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Rivaner: Der Wein, der mehr kann

Rivaner: Der Wein, der mehr kann

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Für junge Menschen ist er der Wein ihrer Großväter – zu gewöhnlich, zu uncool, zu „oldschool“. Dass der Rivaner viel mehr als nur ein Tafelwein ist, beweist er jetzt zum zweiten Mal beim einzigen Luxemburger „Wäiconcours“. Magazin-Autorin Daisy Schengen begibt sich für Sie in die Welt von Punkten, Proben und Prädikaten.

Eine Veranstaltung mit Signalcharakter: Am 4. Mai findet in Remich zum zweiten Mal die Veranstaltung „Gëlle Krëmmchen“ statt, der bisher einzige Weinwettbewerb in Luxemburg. Im Mittelpunkt steht der Rivaner, eine Sorte, die nach Meinung der Veranstalter zu lange stiefmütterlich behandelt wurde.

Dr. André Mehlen

 

Das soll sich nun ändern. Nach einer strengen Prüfung folgt für die Gewinner-Rivaner Ende Juni die feierliche Krönung. Bei einer Gala-Veranstaltung am 28. Juni bekommen sie mit Brief und Siegel ihren Siegertitel verliehen. Ausgerichtet wird der Wettbewerb von der Confrérie St-Cunibert. Das Ziel: Man will den Weinbau, die Weinpflege, die Kultur und den Tourismus der Luxemburger Mosel fördern. Roby Ley, studierter Önologe und Direktor des „Institut viti-vinicole“ in Remich, steht derzeit der rund 500 Mitglieder starken Vereinigung vor. Zusammen mit seinem Vizepräsidenten und „ersten Ritter“ Dr. André Mehlen lüftet der Großmeister mehrere Geheimnisse darüber, was in den „heiligen Hallen“ am Tag des Wettbewerbs und bei der Preisverleihung passieren wird.

Roby Ley, Großmeister der Confrérie St. Cunibert


Der erste Schritt

 

Warum ist der ‹Gëlle Krëmmchen›-Wettbewerb bisher der einzige Luxemburger ‹Wäinconcours›? Gibt es nicht genügend Weine hierzulande? – „Einer muss ja anfangen“, erklärt Brüderschafts-Großmeister Roby Ley mit einem Lächeln. Mehrere Studien haben dem Rivaner bescheinigt, dass er eine interessante Sorte ist, die zu einem „modernen Wein“ ausgebaut werden kann. „Bisher wurde er aber auf eine altmodische Art vermarktet. Das wollen wir mit dem Wettbewerb ändern und dem Wein quasi einen neuen Touch verleihen“, so Ley. Gleichzeitig geht es darum, neue Verbrauchergruppen, vor allem junge Menschen, direkt anzusprechen. Die Medaille „Gëlle Krëmmchen“ ist demnach auch ein Marketingwerkzeug, um den Rivaner an den Mann bzw. an die Frau zu bringen.

Rund ein Viertel der Anbaufläche und ein Drittel des erzeugten Weinvolumens an der Mosel geht auf den Rivaner zurück, ergänzt Dr. André Mehlen mit Zahlen aus den Erhebungen, die auch Roby Ley erwähnte. Für die Mitglieder der Brüderschaft stellte sich die Frage nach dem richtigen Umgang mit den Daten der Studien: ignorieren oder ihre Hinweise in konkrete Taten umsetzen? Die Brüderschaft hat sich dazu entschieden, zu handeln – aus zwei Gründen: „um die ‹Confrèren und Consoeuren› zu einer neuen Veranstaltung einzuladen und um dieses nationale Produkt neu in die Vitrine auszustellen“, sagt André Mehlen.

„Ein ‹Concours› ist ein Geschäft»

Ein weiterer Grund, dass gerade der Rivaner dafür ausgewählt wurde, hängt mit der bereits angesprochenen Vermarktungsstrategie der heimischen Winzerschaft in Bezug auf diese Sorte zusammen. Während Pinot gris, Riesling und Crémant zu großen Wettbewerben ins Ausland geschickt werden, bleibt der Rivaner zu Hause. Dies trägt wenig zu einem möglichen Imagewechsel der Sorte bei den Verbrauchern bei.

„Ein ‹Concours› ist ein Geschäft. Wer ihn organisiert, will damit Geld verdienen und weniger dem Erzeuger einen Gefallen tun“, stellt Ley klar. Um an einem solchen teilnehmen zu können, zahlen Erzeuger Gebühren. Konkret verweist Ley diesbezüglich auf Wettbewerbe, die unter anderem von großen Verlagshäusern, die Weinzeitschriften führen, organisiert werden.

Ein kleiner Wettbewerb in Luxemburg

Eine Auszeichnung dort, nach einem Kräftemessen mit mehreren tausend Konkurrenten, bringe dem Erzeuger und dem Produkt „image- und verkaufstechnisch“ deutlich mehr als eine Auszeichnung durch einen kleinen Wettbewerb in Luxemburg, heißt es in unserer Gesprächsrunde.

Deshalb sind große Weinhäuser nicht sonderlich an einer Auszeichnung im kleinen Luxemburg interessiert – und genau aus diesem Grund „wollen wir keinem Wein aus Spanien oder Chile eine Medaille verleihen. Deshalb haben wir uns für einen ‹Concours› im Zeichen des Luxemburger Rivaners entschieden“, führt Roby Ley anschließend aus.

Bereit machen für die Bewertung

Jeder Winzer an der Mosel bekommt eine Einladung der Kunibertus-Brüderschaft, um am „Rivaner uncorked“-Event teilzunehmen. Ins Rennen dürfen jeweils drei Proben pro Haus und Rivaner – falls man mehr als einen Rivanerwein erzeugt – aus den Jahrgängen 2017 und 2018 geschickt werden. Letzte Frist für das Einreichen der Proben ist der kommende Montag, also der 29. April. Eine der drei Flaschen wird zur Verkostung ausgeschenkt, die zweite dient als Art „Back-up“ für den Fall, dass Probe Nummer eins „korkt“, also Korkgeschmack aufweist. Die dritte Flasche dient der Kontrolle, falls eine spätere Prüfung bzw. Zurückverfolgung erforderlich sein sollte.

Jeder der Teilnehmer bringt einen Produktpass mit, auf dem diverse Informationen zu seinem Rivaner wie AOP-Nummer (Herkunftsnachweis), Jahrgang, Alkohol- und Schwefelgehalt sowie Restzucker vermerkt sind. Die sogenannte AOP („Appellation d’origine protégée“, hier speziell „Moselle luxembourgeoise“) stellt ein international anerkanntes Herkunftsmerkmal dar, das für die Qualität der Weine aus der Region – in diesem Fall die Luxemburger Moselregion – steht. Zum „Rivaner uncorked“- Event werden ausschließlich AOP-Weine zugelassen. Um die AOP-Bezeichnung zu erhalten, müssen die Weine bereits eine chemische und eine technische Kontrolle durch anerkannte staatliche Prüfer und Labor durchlaufen haben.

Sind die Teilnahmebedingungen erfüllt, dann werden die Flaschen unkenntlich gemacht. Sie werden neutral verpackt, um eine Beeinflussung der Tester zu verhindern. Die Prüfer sollen Punkte einzig und allein aufgrund des Urteils ihrer Nase und ihres Gaumens vergeben.

Die Probe aufs Exempel

Nachdem alle technischen Anforderungen erfüllt und die Flaschen im Einheitslook gekleidet sind, macht sich die Jury an die Arbeit. Diese setzt sich aus Mitgliedern der Confrérie zusammen, darunter Winzer und Weinliebhaber. Auch mehrere Journalisten vergeben an diesem Tag Punkte. Insgesamt 37 Tester haben sich für den 4. Mai angekündigt. Je nach Anzahl der eingereichten Proben stehen für jede Jury bis zu 15 Produkte zur Bewertung an, dem Restzuckergehalt aufsteigend serviert.

Wie André Mehlen erklärt, führt ein Fachexperte die Laienprüfer am Tisch durch die Verkostung. Nach der ersten Bewertungsrunde schickt jede Jury-Gruppe ihre Favoriten ins Finale. Derselbe Abstimmungsprozess gilt auch für die Wahl der „Cuvée de presse“ durch die anwesenden Journalisten. In der letzten Bewertungsetappe wählen die Präsidenten der jeweiligen Jury-Gruppen abschließend die Gewinner des „Gëlle Krëmmchen 2019“.

Die Wertung erfolgt in mehreren Schritten. Zunächst wird ein Rivaner als Einstimmung von Nase und Gaumen und einer Art Leitlinie für die Bewertung serviert. Anschließend kostet jeder Prüfer mehrere Weine und vergibt dann Punkte nach den Kriterien Nase, Gaumen bzw. Geschmack sowie Gesamteindruck. Bewertet wird auf einer Skala von 0-20 Punkten, nach den gleichen Standards, die für die Qualitätsverkostung von AOP-Weinen gelten.

Orientierungshilfe und Qualitätsversprechen

„’Gëlle Krëmmchen› ist ein Wettbewerb von Verbrauchern für Verbraucher“, erklärt André Mehlen, erster Ritter der St.-Cunibert-Bruderschaft . Die Ergebnisse der ersten Ausgabe im letzten Jahr haben den verbraucherorientierten Charakter der Veranstaltung eindrucksvoll unterstrichen. „Wir hatten acht Gewinner. Von ihrem Charakter her alle unterschiedliche Rivaner, die technisch sauber ausgearbeitet waren. Die Jury, die sich auch im letzten Jahr größtenteils aus Laien zusammengesetzt hat, hat trotzdem das Potenzial der Produkte richtig eingeschätzt“, so Mehlen.

Großmeister Roby Ley fügt hinzu: „Sehr wenige Verbraucher verkosten Wein so, wie Fachleute es tun. Für sie zählt, ob er ihnen schmeckt oder nicht.“ Ein Siegel wie jenes, das man beim „Gëlle Krëmmchen“- Wettbewerb gewinnen kann, dient in diesem Sinne als Orientierungshilfe für den Endkunden. Die Medaille bürge zudem für eine „gewisse Qualität“ der ausgezeichneten Rivaner, die sie auf eine höhere Ebene stellt als den gemeinen Tischwein, für den die Sorte früher ausschließlich gehalten wurde.

Grund zum Feiern

Preisverleihung bei der Confrérie St. Cunibert im Juni 2018, die Gewinner (v.l.n.r.): Claude Pundel, Martine Schumacher-Knepper, Marc Desom, André Mehlen, Jean-Marie Vesque, Ben Duhr, Stephan Krämer, Josy Gloden

Am 28. Juni werden die Gewinner des „Gëlle Krëmmchen“- Wettbewerbs bei einer Gala-Veranstaltung im Club Melusina (in Luxemburg-Grund) ausgezeichnet.Mehr Infos zur Veranstaltung und Kartenvorverkauf finden Sie auf Facebook unter „Rivaner uncorked“ sowie auf der Webseite www.cunibert.lu.

Die Confrérie St. Cunibert

Die Bruderschaft St. Cunibert, zu der auch Frauen gehören, wurde 1967 gegründet, mit dem Ziel, Weinbau, Weinpflege, Kultur und Tourismus der Luxemburger Mosel zu fördern. An ihrer Spitze steht ein Verwaltungsrat (Großkapitel) von etwa 20 Mitgliedern, die unterschiedliche Aufgaben innehaben. Seit 2014 ist Roby Ley Großmeister der Vereinigung, die ihren Sitz seit 1975 im Weinmuseum in Ehnen hat.

Dreimal jährlich kommen die Mitglieder, die sich freiwillig in der Brüderschaft engagieren, zu thematischen Veranstaltungen – sogenannten „Chapitres“ – zusammen: zum „Chapitre des vignerons“ im Frühjahr, zum „Chapitre des crémants“ im Sommer und zum „Chapitre de vendange“ im Herbst. In diesem Jahr wird das Sommerevent voraussichtlich im „Haff Réimech“ (Schwebsingen) „dynamischer“ als bisher sein und sich dem Önotourismus als Thema widmen. Weitere Details werden derzeit noch nicht verraten. Den Veranstaltungskalender sowie mehr Informationen finden Interessierte im Netz auf der Internetseite www.cunibert.lu.