Für Scott Thiltges war es ein ganz besonderer Tag. Der Saisonhöhepunkt am Samstag war gleichzeitig das letzte Cyclocross-Rennen seiner Karriere. Zum krönenden Abschluss sollte unbedingt der zweite Landesmeistertitel her. Vor vier Jahren, auf der komplett vereisten Strecke neben den Baggerweihern in Remerschen, hatte sich der jetzt 29-Jährige etwas überraschend durchgesetzt. In den Ettelbrücker „Däichwisen“ schien keiner ihm das Wasser reichen zu können. Sein Fokus war zunächst auf seine direkten Konkurrenten bei der Elite gerichtet.
Bereits im ersten Renndrittel war zu erkennen, dass seine Hauptkonkurrenten Raphaël Kockelmann (CCI Differdingen) und Ken Conter (Snooze-VSD) kaum noch für den Sieg infrage kommen würden.
Ähnlich wie bei seiner beeindruckenden Vorstellung am 19. Dezember an gleicher Stelle setzte sich der Alzinger resolut an die Spitze des Feldes, zusammengesetzt aus 15 Espoirs- und 16 Elitefahrern. Vor drei Wochen war Scott Thiltges, eigener Aussage nach, eine seiner besten Karriereleistungen gelungen. Diesmal hielt seine Solofahrt allerdings nicht bis ins Ziel. In der fünften der insgesamt acht Runden auf dem durch den Regen immer tiefer werdenden Strecke hatte sich Bettendorff herangekämpft.
Raphaël Kockelmann hatte zu diesem Zeitpunkt bereits einen Rückstand von 35 Sekunden auf das Spitzenduo. Dahinter folgten die beiden Espoirs Mats Wenzel und Cédric Pries (beide Leopard Pro Cycling) auf 50 bzw. 55 Sekunden. Nach einem komplizierten Rennbeginn konnte Mats Wenzel seinen Teamkollegen knapp distanzieren und sich damit über Platz zwei freuen: „Gleich in der ersten Runde kam ich im Sand zu Fall und hatte dadurch den Kontakt zu Loïc verloren. Danach unterliefen mir einige Fehler. Dabei ging ich noch einmal zu Boden und musste ich mich mit viel Kraftaufwand zurückkämpfen. Zum Schluss habe ich alles gegeben und bin ganz froh, trotz eines Problems an der Gangschaltung, noch Rang zwei erreicht zu haben“, so Wenzel, der im Zielbereich, wie sämtliche Fahrer, kaum wiederzuerkennen war. Viel mehr als der Schlamm war es jedoch die Kälte, die den Konkurrenten, während gut einer Stunde, schwer zusetzte.
Schwierige Bedingungen
Der stämmige Kockelmann, der bei der Elite vor Ken Conter auf Rang zwei kam, 1:02 hinter Thiltges, zitterte wie Espenlaub und hatte Schwierigkeiten, seine Renneindrücke zu schildern: „Es war eiskalt. Ich habe alles gegeben, was ich hatte. Nach dem Start konnte ich das Tempo von Scott zunächst mitgehen. Danach entstand ein größeres Loch. Ich wusste, dass Loïc imstande war, zu Scott aufzuschließen. Ich war allerdings wegen der Kälte und der Nässe, die mir normalerweise keine Probleme bereiten, nicht in der Lage, sein Tempo mitzugehen. Scott war mir von der Kraft her nicht unbedingt überlegen. Ihm kam vielmehr der technisch anspruchsvolle Parcours entgegen“, so der 22-Jährige, der alles dransetzen wird, um sich den Titel im kommenden Jahr zu holen.
Thiltges wird dieses Rennen dann, wie Lex Reichling, der Landesmeister von 2020, es bereits in diesem Jahr getan hat, von der anderen Seite des Flatterbandes begutachten. Im Ziel wurde er von seinem freudestrahlenden Vater und seiner Verlobten in Empfang genommen: „Es war ein extrem schweres Rennen, eines der härtesten in meiner gesamten Karriere. Ich hatte großen Respekt vor der Strecke. Trotz eines guten Starts habe ich mich nicht getraut, voll durchzuziehen. Vielleicht wäre das im Endeffekt die bessere Taktik gewesen. Loïc war heute etwas stärker. Zum Glück ist er in einer anderen Kategorie gefahren als ich. Es ist schön, zu sehen, dass der Nachwuchs auf einem hohen Level fährt. Ich bin extrem froh, meine Karriere mit dem Titel zu beenden. Schöner kann man nicht aufhören“, so der glückliche Cyclocross-Frührentner. Auf dem Siegerpodest ließ er es sich nicht nehmen, ein paar Schlucke Sekt aus dem Schuh zu „genießen“, mit dem er kurz zuvor noch durch den Matsch gewatet war.
Erst am Anfang seiner Karriere steht Loïc Bettendorff, der seit Anfang des Jahres das Trikot der dänischen Kontinentalformation Riwal Cycling trägt. Nach einer kräfteraubenden Aufholjagd ist es dem Espoirs-Landesmeister von 2020 nicht nur gelungen, sich zum zweiten Mal ins Palmarès einzutragen. Der ehemalige Fußballspieler, der seine Leidenschaft zum Radsport relativ spät entdeckt hat, beeindruckte die zahlreichen Radsportanhänger mit seinem furiosen Finale. Mit einem Vorsprung von elf Sekunden gewann der Sohn des stolzen Präsidenten des Cycling Team Atertdaul auch das Prestigeduell gegen Thiltges: „Nachdem ich meine direkten Konkurrenten Cédric und Mats abgehängt hatte, bin ich in meinem Rhythmus weitergefahren, um Scott einzuholen. Nachdem ich an ihm dran war, konnte ich die entscheidende Attacke setzen. In den Abschnitten, wo Krafteinsatz gefragt war, war ich Scott etwas überlegen“, erzählte der Gewinner des Tages, der nach seinem Zieleinlauf völlig erschöpft, aber hochzufrieden zu Boden sank. Nach der Kälte und dem Schlamm steht für Loïc Bettendorff jetzt ein Trainingslager im spanischen Calpe auf dem Programm.
Ergebnis
Elite/Espoirs (31 Teilnehmer)
1. Loïc Bettendorff (1. Espoir – Riwal) in 1:03:18
2. Scott Thiltges (1. Elite – LG Alzingen) auf 0:11
3. Raphaël Kockelmann (CCI Differdingen) 1:13
4. Mats Wenzel (2. Espoir – Leopard Pro Cycling) 1:35
5. Cédric Pries (3. Espoir – Leopard Pro Cycling) 1:44
6. Ken Conter (Leopard Pro Cycling) 3:15
7. Noé Ury (4. Espoir – Dauner-Akkon) 4:05
8. Claude Wolter (CT Kayldall)
9. Eric Meyers (CT Kayldall) beide 4:21
10. Alexandre Kess (5. Espoir – CT Kayldall) 4:34
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können