„J’aime la Flèche Wallonne, je reste à la maison“. Unter diesem Motto findet heute die 85. Auflage des „Wallonischen Pfeils“ statt. Um die Fahrer und sich selbst zu schützen, sind die Radsportliebhaber gebeten, zu Hause zu bleiben und das Rennen am Bildschirm zu verfolgen. Bei der „Flèche“ gelten also dieselben Regeln wie vor drei Tagen beim Amstel Gold Race und an Ostersonntag bei der Ronde van Vlaanderen. Der Sport darf, das Publikum nicht. „Ohne diese Grundbedingung wäre die Austragung des Klassikers unmöglich gewesen“, so Renndirektor Christian Prudhomme.
Eine Anmerkung gleich zum Startort. Bis zum Jahr 2012 war Charleroi (Provinz Hainaut) der Ausgangspunkt der „Flèche“, danach ließen die Organisatoren auch Städte der anderen Provinzen der „Région wallonne“ (Brabant wallon, Hainaut, Liège, Namur und Luxembourg) zum Zuge kommen. Dieses Jahr kehrt das Rennen nach Charleroi zurück, wo das Peloton allerdings nicht wie seinerzeit vom „Stade du Pays de Charleroi“, sondern vom „Dôme“, der nördlich vom Stadion gelegenen Mehrzweckhalle, auf Reisen geschickt wird.
Die Sieger der drei großen Tours
Trotz des Standortwechsels ändert sich für die 25 teilnehmenden Mannschaften nicht viel. Alle wissen, wie und wo es bei der „Flèche“ langgeht. Zuerst steht eine über 120 km lange „Anfahrtsstrecke“ mit einigen leichteren Anstiegen auf dem Fahrplan, dann folgen auf den restlichen 70 km die Steigungen, die für schwere Beine sorgen.
Insgesamt geht es 2021 ein Dutzend Mal den Berg hoch, wobei die „Mur de Huy“ (1,3 km à 9,7%) traditionsgemäß dreimal erstiegen werden muss. Neu ist seit 2020 die „Côte du Chemin des Gueuzes“ (1,9 km lang, 6,5% steil), die im Schlussteil zwischen die „Côte d’Ereffe“ (2,2 km à 5,6%) und den Fuß der „Mauer“ eingebaut wurde. Vom Scheitel der „Gueuzes“ bis nach Huy sind es nicht einmal 10 km.
Bei der „Flèche Wallonne“, die als erste Revanche zum Amstel Gold Race gilt, (die zweite – Liège-Bastogne-Liège – folgt am Sonntag) sind fast dieselben Fahrer wie in Holland am Start. Einige wie der verletzte Bob Jungels müssen pausieren, andere stoßen hinzu, weil ihnen das Terrain besser liegt oder sie die knapp 200 km als letzte Vorbereitung auf das „Monument“ vom nächsten Wochenende ansehen.
Erstaunlich ist, dass in der „Liste des engagés“ die Sieger der drei großen Rundfahrten von 2020 auftauchen. Tour-Gewinner Tadej Pogacar versucht sich zum dritten Mal an der „Mauer“ (Platz 53 im Jahr 2019, 9. im Jahr 2020), Giro-Sieger Tao Geoghegan Hart ist ebenfalls zum dritten Mal dabei (112. im Jahr 2017, 79. im Jahr 2018) während Vuelta-Dominator Primoz Roglic vor seiner ersten Teilnahme steht.
Dem Slowenen, der im Herbst 2020 etwas überraschend bei Liège-Bastogne-Liège gewinnen konnte, klebte am Sonntag im letzten Anstieg des Cauberg das Pech am Rad. Wegen eines Defekts musste er genau in dem Moment die Rennmaschine wechseln, als vorne der gute Zug abdampfte.
Obwohl die „Flèche“ für Roglic Neuland bedeutet, zählt er zu den absoluten Favoriten. Die Baskenland-Rundfahrt hat er in blendender Form mit einem Gesamtsieg abgeschlossen. In den belgischen Ardennen will er noch einmal hoch hinaus, nach Liège-Bastogne-Liège für zwei Monate auf Rennen verzichten und sich bis zum Start der Tour de France (26. Juni) in Tignes auf die „Grande boucle“ vorbereiten.
Valverdes 15. Teilnahme
Dass man den legendären Anstieg in Huy auch beim ersten offiziellen Versuch zähmen kann, demonstrierte vor einem halben Jahr der Gewinner von 2020, Marc Hirschi, auf eklatante Art und Weise. Neben dem Schweizer sind heute Mittwoch weitere „Flèche“-Gewinner mit dabei. So der Franzose Julian Alaphilippe, der 2018 und 2019 einen Doppelerfolg feierte, der Belgier Philippe Gilbert, der seinen Namen vor zehn Jahren ins Palmarès eintrug, und der Spanier Alejandro Valverde, der den steilen Anstieg wie kein anderer kennt.
Valverde ist der Rekordsieger von Huy. Er gewann gleich fünfmal (2006, 2014, 2015, 2016, 2017), war zweimal Zweiter und zweimal Siebter. Heute startet er zum 15. Mal beim Ardennen-Klassiker, am Sonntag, wenn Liège-Bastogne-Liège ansteht, feiert er seinen 41. Geburtstag!
Für Bob Jungels, der am Sonntag stürzte und auf Anraten der Mannschaftsärzte von Ag2r-Citroën eine Pause von einer Woche einlegt, wäre es die siebente Teilnahme an der „Flèche“ gewesen. Sein Team setzt große Hoffnungen in den jungen Franzosen Benoît Cosnefroy, der 2020 überraschend auf Platz 2 fuhr und dieses Jahr als Außenseiter gilt.
Ähnliche Chancen rechnet man auch dem neuen britischen Stern am Radsporthimmel, Thomas Pidcock, aus. Ein Sieg des Engländers oben in Huy käme nach dessen Erfolg beim „Brabantse Pijl“ und dem zweiten Platz beim Amstel Gold Race nicht einmal überraschend.
Einziger Luxemburger Fahrer am Start ist Luc Wirtgen. Für den 22-Jährigen (geb. am 7.7.1998 in Dippach), der den holländischen Klassiker am Sonntag auf dem 46. Platz beendete, ist es die erste Teilnahme an der Flèche Wallonne. Seine Mannschaftskameraden im Bingoal-Team sind der Holländer Mathijs Paaschens sowie die Belgier Laurens Huys, Rémy Mertz, Kenny Molly, Tom Paquot und der 36-jährige Jelle Vanendert. Letzterer bringt Erfahrung mit. Es ist sein 14. Start bei der „Flèche“. Fünfmal fuhr er unter die Top Ten, 2018 stand er als Dritter sogar auf dem Podium.
Fakten
* 85. Flèche Wallonne über 193,6 km von Charleroi nach Huy mit dreimaliger Ersteigung der „Mauer von Huy“ (Schnitt 9,3%).
* Wegen Covid-19 unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
* Gegründet 1936 von der belgischen Zeitung Les Sports (heute La Dernière Heure/Les Sports).
* Erster Sieger: Philippe Demeersman (Bel).
* Rekordsieger mit fünf Erfolgen: Alejandro Valverde (Esp) (2006, 2014, 2015, 2016, 2017). Je drei Siege: Marcel Kint (Bel) 1943, 1944, 1945; Eddy Merckx (Bel) 1967, 1970, 1972; Moreno Argentin (Ita) 1990, 1991, 1994; Davide Rebellin (Ita) 2004, 2007, 2009.
* Ein Luxemburger Fahrer auf dem Siegerpodest: Kim Kirchen 2008.
* Start um 11.15 Uhr in Charleroi (Dôme), Ankunft zwischen 16.05 und 16.40 Uhr auf der „Mur de Huy“.
* 193,6 km mit 12 Bergwertungen: km 51,5 Côte d’Yvoir (1); km 85,7 Côte de Thon (2); km 94,9 Côte de Groynne (3); km 100,4 Côte de Haut-Bois (4); km 114,7 Côte de Gives (5); km 130 Mur de Huy (6 – erste Durchfahrt ca. 14.50 Uhr); km 142,7 Côte d’Ereffe (7); km 152,2 Côte du Chemin des Gueuzes (8); km 161,8 Mur de Huy (9 – zweite Durchfahrt, ca. 15.35 Uhr); km 174,4 Côte d’Ereffe (10); km 183,9 Côte du Chemin des Gueuzes (11); km 193,6 Mur de Huy (12 – Ankunft, gegen 16.20).
* 25 Mannschaften mit je 7 Fahrern am Start: Ag2r La Mondiale (Fra); Alpecin-Fenix (Bel); Astana Premier Tech (Kaz); Bahrain Victorious (Brn); Bingoal WB (Bel); Bora Hansgrohe (Ger); Cofidis (Fra); Deceuninck-Quick-Step (Bel); Deko (Fra); EF Education Nippo (USA); Gazprom-Rusvelo (Rus); Groupama FDJ (Fra); Ineos-Grenadiers (GBR); Intermarché Wanty-Gobert Matériaux (Bel); Israel Start-up Nation (Isr); Jumbo Visma (Ned); Lotto Soudal (Bel); Movistar Team (Esp); Sport Vlaanderen-Bâloise (Bel); Team Arkéa-Samsic (Fra); Team Bike Exchange (Aus); Team DSM (Ger); Team Qhubeka Assoss (Rsa); Trek-Segafredo (USA); UAE Team Emirates (UAE).
* Ein Luxemburger Fahrer am Start: Luc Wirtgen (Bingoal).
* Preisgelder: 1. Platz: 16.000 Euro, 2. Platz: 8.000 Euro, 3. Platz: 4.000 Euro, 4. Platz: 2.000 Euro, 5. Platz 1.600 Euro, usw. Insgesamt gibt es für 40.000 Euro Preisgelder.
* UCI WorldTour-Punkte: 1. 500 Punkte; 2. 400; 3. 325; 4. 275; 5. 225; 6. 175; 7. 150; 8. 125: 9. 100; 10. 85 Punkte.
* Wetter: heiter bis wolkig, Regenschauer möglich, 9 Grad beim Start in Charleroi, 11 Grad am Ziel in Huy.
* Die letzten Sieger: 1999: Paolo Savoldelli (Ita); 2000: Francesco Casagrande (Ita); 2001: Rik Verbrugghe (Bel); 2002: Mario Aerts (Bel); 2003: Igor Astarloa (Esp); 2004: Davide Rebellin (Ita); 2005: Danilo Di Luca (Ita); 2006: Alejandro Valverde (Esp); 2007: Davide Rebellin (Ita); 2008: Kim Kirchen (Lux); 2009: Davide Rebellin (Ita); 2010: Cadel Evans (Aus); 2011: Philippe Gilbert (Bel); 2012: Joaquim Rodriguez (Esp); 2013: Daniel Moreno (Esp); 2014: Alejandro Valverde (Esp); 2015: Alejandro Valverde (Esp); 2016: Alejandro Valverde (Esp); 2017: Alejandro Valverde (Esp); 2018: Julian Alaphilippe (Fra); 2019: 1. Julian Alaphilippe (Fra); 2020: 1. Marc Hirschi (Sui), 2. Benoît Cosnefroy (Fra), 3. Michael Woods (Can), …70. Bob Jungels, 1’54 zurück, 88. Michel Ries 4’40“ zurück.
* Direkte Fernsehübertragung bei LaUne (13.40), Eurosport (14.15), RTL Télé Lëtzebuerg (14.30), FR3 (14.45). P.L.
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