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CoronaWas Tierproduktkonsum mit Pandemien zu tun hat

Corona / Was Tierproduktkonsum mit Pandemien zu tun hat
In der Massentierhaltung stehen Tiere dicht an dicht Foto: Kenzo Tribouillard/AFP

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Immer wieder schaffen gefährliche Krankheiten den Artensprung von nichtmenschlichen Tieren auf den Menschen. Auch bei der grassierenden SARS-Cov2-Pandemie war dies der Fall. Es besteht der begründete Verdacht, dass das Virus auf einem Markt in der chinesischen Stadt Wuhan, auf dem u.a. Fleisch angeboten wurde, seinen Weg von Fledermäusen, möglicherweise über einen Zwischenwirt, auf den Menschen gefunden hat. Die Rolle, die der Konsum von Tieren und Tierprodukten und insbesondere die industrielle Tierhaltung bei der Verbreitung von Krankheiten spielen, wird in der breiten Öffentlichkeit bislang allerdings kaum diskutiert.

Die Corona-Krise ist noch nicht vorbei, aber Kurt Schmidinger ist sich sicher, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die nächste, vielleicht noch verheerendere sanitäre Krise eintrifft. Irgendwie, sagt er, seien im Moment alle bloß mit den Symptomen der Krise beschäftigt. Die Menschen fragten sich, was mit ihrer Arbeit sei, wann die Schulen wieder öffnen und wann wieder Fußball gespielt werde. An Ursachenbekämpfung denke derzeit kaum jemand. Eine nächste Pandemie sei vielleicht dann so schlimm, dass sie nicht mehr zu stemmen sei.

Schmidinger ist Lebensmittelwissenschaftler, Geophysiker und wissenschaftlicher Beirat der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt. Und er ist einer der wenigen, die bislang im deutschsprachigen Raum über die Zusammenhänge von Tierproduktkonsum und Pandemien geschrieben haben. „Derzeit laufen wir parallel in zwei Szenarien rein. Das eine ist eine weitere Pandemie, die von einem Virus ausgeht. Das andere ist die Problematik der multiresistenten Keime durch den massenhaften Einsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung“, warnt Schmidinger.

Krankheiten, die von Tier zu Mensch und umgekehrt übertragen werden können, werden als Zoonosen bezeichnet. Zu ihnen gehören prominente Viren wie die Maul- und Klauenseuche, das Hantavirus, Ebola, Tollwut und die Vogelgrippe.

Auch neue Erkrankungen finden so ihren Weg zum Menschen. Die Zahlen schwanken je nach Quelle. In einer Veröffentlichung der Welternährungsorganisation (FAO) von 2009 heißt es: „Etwa 75 Prozent der neuen Krankheiten, die den Menschen in den letzten zehn Jahren befallen haben, werden durch Krankheitserreger verursacht, die von Tieren oder von Produkten tierischen Ursprungs stammen.“

Damit es eine Pandemie gibt, müssen einige Bedingungen erfüllt sein, so Schmidinger. Die Viren müssen etwa in großem Maßstab vorhanden sein und die Gelegenheit haben, zu mutieren. Außerdem müssen sie die Fähigkeit haben, krank zu machen. „Sie müssen irgendwie auf uns Menschen zukommen und in einem letzten Schritt von Mensch zu Mensch übertragbar sein.“ Wenn eine Infektion (wie im Falle von Corona) nicht sofort erkennbar ist und nicht bei jedem Symptome auslöst, ist das förderlich für die Verbreitung.

Brutstätten für Krankheiten

Ein Betrieb in der Massentierhaltung wirkt dabei wie eine Petrischale. „Das sind gewissermaßen Brutstätten“, so Schmidinger im Gespräch mit dem Tageblatt. Geschieht das Ungewollte und eines der Tiere wird mit einem Krankheitserreger infiziert, dann hat das Virus leichtes Spiel. Der Erreger kann sich ausbreiten. „Wenn eines von ihnen krank wird, dann werden alle krank“, so Schmidinger. „In der industriellen Tierhaltung passiert das Gegenteil von sozialer Distanzierung.“ Während Menschen sich fernbleiben, um eine Ansteckung zu verhindern, können Tiere – die sich genetisch noch dazu sehr ähneln – in einer solchen Tierhaltung nicht anders, als dicht an dicht zu stehen. „Dass wir dort neue Viren züchten, ist unbestritten.“

Anders als im Stall könne ein gefährliches Virus sich in der Natur nicht gut ausbreiten. Der Wirt sterbe in der Regel, bevor er viele andere Tiere angesteckt hat, so Schmidinger. Im Stall wird dieser Mechanismus ausgehebelt.

Dass diese Erreger in den Betrieben bleiben und nicht herauskommen, hält Schmidinger für unrealistisch. „Die Agrarindustrie argumentiert, dass die Betriebe hermetisch abgeriegelt sind“, sagt er. Das aber hält er für nicht möglich. Wenn in Laboratorien mit Erregern wie H5N1 (Vogelgrippe) hantiert wird, dann werden besondere Sicherheitsmaßnahmen ergriffen. Die Abluft wird zum Beispiel gefiltert und die Mitarbeiter tragen Sicherheitsanzüge. Auf die Betriebe der industriellen Nutztierhaltung trifft das nicht zu. Mitarbeiter gehen ein und aus. Neben den Tierprodukten verlassen Staub, Insekten und Exkremente die Stallanlagen und mit ihnen auch potenzielle Erreger, erklärt Schmidinger. „Von einer hermetischen Abriegelung gibt es keine Spur.“

Krankheiten aus dem Regenwald

Doch es gibt noch einen anderen Übertragungsweg, der indirekt mit der Tierindustrie zusammenhängt. Damit Tierprodukte hergestellt werden können, müssen die Tiere gefüttert werden. Dabei werden viel mehr Kalorien verfüttert als sich später in den Tierprodukten befinden, da die Tiere den Großteil dieser Energie für ihren Stoffwechsel brauchen. In dieser Hinsicht ist die industrielle Tierhaltung sehr ineffizient. Enorme Mengen an Futtermittel müssen importiert werden. „Die Flächen um das Futter anzubauen haben wir nicht in Europa. Die befinden sich zum Beispiel in Südamerika“, erklärt Schmidinger. Dabei werden Regenwälder zerstört. „Und dabei kommen wir in Kontakt mit Wildtieren, mit denen wir normalerweise nicht kommen würden, weil wir ihnen den Lebensraum wegnehmen“, so Schmidinger. Durch den starken Eingriff in die Natur würden einige Arten aussterben und andere überhandnehmen, erklärt Schmidinger. Das fördere die Verbreitung von Viren. Damit sei die Nutztierhaltung auch indirekten mitverantwortlich für das Überspringen von Krankheiten von Wildtieren auf den Menschen.

Das SARS-Cov2-Virus stammt bisherigen Erkenntnissen zufolge nicht aus der industriellen Tierhaltung, sondern von einem Lebensmittelmarkt. „Würden Tiere nicht auf unserem Speiseplan stehen, dann hätten wir auch dieses Problem nicht“, folgert Schmidinger.

Darauf angesprochen, hatte auch der deutsche Virologe Christian Drosten in der Vergangenheit über den Zusammenhang von Krankheiten und Massentierhaltung gesprochen. Er sagte gegenüber dem Stern: „Der aktuelle Grund sollte jetzt sehr überzeugend sein, notwendige Veränderungen in Angriff zu nehmen. Das Problem ist der Fleischhunger in der sich ausweitenden Gesellschaft.“ Daneben sprach er auch die Zucht von Marderhunden für die Textilindustrie an. Drosten äußerte seine Vermutung, dass hier ein „Problem schlummert“.

Unwirksame Antibiotika

Parallel dazu warnt Schmidinger – aber nicht nur er – vor dem Einsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung. Der großflächige Einsatz dieser Mittel begünstigt die Entstehung von multiresistenten Keimen, gegen die Antibiotika dann wirkungslos sind. In Deutschland sei der Verbrauch von Antibiotika in der Nutztierhaltung zurückgegangen, erklärt Schmidinger. Weil es gefordert wurde. Allerdings bedeute das nur, dass die Landwirte jetzt auf effizientere Antibiotika setzen. Das verschlimmere die Lage allerdings, meint der Experte, weil so auch diese Antibiotika unbrauchbar gemacht werden könnten.

Laird Glenmore
30. Mai 2020 - 9.26

@TNT
eine vegetarische Lebensweise ist nicht vielleicht sinnvoller

Also ich esse lieber Produkte von Ansässigen Landwirten inkl. dem dazugehörigen Fleisch aus Freilandhaltung als GEN manipuliertes Gemüse, Obst und Pestizide verseuchtes Agrargut.
Bevor jetzt wieder Bemerkungen wie " nennen sie uns Namen damit wir die Personen anzeigen können ", es gibt direkt hinter der Grenze auf deutscher Seite hervorragende BIO Bauern die Staatlich überprüft werden.
Man muß kein Treibhaus Gemüse oder Tiere aus unmenschlichen Massenhaltungen essen, aber wie gesagt das ist nur meine Meinung.

TNT
29. Mai 2020 - 16.41

@Xavier@cesha
völlig korrekt
Die Haustiere werden vergöttert, aber abends gibt es Wurst.
Die Lebensweise muss geändert werden, Billigfleisch etc.
Schlachttiere werden behandelt wie der letzte Dreck.
Und eine vegetarische Lebensweise ist nicht vielleicht sinnvoller,
sondern ganz bestimmt!

CESHA
29. Mai 2020 - 13.35

".... wird in der breiten Öffentlichkeit bislang allerdings kaum diskutiert."
Ein Aufschrei geht nur durch den Blätterwald, wenn man in einem Post die Frage stellt, ob eine vegetarische Lebensweise nicht vielleicht doch sinnvoller sei.

xavier
29. Mai 2020 - 13.25

Alle Erkältungen und Grippeviren kommen von Tieren.
So lange wir nicht alle Vegetarier werden, wird sich das wohl kaum ändern.
Dazu braucht man keine Fledermäuse, wir hatten ja auch schon verrückte Kühe und Schafe.

TNT
29. Mai 2020 - 7.57

seinen Weg von Fledermäusen, möglicherweise über einen Zwischenwirt,
Nun laut Spiegel und ihrem luxemburgischem Konkurrenzblatt handelte es sich um ein Schuppentier, wobei der Virus auf den Menschen übertragen wurde.
Vielleicht war das Schuppentier den Zwischenwirt?
Fledermäuse und Schuppentiere...Sachen gibts.
Und warum wird in Laboratorien mit Erregern wie H5N1 (Vogelgrippe) hantiert? Ist nur ne Frage.