Egan Bernal ist mit seinen 21 Jahren der jüngste Fahrer im Peloton der 105. Tour de France. Nach Schwierigkeiten auf dem Kopfsteinpflaster nach Roubaix zeigte der Kolumbianer starke Leistungen in den Alpen. Bernal gilt im Radsport als größtes Talent und zeigt sich offen und eher zurückhaltend.
Von Pascal Gillen
Mit einem bescheidenen Lächeln steigt Egan Bernal aus dem Sky- Teambus. Es ist der Bus, aus dem die größten Schlagzeilen in den letzten Wochen kommen. Es geht um Dopingaffären, interne Positionskämpfe oder Zuschauerattacken. Der ganze Trubel scheint den Südamerikaner aber kalt zu lassen. Vom Sky-Pressechef George Solomon wird Bernal zu mir geleitet. «Hi, how are you?», fragt mich der Kolumbianer, obwohl sich unsere Blicke vorher noch nie kreuzten. Es macht ihm nichts aus, über was alles berichtet wird. Er sagt, dass er lediglich hier sei, um eine gute Leistung zu zeigen und seinem Team zu helfen.
Parallelen verbinden uns, Eindrücke, die wir so noch nie erlebten. Wir haben beide dasselbe Alter, sind beide zum ersten Mal bei der Tour. «Es ist schon sehr eindrucksvoll. Die Tour ist was ganz anderes als die anderen Rennen», so Bernal. Wir reden etwas über die Umstände bei der Tour, unterhalten uns locker und vor allem über seine starken Leistungen. Spätestens nach der Alpe d’Huez sollten viele erkannt haben, welches Potenzial in dem jungen Fahrer steckt. Während zwei Dritteln des 13,8 km langen Anstiegs folgten Bernal nur diejenigen Radfahrer, die Platz eins und Platz zwei im Gesamtklassement ausmachen.
«Wahnsinnige Leistung in den Alpen»
Bernal dominierte nicht nur das Tempo des Feldes, sondern kontrollierte auch erfahrene Fahrer, als wäre er schon länger dabei. Angriffe von Nibali oder von seinem Landsmann Quintana wurden von ihm souverän wieder eingefahren. Mitfavoriten wie Jakob Fuglsang oder Daniel Martin konnten das Tempo erst gar nicht mitgehen. «In einem normalen Rennen hast du fünf bis sechs gute Fahrer. Das ist bei der Tour anders. Schau dir die ersten 15 im Gesamtklassement an, das sind überragende Radfahrer.»
Er selbst belegt nach der gestrigen Etappe Platz 22 im Gesamtklassement. Für Bernal zählt allerdings nicht das Weiße Trikot, sondern lediglich der Toursieg seiner Mannschaft. Etwas mehr als sechs Minuten fehlen ihm auf den derzeitigen Träger des Weißen Trikots, Pierre Roger Latour. Zeit, die Bernal vor allem bei der Etappe nach Roubaix verlor. Wie viele andere stürzte Bernal, verlor 18 Minuten auf den Tagessieger Van Avermaet.
Beeindruckend dabei, dass Bernal sich nach seinem Sturz postwendend aufraffte, sein Fahrrad kontrollierte und sich wieder auf die Strecke machte. Bernal war kurz vor dem Anschluss zum Peloton, bevor ein BMC-Auto plötzlich abbremste, so dass Bernal eine Kollision nicht mehr verhindern konnte. Es war der erste richtige Test bei einer großen Rundfahrt für Bernal, der mit zwei Stürzen und einer Menge Zeitverlust wohl nicht schlimmer hätte verlaufen können. Unbeeindruckt von dem Ganzen zeigte er nach den Worten seines sportlichen Leiters Nicolas Portal dann eine «wahnsinnige Leistung in den Alpen».
Locker und aufgeklärt
Für sein Alter wirkt er sehr locker und aufgeklärt. «Letztendlich interessiert niemand dein Alter. Im Peloton wirst du für das, was du bist, und für das, was du tust, respektiert.» Den Respekt hat er sich während der letzten Etappen wohl definitiv erarbeitet. Er lebt nicht das Leben, das andere in seinem Alter leben. Keine Playstation, keine großen Partys oder Ausgänge. «Ich vermisse nichts an meinem Leben. Ich wollte früher schon immer Radfahrer sein. Das bin ich jetzt schon. Für mich ist das hier jetzt ein normales Leben.» Sein Weg führte ihn vom Panamerika-Meister im Mountainbike der Junioren 2015 über das Continental Team Androni Giocattoli zu Sky. Bei der britischen Mannschaft unterschrieb er im letzten Jahr einen Dreijahresvertrag.
Es war ein recht steiler Aufstieg. Auf einmal sitzt der Kolumbianer beim größten Radrennen der Welt mit Christopher Froome oder Geraint Thomas im Bus. «Es ist schon unfassbar. Ich lerne so viel von ihnen. Die ganze Mannschaft ist so stark, da kann ich mir in meinem Alter viel abgucken. Aber eigentlich denke ich nicht so viel über mein Alter nach. Das ist mir egal. Man muss abliefern und so lange man das tut, spielt das Alter keine Rolle.»
Eine halbe Stunde vor dem Start der gestrigen Etappe reden wir noch ein bisschen. Vor seiner Profikarriere als Radfahrer wollte er Journalist werden. Ich erzähle ihm etwas über meine Tour, Bernal hört interessiert zu. Letztendlich einigen wir uns beide darauf, dass die beiden Jobs hart sind. Sie sind anstrengend und nicht immer einfach. Aber es ist eben das, was wir beide machen wollen. pg
Frage mich immer, wie machen die das, Veranlagung, Körperbau, Ernährung? In den 70-gern haben wir 4 x die Woche trainiert, jeweils 2 Stunden, und Spiele am Wochenende, ohne ärztliche Begleitung, ohne Therapeut. Nach getaner „Arbeit“ waren die meisten von uns völlig platt.
Guter artikel ?