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GenderWarum Luxemburg bei der Gleichstellung in der Wissenschaft lahmt

Gender / Warum Luxemburg bei der Gleichstellung in der Wissenschaft lahmt
Junge Menschen entdecken Wissenschaft im Science Center in Differdingen – unabhängig vom Gender Foto: Editpress/Tania Feller

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Über die letzten Jahre hat sich Luxemburg zu einer Wissensgesellschaft gewandelt. Die Statistik zeigt allerdings eine deutliche Schieflage bei den Geschlechtern. Yves Greis hat versucht, sich einen Überblick zu verschaffen.

Vor nicht allzu langer Zeit war Esch-Belval eine Industriebrache. Heute ist das Viertel die Heimat der Universität, von Forschungszentren und einer ganzen Reihe von Start-ups. Stillgelegte Hochöfen und moderne Bauten aus Glas und Beton stehen dicht an dicht. In der Universitätsbibliothek verschmelzen die zwei Epochen der Luxemburger Geschichte geradezu. Das Gebäude des renommierten Architektenbüros Valentiny integriert die Überreste der Geschichte in das hochmoderne, sonnengeflutete Gebäude.

Belval illustriert auf bemerkenswerte Art und Weise den Wandel Luxemburgs hin zu einer Wissensgesellschaft. Eine Wissensgesellschaft, in der Frauen immer noch deutlich unterrepräsentiert sind. Bemerkenswerterweise in Luxemburg mehr als in anderen europäischen Ländern. Das zeigt sich unter anderem beim Anteil der Professorinnen an der Universität. Von den 267 Lehrenden an der Universität Luxemburg sind gerade einmal 67 Frauen.

Auch der Anteil der Frauen an den Promovierten in Luxemburg ist bemerkenswert niedrig. Gerade einmal 35,5 Prozent. Nun ist es nicht ungewöhnlich, dass (trotz eines 50/50-Verhältnis bei Studienanfänger:innen, oder sogar einer Überzahl an Studentinnen) weniger Frauen sich zu einer Promotion entscheiden als Männer. Eine Schieflage wie in Luxemburg ist allerdings schon außergewöhnlich.

Verschlechterung

Laut der Untersuchung der Europäischen Kommission (She Figures 2021) lag der Anteil der weiblichen Promovierten 2018 in der EU in fast allen Ländern zwischen rund 40 und 60 Prozent. In Albanien waren es 62,3 Prozent und in Georgien 60,8 Prozent. Luxemburg belegte mit seinen 35,6 Prozent den letzten Platz in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Eine deutliche Verschlechterung gegenüber den Zahlen von  2016 als es noch 40 Prozent waren. Diese bemerkenswerte Verschlechterung unterstreicht die Kommission in ihrem Bericht.

Die Gleichstellung der Geschlechter ist in der nationalen und europäischen Politik fest verankert. Luxemburg hat die Gleichstellung von Frauen und Männern (sic!) zur Priorität erklärt, und behauptet, eines der raren Länder zu sein, die dies getan haben. Dazu hat das Land einen „Nationalen Aktionsplan für die Gleichstellung von Frauen und Männern“. In einer Bekanntmachung zum „She Figueres 2018“-Bericht (einer älteren Version der oben genannten Untersuchung der Kommission) heißt es sogar: „Die EU setzt sich auch dafür ein, die Gleichstellung der Geschlechter in Forschung und Innovation zu fördern. Genauer gesagt gehören die Gleichstellung der Geschlechter und das Gender Mainstreaming (die Einbeziehung der Geschlechterperspektive in die Ausarbeitung und Bewertung politischer Maßnahmen) in der akademischen Forschung zu den Prioritäten des europäischen Forschungsraums, und die Förderung dieser beiden Politikbereiche in Forschung und Innovation gehört zu den Zielen der EU-Rahmenprogramme.“

„Idealerweise sollte ein akademisches Feld die Zusammensetzung der Gesellschaft widerspiegeln – nicht nur in der Weltraumbranche. Gibt es in einer Gesellschaft einen gewissen Anteil an Frauen, nicht weißen Menschen oder Menschen mit einem gewissen sozialen Hintergrund, sollte die akademische Welt das reflektieren“, hatte es die in Luxemburg wirkende Planetenforscherin Abigail Calzada Diaz in einem früheren Gespräch mit dem Tageblatt auf den Punkt gebracht.

Geschlechterdiversität

Doch auch in ihrem breiteren Feld der Weltraumwissenschaften herrscht eine deutliche Schieflage. Anlässlich der World Space Week werden jährlich die Menschen aus Wissenschaft und Technik gefeiert, die mit ihrer Arbeit zur Verbesserung der menschlichen Lebensbedingungen beitragen. Die Organisatoren widmeten die Woche 2021 den Frauen in der Weltraumbranche, um darauf hinzuweisen, dass dieser Bereich immer noch sehr stark von Männern dominiert wird und dass es an Geschlechterdiversität fehlt. Nur rund ein Fünftel der Menschen auf diesem Gebiet sind Frauen.

Dabei ist es wichtig, dass mehr Frauen in der Wissenschaft arbeiten. Diversität sorgt dafür, dass wir ein Interessengebiet aus mehr Perspektiven beleuchten können, erklärt Calzada Diaz. „Jeder Mensch macht andere Erfahrungen, und die Erfahrungen von Frauen unterscheiden sich stark von denen der Männer.“

Warum diese traurige Feststellung? Eine einfache Erklärung gibt es wohl nicht. In einem Gespräch mit dem Tageblatt hatte die Gleichstellungsbeauftragte der Universität auf eine ganze Reihe von Ursachen verwiesen. Etwa das unterschiedliche Verhalten von Männern und Frauen im Wettbewerb, unbewusste Befangenheiten, und den rigorosen Einstellungsprozess der Uni, der hin und wieder dafür sorgen könne, dass der Uni gute Wissenschaftlerinnen vor der Nase weggeschnappt werden.

Anlässlich des „Internationalen Tags der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft“ hatte sich das Tageblatt mit Wissenschaftlerinnen unterhalten. Dabei wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass den in der Wissenschaft üblichen befristeten Arbeitsverträgen eine negative Bedeutung zukommt. Das luxemburgische Arbeitsgesetz sieht vor, dass befristete Arbeitsverträge nur in besonderen Ausnahmefällen und nur für eine begrenzte Zeit abgeschlossen werden dürfen. Die Wissenschaft gilt als eine solche Ausnahme, bei der kein unbefristeter Arbeitsvertrag geschlossen werden muss. Hier liegt die maximale Dauer bei fünf Jahren (60 Monaten), anstatt der üblichen zwei Jahre. Solche Arbeitsverträge seien mit einer bzw. zwei Schwangerschaften kaum vereinbar.

Stereotype

In einer Pressemitteilung zum „Internationalen Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft“ unterstreicht die Ministerin für die Gleichstellung von Frauen und Männern, Taina Bofferding, hingegen die Bedeutung von Stereotypen. In dem Schreiben wird sie zitiert: „Es ist offensichtlich, dass Stereotype die persönlichen und beruflichen Entscheidungen jedes Einzelnen negativ beeinflussen können. Dies gilt auch für den wissenschaftlichen Bereich: Statistiken zeigen deutlich, dass es große Unterschiede zwischen dem Anteil von Frauen und Männern in wissenschaftlichen Berufen gibt. Daher ist es dringend notwendig, diese Vorurteile zu bekämpfen und vor allem Mädchen schon frühzeitig für die Wissenschaft zu begeistern. Die Wissenschaft kennt keine Grenzen und das macht sie so spannend!“

Millie
7. März 2022 - 16.04

Die Mädels hierzulande wollen anscheinen alle einen Staatsjob um kleine Analphabeten den Tag über zu versorgen anstatt alle paar Monate/Jahre Forschungsgeldern nachzuhetzen. Wer will ihnen das verübeln? 99% der Maurer sind ja auch Männer und niemand verlangt eine 50% Damenbeteiligung.