fordert IOM-Generaldirektor António Vitorino in der Mitteilung: „Verzögerungen und Lücken bei der staatlich geführten Suche und Rettung kosten Menschenleben.“ Was sich allein in sechs Zwischenfällen in diesem Jahr gezeigt habe, bei denen insgesamt 127 Menschen ums Leben gekommen seien. Auf einen siebten Fall sei erst gar nicht reagiert worden, wodurch 73 Migranten auf offener See ertranken.

Vermutlich aber sind bislang weitaus mehr Migranten in diesem Jahr im Mittelmeer ertrunken. Es gebe Berichte von vermissten Booten, von denen es weder Spuren noch Überlebende gebe und auch keine Such- und Rettungsaktionen durchgeführt worden seien, erklärt IOM weiter. Demnach bleibe auch das Schicksal von mindestens weiteren 300 Migranten unklar.

Die Flüchtlingsorganisation fordert daher unter anderem staatliche Unterstützung für NGOs, die sich der Rettung von Menschen im Mittelmeer verschrieben haben. Gleichzeitig sollen die „Kriminalisierung, Behinderung und Abschreckung“ dieser Bemühungen beendet werden. Vor allem die rechtsgerichtete Regierung in Italien versucht mit umständlichen und überflüssigen Bestimmungen, den privaten Betreibern von Rettungsschiffen im Mittelmeer die Arbeit zu erschweren. Was, wie die UN-Migrationsorganisation bedauert, Menschenleben kostet.

Rückgang auf anderen Migrantenrouten

Frontex zufolge kommen über das zentrale Mittelmeer hauptsächlich Menschen aus der Elfenbeinküste, Guinea und Pakistan. Menschenschmuggler hätten in den vergangenen Monaten von den günstigen Wetterbedingungen, aber auch der „politischen Volatilität“ profitiert, die in beiden Abfahrtsländern Tunesien und Libyen herrschten, um so viele Menschen wie möglich über das Mittelmeer zu bringen.

Einen Zuwachs an Überfahrten gab es nur noch auf der westlichen Mittelmeerroute. Auf allen anderen von Flüchtlingen genutzten Routen hat Frontex seit Beginn des Jahres einen Rückgang des Zustroms im Vergleich zum Vorjahreszeitraum festgestellt. Über die westliche Mittelmeerroute kommen hauptsächlich Menschen aus Marokko, Algerien und Syrien nach Europa. Die am zweithäufigsten genutzte Route ist jene über den westlichen Balkan. Frontex zufolge sind in diesem Jahr 14.858 Menschen, hauptsächlich aus Syrien, Afghanistan, der Türkei und Pakistan, über diesen Weg in die EU gelangt.

Insgesamt seien in den ersten drei Monaten rund 54.000 Migranten über die verschiedenen Routen irregulär in die EU gekommen, wie Frontex weiter ausführt.