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Editorial3.514 Tage Warten – Eine Presseanfrage zum neuen Informationszugang für Journalisten

Editorial / 3.514 Tage Warten – Eine Presseanfrage zum neuen Informationszugang für Journalisten
Noch Fragen? Die Luxemburger Regierung hat angekündigt, einen besseren Informationszugang für Journalisten zu schaffen. Foto: Editpress-Archiv/Hervé Montaigu

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Sehr geehrte Damen und Herren,

in Ihrer Pressemitteilung vom 25. Juli schreiben Sie, dass Sie sich dazu entschieden haben, ein neues Informationsfreiheitsgesetz zu schaffen. Das soll ein „Recht auf Informationszugang für Berufsjournalisten“ beinhalten. Herr Bettel erklärte, dass die Regierung damit den „Grundsatz einer offenen und transparenten Verwaltung“ verteidige und stärke.

Für unsere Berichterstattung zu diesem Thema haben wir folgende Fragen:

Laut Informationen, die dem Tageblatt vorliegen, wird das Informationszugangsrecht für Journalisten seit mindestens 15 bis 20 Jahren in Luxemburg gefordert, diskutiert, debattiert, besprochen, versprochen, gestrichen, in Aussicht gestellt und abgesagt. Wie erklären Sie sich dieses Hin und Her vor dem Hintergrund des Leitsatzes der Pressefreiheit in der Luxemburger Verfassung sowie der Presse als relevanter und unverzichtbarer Akteur im politischen System einer modernen liberalen Demokratie?

Im Regierungsprogramm 2013 erklärten Sie: „Die politische Methode, die wir anstreben, baut auf Offenheit, auf einem guten Zugang zu Informationen, auf Argumente und Diskussion auf.“ Sie meinten damals, dass Vertrauen auch dort verloren gehe, wenn die Menschen das Gefühl haben „dass der Staat etwas versteckt, ihnen Informationen vorenthält“. Deshalb wollten Sie das „sogenannte“ Informationsgesetz „noch einmal auf die Liste nehmen“ und für Bürger und Presse den Zugang zu öffentlichen Informationen verbessern. Laut unseren Berechnungen liegen zwischen der Veröffentlichung dieser Worte und der Ankündigung vom vergangenen Mittwoch 3.514 Tage (Enddatum nicht eingeschlossen). Zwischen der Ankündigung vom vorigen Mittwoch und den nächsten Parlamentswahlen liegen dagegen nur 75 Tage. Wie erklären Sie diese Differenz? 

Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen liegt Luxemburg im Jahr 2023 auf Platz 20. Als Sie Ihre Regierungstätigkeit im Jahr 2013 aufnahmen, lag Luxemburg in dieser Rangliste auf Platz 4. Was sind Ihrer Ansicht nach die Gründe dafür? Denken Sie, dass Luxemburg mit seinem neuen Informationszugang Länder wie Samoa und Osttimor in Sachen Pressefreiheit wieder einholen kann?

Wie unserer Berichterstattung vom Dienstag zu entnehmen ist, sollen die neuen Regelungen bereits bindend für die Mitarbeiter von Verwaltungen und Ministerien sein. Falls es also bereits möglich ist, Presseanfragen nach den neuen Vorgaben einzureichen, hätten wir spontan noch folgende Fragen, auf die uns bis jetzt leider keine Antwort ereilt hat: Wie viele Grenzgänger wurden ab Mitte 2020 in Luxemburg positiv auf Corona getestet? Wie viele Fahrzeuge werden täglich von der Zählstelle 1407 auf der A4 verzeichnet? Von wem, wie und warum wurde Anfang Juli die Meteolux-Webseite gehackt? Was steht im Abkommen zwischen Google und Ihnen? Fällt die Polizei ebenso unter die neuen Regelungen oder macht die auch in Zukunft, was sie will?

Für eine Beantwortung unserer Fragen bis zum 8. Oktober wären wir Ihnen dankbar.

Mit freundlichen Grüßen

Tobias Senzig
Redaktion

Jill
31. Juli 2023 - 12.11

Wurden Herrn Bettel diese Fragen, in seiner Funktion als liberaler Premier- & Medienminister, jemals in einem live-interview (Radio, TV) gestellt? Falls nicht - wieso nicht? Dieses ganze Hin und Her seit so vielen Jahren ist nicht nur Armutszeugnis für unsere Demokratie sondern auch für eine heutige DP die für Transparenz und sozialen Liberalismus steht.

Robert
29. Juli 2023 - 16.18

Betreffend den Herrn Bettel. Wer einmal lügt ... den Rest kennt jeder!

Robert Hottua
29. Juli 2023 - 11.46

1933 wurden meine katholischen luxemburgischen Eltern vom unfehlbaren päpstlichen "Luxemburger Wort" auf den nicht pazifistischen Weg des Kampfes für ein rassisch hochwertiges, bombenlegerfreudiges Lützelburg geschickt. Das ist eine Tatsache, die ihren Niederschlag in den Archiven der luxemburger Behörden gefunden haben muss. Eine tabuisierte Vergangenheit ist der Garant für eine ungebrochene, unkontrollierbare Kontinuität. MfG Robert Hottua