Ausnahmslos entschieden sich die 16 Vereine aus der BGL Ligue für fünf Erstlizenzen ab kommender Saison. 225 Stimmen kamen aus diesem Lager. Das ist keine Überraschung, denn es war die Vereinigung der Elitevereine – auch noch Lëtzebuerger Football Ligue genannt – die den Stein und damit das Referendum ins Rollen brachte. Unter anderem Hosterts Präsident Jacques Wolter hatte im Vorfeld des Referendums Stimmung für das „Ja“ gemacht. In einem Gespräch mit dem Tageblatt am 4. April sagte er: „Die großen Vereine bedienen sich in Hostert, wir kaufen in der Ehrenpromotion ein, die Ehrenpromotion kauft in der ersten Division ein und so weiter und so fort. Wir müssen den Druck vom Markt nehmen. Es gibt sehr viele Spieler, die Anfang 20 sind und keine Spielpraxis haben, weil sie als Erstlizenz auf der Bank gebraucht werden.“ Der Wiltzer Vorsitzende Michael Schenk schlug damals in die gleiche Kerbe: „Jüngere Spieler können auch mal ausgeliehen werden, um Spielpraxis zu bekommen, anstatt auf der Bank sitzen zu müssen, weil jeder sieben ,premières licences‘ haben muss … .“
Das sagte die Gegenseite
In den unteren Divisionen sieht man die neue Regel etwas anders. Auch aus der Ehrenpromotion kam Gegenwind. „Als Ausbildungsverein, der Wert auf seine Jugendarbeit legt, konnten wir nicht für so eine Änderung stimmen“, sagte Jim Thomes, Präsident der UN Käerjeng. „Ich kann nicht verstehen, dass es heißt, die Erstlizenzen würden zu viel Geld verlangen. Wenn die Klubs ihren Nachwuchs selbst ausbilden würden …“
Dass der Sprung von einer Jugendmannschaft in den Kader der Senioren nicht unbedingt als Selbstläufer dargestellt werden kann, ist sich der UNK-Vorsitzende bewusst. Er nennt im gleichen Zug die Namen der beiden 17-jährigen Ben Klein und Noah Scheidweiler, die sich in dieser Saison in den Vordergrund gespielt haben. „Aber danach muss man trotzdem immer noch kämpfen, um diese Leute behalten zu können. Die Topklubs haben andere Mittel. Zudem wollen ja einige auch in der BGL Ligue Erfahrungen sammeln. Diese Spieler kann man nicht halten.“ Letztlich stört den Präsidenten ein anderer Umstand mehr: „Es gibt Vereine, die in der Vergangenheit nicht wirklich in die Jugendarbeit investiert haben – allerdings dann vom Job anderer profitieren.“
Thomes wollte auch nicht gelten lassen, dass der Druck auf den nationalen Transfermarkt durch die Reduzierung der Erstlizenzen abnehmen würde: „Wenn einer da ist, der aus der Masse heraussticht, dann wird er auch weiterhin angelockt werden. Wenn jemand, der nur wegen der Quote auf der Bank sitzt, wirklich auf der Suche nach Spielpraxis war, dann hätte er nicht auf diese Regeländerung gewartet.“
Guy Lamesch ist Präsident des Zweitdivisionärs Red Star Merl-Belair. Mit seinem Verein stimmte er ebenfalls gegen die Reform – und pochte auf Identifikation. „Wir sind der Meinung, dass mehr Wert auf die Jugendarbeit gelegt werden müsste, anstatt Spieler von außen zu holen“, nannte er die Beweggründe. „Unsere Politik ist es, Nachwuchsspielern eine Chance zu geben. Das zeigt sich auch daran, dass wir in dieser Saison insgesamt 24 Mannschaften angemeldet haben. Da braucht es keine Spieler von auswärts.“ In der ersten Garde stehen nur zwei Akteure im Kader, die nicht unter die „premières licences“ fallen. Doch das Vereinsoberhaupt kann die Anliegen der BGL-Ligue-Vereine nachvollziehen. „Die sind, anders als wir, auf diese Spieler angewiesen, um für den Titel mitzuspielen und sich für die Champions League zu qualifizieren.“
Das Argument, die Topklubs wären ab sofort nicht mehr gezwungen, sich zu bedienen, wollte Lamesch allerdings nicht gelten lassen: „Die großen Vereine können sich ihre Spieler weiterhin so aussuchen, wie und wo sie es möchten. Ganz korrekt ist es also nicht, denn junge Leute sollte man so lange wie möglich mit Freunden spielen lassen. Oft tragen auch die Eltern eine Teilschuld, wenn sie ihre Kinder in größeren Klubs sehen wollen. Es wird sich nichts daran ändern, dass die guten Spieler weiterhin aus den kleinen Vereinen rausgeholt werden.“
Stattdessen sah er Ungerechtigkeiten bei der Stimmenverteilung des Referendums: „Jeder Verein sollte die gleiche Anzahl an Stimmen abgeben können.“ Derzeit ist es die Anzahl an gemeldeten Teams (ab Scolaires aufwärts), die über die Anzahl der Stimmzettel entscheidet. So kommt der Red Star auf 14 Stimmen und ist damit einer der stärksten „kleinen Klubs“ des Landes. In der BGL Ligue und der Ehrenpromotion erhalten die Klubs zusätzliche Stimmrechte. Racing (20), F91 und Déifferdeng 03 (beide 19) konnten die meisten Stimmen abgeben. „Das ist nicht korrekt“, fügte Lamesch hinzu. Eins steht jedenfalls fest: Mit einer anderen Gewichtung wäre dieses Votum anders ausgegangen. 46 FLF-Vereine waren dafür, 62 dagegen und zwei enthielten sich.
„Junge Spielerinnen anders einsetzen“
Die neue Regel der Erstlizenzen betrifft nicht nur die Herren-Meisterschaften, sondern gilt ab Juli ebenfalls bei den Damen. Nationaltrainer Dan Santos wollte die positiven Aspekte der Änderung hervorstreichen: „Es bleibt ja dabei, dass zwei Erstlizenzen in der Startelf stehen müssen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Trainer diese beiden Spielerinnen jetzt nach zehn Minuten auswechseln wird, nur um dann zwei Mädchen einzuwechseln, die keine ‚premières licences‘ sind.“ Zudem hofft Santos, dass besonders junge Spielerinnen im Umkehrschluss nun mehr Einsatzzeiten bekommen werden: „Da sie nicht mehr nur auf der Bank sitzen, um auf die nötigen sieben zu kommen, können sie jetzt am gleichen Wochenende bei den Cadettes oder der zweiten Mannschaft eingesetzt werden.“
Die Erstlizenzenzahl ist allerdings nicht die einzige Anpassung, an der hinter den Kulissen gearbeitet wird. Der Verband will gemeinsam mit den Klubs der Ligue 1 die Organisation der Meisterschaft reformieren. (chd)
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