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RadsportParis-Roubaix: Van der Poels Traum vom „Pavé“-Double

Radsport / Paris-Roubaix: Van der Poels Traum vom „Pavé“-Double
Mathieu Van der Poel vom Team Alpecin-Fenix möchte am Sonntag bei Paris-Roubaix glänzen Foto: Marco Bertorello/AFP

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Cyclocross-Spezialist Mathieu Van der Poel ist der große Favorit des 119. Paris-Roubaix, das am Sonntag über 257,5 km im Norden Frankreichs ausgetragen wird. Da schönes Wetter angesagt ist, haben auch die „Rouleurs“ eine Siegchance. Am Start sind u.a. der genesene Wout van Aert und der Luxemburger Helfer im Trek-Segafredo-Team, Alex Kirsch.

Von Petz Lahure

Die gute Nachricht vorneweg: Belgiens Radsport-Ass Wout Van Aert wird am Sonntag am Start von Paris-Roubaix sein, dem dritten „Monument“ der Saison nach Mailand-Sanremo und der „Ronde van Vlaanderen“. Die Ärzte haben dem Leader von Jumbo-Visma grünes Licht gegeben, nachdem er vor knapp drei Wochen an Covid-19 erkrankt war und sowohl auf die Flandern-Rundfahrt als auch auf das „Amstel Gold Race“ verzichten musste.

Van Aert isolierte sich für acht Tage zu Hause, dann zog es ihn Richtung Süden, wo er sich in der warmen Sonne Spaniens auf die kommenden Saisonhöhepunkte vorbereitete. Der Fahrer stand dabei unter ständiger medizinischer Kontrolle, auch wird er weiterhin von den Ärzten umsorgt, da es gilt, eine Wiederholung des „Falles Colbrelli“ zu verhindern.

Leader oder Helfer?

Der letztjährige Sieger von Paris-Roubaix war am 21. März am Ziel der ersten Etappe der Katalonien-Rundfahrt in Sant Feliu de Guixols mit einem Herzstillstand zusammengebrochen. Er wurde reanimiert, überlebte und bekam inzwischen einen Defibrillator eingesetzt. Während Colbrelli laut über ein Comeback nachdenkt, heben die Fachleute warnend den Finger. Und darum ist auch ungewiss, ob der Italiener je einmal wieder ins Renngeschehen einsteigen wird.

Doch zurück zu Van Aert, der am Donnerstag nicht mit seinen Jumbo-Visma-Mannschaftskameraden Edoardo Affini, Christophe Laporte, Timo Roosen, Mike Teunissen, Mick van Dijke und Nathan Van Hooydonck an der Streckenbesichtigung von Paris-Roubaix teilnahm. Der Belgier, der seit Gent-Wevelgem (27. März) kein Rennen mehr bestritten hat, kennt die „Pavés“ in Nordfrankreich ohnehin zur Genüge. Dreimal schon nahm er an Paris-Roubaix teil, wobei er letztes Jahr mit einem 7. Rang sein bestes Klassement erzielte. Ob der Gewinner des „Het Nieuwsblad“ und des „E-3“-Klassikers allerdings auch morgen um den Sieg mitfahren kann, ist fraglich.

Spätestens auf den ersten Kopfsteinpflaster-Passagen wird Van Aert merken, wo er mit der Form dran ist. Sollte er sich nicht imstande fühlen, ganz vorne mitzufahren, wird er sich in den Dienst seiner Mannschaft und vor allem von Christophe Laporte stellen, mit dem er vor etwas mehr als drei Wochen mit erhobenen Armen zusammen ins Ziel beim „E-3 Saxo Bank Classic“ fuhr.

Laporte, der ein ausgesprochener „Rouleur“ und Sprinter ist, kommt die Witterung zugute. Für dieses Wochenende ist frühlingshaftes Wetter angesagt mit blauem Himmel, viel Sonne und Temperaturen über 20 Grad. Auf den trockenen Straßen und staubigen Passagen über die Kopfsteinpflaster sind die Tempobolzer demnach nicht im Nachteil gegenüber den ausgesprochenen „Pavé“-Spezialisten. Und darum muss neben Laporte auch ein Fahrer wie der italienische Zeitfahr-Weltmeister Filippo Ganna zu den Favoriten gezählt werden. Sollte Laporte es schaffen, wäre er der erste französische Paris-Roubaix-Sieger seit Frédéric Guesdon vor einem Vierteljahrhundert.

Hauptanwärter auf den Erfolg aber bleibt der Holländer Mathieu Van der Poel, der nach seinem Erfolg bei der „Ronde van Vlaanderen“ auch das zweite „Pavé“-Monument in sein Palmarès eintragen möchte. Für den Enkel von Raymond Poulidor und Sohn von Adrie Van der Poel ist es erst die zweite Teilnahme. Letztes Jahr klassierte er sich hinter dem Italiener Sonny Colbrelli und dem überraschend starken jungen Belgier Florian Vermeersch auf dem dritten Rang.

Dass die Rolle des Favoriten nicht immer eine leichte Bürde ist, erlebte Van der Poel eine Woche nach seinem Flandern-Triumph. Auf den heimischen Straßen des „Amstel Gold Race“ gelang es ihm nicht, Herr über das Peloton zu bleiben, sodass er in der Schlussphase Michal Kwiatkowski und Benoît Cosnefroy ziehen lassen musste. Hinter Tiesj Benoot kam Van der Poel auf den 4. Rang.

55 km „Pavés“

Bei der „Reine des Classiques“ ist mit Alex Kirsch im Trek-Segafredo-Team auch ein Luxemburger am Start. Es ist sein vierter Versuch nach 2018, 2019 und 2021. Das Ziel im Velodrom Jean Stablinski erreichte Kirsch bisher nicht.

Auf den 257,5 Kilometern von Compiègne nach Roubaix wird es 30 „Pavé“-Sektoren geben (insgesamt 55 km), darunter die „obligatorischen“ Abschnitte wie die „Tranchée“ (oder „Trouée“) d’Arenberg“, „Mons-en-Pévèle“ oder der legendäre „Carrefour de l’Arbre“.

Weil nach der „Tranchée d’Arenberg“ immerhin noch 92,5 km mit 18 „Pavé“-Sektoren verbleiben, kann die Entscheidung kaum dort fallen. Viel eher kommt der „Carrefour de l’Arbre“ rund 17 km vor Roubaix als „Scharfrichter“ infrage (2.100 m „Pavé“).

Genau wie die „Tranchée“ und der „Carrefour“ gehört der 3 km lange Sektor 11 von Mons-en-Pévèle (48 km vor dem Ziel) zu den Abschnitten, die von den Veranstaltern mit fünf Sternen, also dem höchsten Schwierigkeitsgrad, „ausgezeichnet“ wurden (siehe an anderer Stelle). Diese knubbeligen Sektoren müssen auch die Frauen (mit u.a. Christine Majerus) passieren, denn ab Hornaing (km 33) ist der Parcours bis ins Ziel der gleiche wie bei den Männern.

Alles ist demnach (auch für das weibliche Geschlecht) bestens gerichtet für Paris-Roubaix, „la dernière folie du cyclisme“, wie der frühere Tour-de-France-Direktor Jacques Goddet sein Rennen hochlobte.

Fakten

* 119. Paris-Roubaix am Sonntag, den 17. April 2022.
*  Beiname: „L’Enfer du Nord“ („Hölle des Nordens“). „Quel enfer“, sagte der Journalist Victor Breyer, als er erstmals die Landschaft nach dem Krieg 1914-18 sah. Der Beiname für das Radrennen war gefunden.
* 257,5 km mit 30 „Pavé“-Sektoren (insgesamt 55 km Kopfsteinpflaster) – (siehe an anderer Stelle).
* 175 Fahrer aus 25 Mannschaften am Start: Ag2r La Mondiale (F); Alpecin-Fenix (B); Astana Qazaqstan (KAZ); B&B Hotels P/B KTM (F); Bahrain Victorious (BAH); Bingoal Pauwels Sauces WB (B); Bora Hansgrohe (D); Cofidis (F); EF Education Easypost (USA); Groupama FDJ (F); Ineos Grenadiers (GB); Intermarché Wanty-Gobert (B); Israel – Premier Tech (ISR); Jumbo-Visma (NL); Lotto Soudal (B); Movistar Team (E); Quick-Step – Alpha Vinyl (Bel); Sport Vlaanderen – Bâloise (B): Team Arkea-Samsic (Fra); Team Bikeexchange – Jayco (AUS); Team DSM (D); TotalEnergies (F); Trek-Segafredo (USA); UAE Team Emirates (UAE); Uno – X Pro Cycling Team (N).
* Definitive Startliste erst am Samstag nach der Sitzung der Sportdirektoren (ab 16.00 Uhr).
* Ein Luxemburger Fahrer im Feld: Alex Kirsch (Trek-Segafredo).
* Provisorischer Start am Sonntag um 11.00 Uhr in Compiègne (Place du Palais). Definitiver Start um 11.15 Uhr außerhalb der Ortschaft auf der D130.
* Ankunft zwischen 17.00 und 17.45 Uhr in Roubaix (Vélodrome Jean Stablinski).
* Mannschaftsvorstellung heute Samstag von 14.00 bis 16.30 Uhr in Compiègne.
* Erstauflage: 1896. Sieger war der Deutsche Josef Fischer.
* Rekordsieger mit vier Erfolgen: Roger De Vlaeminck/B (1972, 1974, 1975, 1977), Tom Boonen (2005, 2008, 2009, 2012). Sechs Fahrer mit je 3 Siegen: Octave Lapize/F (1909, 1910, 1911), Rik Van Looy/B (1961, 1962, 1965), Eddy Merckx/B (1968, 1970, 1973), Francesco Moser/I (1978, 1979, 1980), Johan Museeuw/B (1996, 2000, 2002), Fabian Cancellara/CH (2006, 2010, 2013).
* Ein Luxemburger Sieger: François Faber (1913).
* Palmarès der letzten Jahre: Johan Museeuw/B (2000), Servais Knaven/NL (2001), Johan Museeuw/B (2002), Peter Van Petegem/B (2003), Magnus Backstedt/SW (2004), Tom Boonen/B (2005), Fabian Cancellara/CH (2006), Stuart O’Grady/AUS (2007), Tom Boonen/B (2008), Tom Boonen/B (2009), Fabian Cancellara/CH (2010), Johan Vansummeren/B (2011), Tom Boonen/B (2012), Fabian Cancellara/CH (2013), Niki Terpstra/NL (2014), John Degenkolb/D (2015), Matthew Hayman/AUS (2016), Greg Van Avermaet/B (2017), Peter Sagan/SLW (2018), Philippe Gilbert/B (2019), Sonny Colbrelli/I (2021) vor Florian Vermeersch/B und Mathieu Van der Poel/NL. Im Jahr 2020 wurde das Rennen wegen Covid-19 nicht ausgetragen.
* Wettquoten: Van der Poel 3,75; Pedersen 4,25; Van Aert 7,00; Asgreen 13,00; Laporte 13,00; Küng 15,00; Ganna 15,00; Senéchal 21,00; Kristoff 21,00; Mohoric 21,00; Stuyven 34,00; Politt 34,00; Lampaert 34; Stybar 51,00; Philipsen 51,00; Sagan (?) 51,00; Démare 51,00; Valgren 51,00; Degenkolb 67,00; Vanmarcke 67; Van Avermaet 101,00.
* Frauenrennen am Samstag, 16. April. Eine Luxemburger Fahrerin am Start: Christine Majerus (SD Worx). Die Strecke führt über 125 km. Start in Denain um 12.25 Uhr, Ankunft in Roubaix im Velodrom zwischen 15.40 und 16.00 Uhr. Insgesamt 17 Kopfsteinpflaster-Abschnitte mit einem Total von 30 km. Die Pavé-Sektoren sind identisch mit den letzten 82 km des Männerparcours.
* Preisgelder: Männer: 1. Platz 30.000 €, 2.: 22.000 €, 3.: 15.000 €, 4.: 7.500 €, 5.: 3.200 €, 6.: 1.700 €, 7.: 1.500 €, 8.: 1.300 €, 9.: 1.200 €, 10.: 1.100 € usw. 20 Fahrer werden belohnt, der 20. erhält 500 €. – Frauen: 1. Platz 20.000 €, 2.: 11.000 €, 3. 6.000 €, 4. 3.000 €, 5. 2.500 €, 6. 1.500 €, 7. 800 €, usw. 20 Fahrerinnen werden belohnt, die 20. erhält 200 €.
* Wetteraussichten: Sonntag (Männerrennen): sonnig – 14 Grad morgens in Compiègne, 21 Grad nachmittags in Roubaix. – Samstag (Frauenrennen): sonnig – 19 Grad im Ziel.
* Direkte Fernsehübertragung des Männerrennens am Sonntag bei Eurosport (ab 12.00), France 3 (10.50-11.40 und 12.55-17.50), Tipik (12.55-14.20); La Une (14.10) und RTL Télé Lëtzebuerg (14.00). – Damenrennen am Samstag bei Tipik (ab 13.30), France 3 (13.35), RTL Télé Lëtzebuerg (14.00) und Eurosport (15.15).