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Amstel Gold RaceMillimeterarbeit: Van Aert gewinnt das Amstel Gold Race vor Pidcock

Amstel Gold Race / Millimeterarbeit: Van Aert gewinnt das Amstel Gold Race vor Pidcock
Aus dieser dreiköpfigen Gruppe mit Maximilian Schachmann, Thomas Pidcock und Wout van Aert kam der Sieger Foto: Vincent Jannink/AFP

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45 Jahre nach Freddy Maertens gelang Wout Van Aert gestern das Doublé Gent-Wevelgem – Amstel Gold Race. Beim siegreichen Sprint gegen den Engländer Thomas Pidcock entschieden Millimeter für den Belgier. Luc Wirtgen (46.) war bester Luxemburger, sein Bruder Tom wurde 106. Bob Jungels stürzte und musste aufgeben.

„Das war sehr eng“, meinte Belgiens neuer Stern am Klassikerhimmel Wout Van Aert, nachdem er sich das Zielfoto des Amstel Gold Race auf dem Handy eines Rennkommissars angesehen hatte. Knapper hätte in der Tat ein Wettbewerb nicht enden können. Es dauerte Minuten, bis die Jury sich einig war, dass Van Aerts Vorderreifen zuerst den ominösen Strich berührte, der über Sieg und Niederlage entschied.

Der Belgier war den Sprint gegen seine beiden Begleiter, den jungen Engländer Thomas Pidcock und den Deutschen Maximilian Schachmann, von der denkbar schlechtesten Position angegangen. Die drei Fahrer, die sich im Schlussteil des Rennens absetzten und mit rund 15 Sekunden Vorsprung auf die Zielgerade kurvten, beäugten sich bis rund 200 m vor dem Strich und liefen Gefahr, ein ähnliches Schicksal zu erleiden wie vor zwei Jahren Julian Alaphilippe und Jakob Fuglsang. Damals war Mathieu Van der Poel auf den letzten Metern an beiden vorbeigerast.

Wie Maertens vor 45 Jahren

Als Van Aert gestern genug des Katz-und-Maus-Spiels hatte, zog er den Endspurt von der Spitze aus an. Schachmann war schachmatt, doch Pidcock wehrte sich vehement und zog nach rechts an des Belgiers Seite. Beide fuhren praktisch zusammen ins Ziel. Wer hatte gewonnen? Das Fernsehbild lieferte auf den ersten Blick nicht den Beweis von Van Aerts Sieg, man hätte gar meinen können, Pidcock wäre ein Haar näher am Erfolg gewesen als sein Gegner. Die Entscheidung der Jury musste Klarheit bringen. Die Beratungen zogen sich hin und dauerten 13 Minuten. Schließlich wurde Van Aert auf Platz eins klassiert.

Für den dreifachen Cyclocross-Weltmeister (2016, 2017, 2018) war der Sieg beim Amstel Gold Race der zweite große Erfolg in der Saison 2021. Vor drei Wochen setzte sich der Belgier bei Gent-Wevelgem durch. Danach musste er sich mit Ehrenplätzen zufriedengeben. Noch am letzten Mittwoch war er beim „Brabantse Pijl“ von Thomas Pidcock, den er gestern bezwang, auf den zweiten Platz verwiesen worden.

Van Aert ist nach seinem Landsmann Freddy Maertens (1976) der einzige Fahrer, dem das Doppel Gent-Wevelgem – Amstel Gold Race gelang. Erstmals seit 20 Jahren (Erik Dekker 2001, Rabobank) sorgte er dafür, dass ein Fahrer eines holländischen Teams (Jumbo-Visma) beim einzigen Klassiker der Niederlande ganz oben auf dem Podium stand.

Mailand-Sanremo 2020 bleibt Van Aerts bisher größter Erfolg auf der Straße. In den beiden letzten Jahren gewann der 26-Jährige (geb. am 15.9.1994 in Herentals) die belgische Meisterschaft im Einzelzeitfahren. In seinem Palmarès stehen auch drei Etappen und die Punktwertung des Critérium du Dauphiné (2019, 2020), das Mannschaftszeitfahren und die zehnte Etappe der Tour de France 2019, zwei Etappen der Tour de France 2020 und zwei zweite Plätze bei den Weltmeisterschaften 2020 (Zeitfahren, Straße). Im Juli 2019 stürzte er beim „Contre-la- montre“ von Pau so schwer, dass manche ein vorzeitiges Karriereende befürchteten. Van Aert schlitterte in die Absperrung und zog sich eine tiefe Fleischwunde am Oberschenkel zu, die zwei Operationen und eine monatelange Zwangspause nach sich zog. Dass er ein Jahr später wieder topfit war, grenzte an ein kleines Wunder.

Wout Van Aert wollte den ersten Teil seiner Saison eigentlich schon nach der Flandern-Rundfahrt (Platz 6) beenden. Weil aber Paris-Roubaix in den Herbst verlegt wurde, ließ er sich zu einem Start beim „Amstel“ überreden. Jetzt legt er bis zum „Critérium du Dauphiné“ eine Pause ein. Danach bestreitet er die belgischen Meisterschaften, die Tour de France sowie das Zeitfahren und das Straßenrennen bei den Olympischen Spielen von Tokio. „Eine Goldmedaille bei den Spielen ist der absolute Traum. Ich möchte liebend gern die Nachfolge von Greg Van Avermaet (Gold in Rio) antreten.“

Jungels‘ Sturz

Von den drei Luxemburger Fahrern, die am „Amstel“ teilnahmen, schnitt Luc Wirtgen am besten ab. Er klassierte sich in einem zweiten Peloton, das 2:12 Minuten hinter den Spitzenleuten übers Ziel fuhr, als 46. Sein Bruder Tom wurde 106. auf 6:17 Minuten.

Bob Jungels war vom Pech verfolgt. Rund 52 km vor dem Ziel wurde er in einen Sturz im Peloton verwickelt. Jungels lag eine Zeit lang auf der linken Straßenseite, auf den Fernsehbildern sah man, dass er die linke Kopfpartie betastete. Eine Platzwunde auf der Stirn über dem linken Auge wurde von einer Sanitäterin behandelt. An ein Weiterfahren war nicht zu denken.

Im Überblick

55. Amstel Gold Race (1.UWT), von Valkenburg nach Berg en Terblijt (218,6 km)
1. Wout Van Aert (B/Jumbo) in 5:03:29 Stunden
2. Tom Pidcock (GB/Ineos) gleiche Zeit
3. Maximilian Schachmann (D/Bora) gleiche Zeit
4. Michael Matthews (ASU/BikeExchange) +0:03 Minuten
5. Alejandro Valverde (E/Movistar) +0:03
6. Julian Alaphilippe (F/Deceuninck) +0:03
7. Kristian Sbaragli (I/Alpecin) +0:03
8. Michal Kwiatkowski (POL/Ineos) +0:03
9. Matej Mohoric (SLO/Bahrain) +0:03
10. Tosh Van der Sande (B/Lotto) +0:03
… 46. Luc Wirtgen (LUX/Bingoal)+2:12
… 106. Tom Wirtgen (LUX/Bingoal) +6:17 
DNF Bob Jungels (LUX/Ag2r)