Kostenloses Essen in Luxemburgs Schulkantinen, kostenlose „Maisons relais“ während der Schulzeit und die Einführung einer flächendeckenden Hausaufgabenhilfe: All das klingt erst einmal positiv. Bildungsminister Claude Meisch (DP) hat diese Neuerungen für das kommende Schuljahr angekündigt. Sein Konzept der Hausaufgabenhilfe stellte er auf einer Pressekonferenz am 7. Juli in Clausen vor. Die Chamber sowie die Koalitionspartner wurden jedoch erst am Donnerstag, 21. Juli, unterrichtet. Die Begeisterung der beiden Fraktionspräsidentinnen Martine Hansen (CSV) und Josée Lorsché („déi gréng“) hält sich allerdings in Grenzen. Auch die LSAP hegt laut RTL Zweifel.
Der Minister sieht Hausaufgaben als „ein nützliches Instrument, um den in der Schule gelernten Stoff gezielt zu festigen“. „Kinder sollten diese Wiederholungen allein und selbstständig in einem ruhigen und förderlichen Umfeld erledigen können, das entweder von der Familie oder von Bildungs- und Betreuungseinrichtungen bereitgestellt wird“, heißt es in einer nachgereichten Pressemitteilung zur Konferenz.
Die Hausaufgabenhilfe werde zu einem wichtigen Element, um Kinder zu unterstützen und die soziale Gerechtigkeit zu fördern. Kinder, die zu Hause nicht in Ruhe ihre Hausaufgaben erledigen können oder deren Eltern nicht die Möglichkeit haben, ihnen zu helfen, dürften in ihrer schulischen Laufbahn nicht benachteiligt werden.
Die Hausaufgabenhilfe solle zudem ein Ort des Austauschs zwischen Eltern, Erziehern und dem Lehrpersonal werden. „Die Hausaufgabenhilfe in den ‚Maisons relais‘ erfüllt also eine wichtige soziale Aufgabe. Mit dem neuen Konzept, das wir im nächsten Schuljahr umsetzen werden, sorgen wir für eine bessere Betreuung der Schüler, eine Unterstützung der Familien und einen intensiven Austausch zwischen den Partnern“, so Meisch.
Lernen, sich zu organisieren
Die reformierte Hausaufgabenhilfe diene allerdings nicht dazu, Hausaufgaben zu verbessern oder den Schülern den Lehrstoff zu erklären, den sie nicht verstanden haben. Das obliege weiterhin dem zuständigen Lehrerpersonal. Die Hausaufgabenhilfe soll die Schüler dabei unterstützen, ihre Arbeit zu organisieren und ihre Aufgaben zu verstehen. Am Ende solle dann noch kontrolliert werden, ob die Hausaufgaben auch erledigt wurden.
Sollte ein Schüler Schwierigkeiten mit einer Aufgabe gehabt haben, solle der Erzieher einen Eintrag in das neue digitale Klassentagebuch machen – das „E-Bichelchen“. So würden die Eltern und das Lehrpersonal erfahren, dass das Kind zusätzliche pädagogische Unterstützung benötigt.
Die Hausaufgabenhilfe soll vom Personal der „Maisons relais“ betreut werden. Das Personal solle „bis spätestens September 2024 über die für die Betreuung von Kindern erforderlichen Kompetenzen verfügen“ – also mindestens ein Abschlusszeugnis der Sekundarstufe (Niveau B1) und Sprachkenntnisse in Französisch, Deutsch und Luxemburgisch haben. Darüber hinaus müsse das Personal an einer Schulung des „Institut de formation de l’Éducation nationale“ (IFEN) teilnehmen, die ab dem 1. September 2022 online durchgeführt werden soll.
„Kein Konzept da“
„Ich halte nicht ganz viel davon, denn es ist überhaupt kein Konzept da“, sagt Martine Hansen gegenüber dem Tageblatt. Die Reformen würden als Hausaufgabenhilfe verkauft werden, im Endeffekt sei das Ganze aber nichts anderes als eine Beaufsichtigung. Demnach seien die angekündigten Reformen nicht das, was ursprünglich im Koalitionsvertrag festgehalten wurde. Dass den „Maisons relais“ die Überwachung der Hausaufgaben der Kinder zufällt, sei bereits in einer großherzoglichen Verordnung von 2013 festgehalten worden. „Wenn der Minister zehn Jahre braucht, um festzustellen, dass das in den ‚Maisons relais‘ nicht umgesetzt wird, finde ich das relativ dramatisch“, sagt Hansen.
Somit sei das „E-Bichelchen“ die einzige wirkliche Neuerung. „Das, was er (Meisch; Anm. der Red.) als richtige Hilfe verkauft, um die Bildungsschere wieder zu schließen, das ist es nicht, das ist keine Hilfe“, betont Hansen. Der Minister habe bereits Ankündigungen gemacht, ohne dass das Projekt zu Ende gedacht und vorbereitet worden sei. Es stehe noch nicht fest, wie die Weiterbildung der Erzieher und deren Rolle genau aussehen soll. Das Ganze sei „Schaumschlägerei“, mehr nicht.
Schule und Betreuungseinrichtungen enger miteinander vernetzen
„Prinzipiell ist es ja gut, wenn Kinder unterstützt werden“, sowohl im formalen als auch im non-formalen Bildungsbereich, so Josée Lorsché, Mitglied der Schulkommission und Schulchefin der Gemeinde Bettemburg, gegenüber dem Tageblatt. Jedoch müsse man aufpassen, dass der non-formale Bildungsweg nicht mit schulischen Inhalten überladen wird. Diese Sorge hätte bereits das Personal der Bildungs- und Betreuungseinrichtung für Kinder (SEA) geäußert. Lorsché sei allerdings versichert worden, dass diese Hausaufgabenhilfe nicht obligatorisch sei. Kindern stehe es weiterhin zu, nach der Schule Sport, Musik oder andere Aktivitäten zu betreiben. Demnach hätten die Eltern die Möglichkeit, sich gegen die Hausaufgabenhilfe in den „Maisons relais“ zu entscheiden.
Sie gibt jedoch zu bedenken, ob es nicht zielführender sei, wenn man die SEA und die Grundschule enger miteinander vernetzen würde. Wenn das Personal der Betreuungseinrichtungen schon in den Schulen über die Arbeit mit den Kindern informiert werden würde, könnte es sich dementsprechend auch eingehender mit ihnen beschäftigen und sich besser um sie kümmern. So würden die Kinder nicht erst gegen Schulende ohne weiteres an die Erzieher weitergereicht werden, ohne dass diese überhaupt über die angewandten Lehrmethoden, den Hintergrund des Stoffs und den Schulalltag der Kinder Bescheid wüssten.
Die Fraktionschefin der Grünen verweist auf das Modell des „Kannercampus Belval“, wo die Erzieher der SEA täglich einige Stunden in den Grundschulen verbringen und dadurch enger in den Schulalltag ihrer Schützlinge mit eingebunden sind. Es „stellt sich die Frage von dem Kind als Mensch“, sagt Lorsché. Nach Schulende sollten die Erzieher wissen, in welchem physischen und seelischen Zustand die Kinder die Schule verlassen und zu ihnen kommen.
Lorsché stellt die Betreuungseinrichtungen an sich nicht infrage, sie meint: „Das Schulische wird immer dominanter. Kinder haben aber auch andere Bedürfnisse, die erfüllt werden müssen.“ Und deswegen dürften dort etwa das Knüpfen und Pflegen sozialer Kontakte oder das Sammeln von Sinneserfahrungen nicht vernachlässigt werden.
Für Gilles Baum (DP), den Präsidenten der Schulkommission, bietet diese flächendeckende Reform die Möglichkeit, dass sämtliche Kinder in allen Gemeinden des Landes Hilfe bei ihren Hausaufgaben erhalten können. Zudem bringe die Reform eine deutliche Entlastung, sowohl für die Eltern als auch für die Kinder. Erst am Abend mit den Hausaufgaben anzufangen, nachdem Eltern und Kinder zu Hause angekommen sind, würde nicht mehr allzu viel bringen. Ziel sei es nicht, jedem Schüler rund um die Uhr einen persönlichen Erzieher an die Seite zu stellen, sondern dass die Kinder „lernen, sich selbst zu organisieren und selbst dafür zu sorgen, dass ihre Arbeit erledigt ist“. Das schließe aber nicht aus, dass die Schüler um Hilfe bitten können.
Durch ihre Ausbildung hätten die Erzieher bereits jetzt die nötigen Kompetenzen, um den Kindern beispielsweise bei ihren Deutsch- oder Französischaufgaben zu helfen. Baum meint zudem, dass bei vielen Erziehern eine Nachfrage bestehe, ihren Arbeitsvertrag auf eine 40-Stunden-Woche aufzustocken. Die Reform würde ihnen ebendiese Möglichkeit bieten.
Schulisches Gesamtkonzept überdenken
„Man sollte generell darüber nachdenken, wie viele Hausaufgaben überhaupt angemessen sind, damit der non-formale Bildungsbereich nicht zu kurz kommt“, wirft Lorsché ein. „Sind Hausaufgaben, oder sogar ein Berg an täglichen Hausaufgaben, wodurch die Kinder während Stunden an einen Stuhl gefesselt sind und zum Beispiel der Sport zu kurz kommt, noch der richtige Weg?“ Auch Baum meint, dass „wir uns grundlegend Gedanken zum Hausaufgaben-Pensum machen müssen“. Diesbezüglich müsste man gemeinsam mit dem Lehrpersonal befinden, welches Volumen überhaupt noch sinnvoll ist.
Wenn Luxemburg allmählich das Konzept einer Ganztagsschule anstrebe, müsse das schulische Gesamtkonzept überdacht werden, damit sämtliche Bedürfnisse der Kinder berücksichtigt werden. Laut Lorsché seien die Kinder in einem einzigen zusammenhängenden System besser aufgehoben als in zwei mehr oder weniger voneinander losgelösten.
Auch die Frage nach der Verfügbarkeit des Personals bereite Lorsché Sorgen. Zwar würden weiterhin neue Betreuungseinrichtungen für Kinder entstehen, doch müssten die Gemeinden darum bangen, überhaupt ausreichend Personal zu finden, um diese zu besetzen. Zudem dürfe man nicht davon ausgehen, dass sämtliche Neuzugänge eine 40-Stunden-Woche akzeptierten – auch wenn diese Möglichkeit bestehe.
HAUSaufgaben! net Foyers-aufgaben, mat onqualifizéiert 'monitrice' vun 18, di selwer net korrekt liesen a schreiwen kann! à la foyer Vdl, Bouneweg, Demy Schlechter: " il a oublier son caier a l'ecole..."