Am Dienstag feierten die gekrönten Staatshäupter von Belgien und den Niederlanden zusammen mit Luxemburgs Großherzog in Brüssel den 60. Jahrestag der Benelux-Gründung. Die breite Öffentlichkeit hat das Ereignis kaum bewegt. Der Dreier-Staaten-Bund, in den letzten Wochen vor Ende des Zweiten Weltkriegs angedacht und 1958 realisiert, wirkt – wenn sich überhaupt noch jemand seiner erinnert – wie ein Überbleibsel aus längst vergangenen Tagen, als der Gedanke einer Europäischen Union von 27 Staaten und gemeinsamer Währung höchstens in den Köpfen wohlmeinender Spinner existierte.
Die Mitgliedschaft Luxemburgs in wirtschaftspolitischen Bündnissen hat Tradition. Lange vor der Einbettung in der EU arbeitete das Land im 1833 gebildeten Deutschen Zollverein mit, eine Zusammenarbeit, die bis Ende des Ersten Weltkriegs halten sollte. Die Zielsetzung des Vereins erinnert an jene, die der Gründung der Vorläufer der heutigen EU diente: die Schaffung eines einheitlichen Binnenmarkts mit abgestimmtem Regelwerk.
Nach der Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg stellte sich Luxemburg die «Bündnisfrage». Wem sich anschließen? Die von der Bevölkerung in einem Referendum 1919 geäußerte Vorliebe für Frankreich scheiterte am Pariser Desinteresse. Also wagte Luxemburg Plan B und schloss sich mit Belgien zur «Union belgo-luxembourgeoise» (UEBL) zusammen. Eine der für den Bürger spürbarsten Folgen ab 1944 war der gemeinsame belgisch-luxemburgische Franken, mit dem wir bis zur Einführung des Euro bei Bäcker und Metzger zahlten. Die UEBL sollte auch nach dem Zweiten Weltkrieg Bestand haben. Mit der Unterzeichnung des Benelux-Vertrags 1958 schaffte sich Luxemburg ein weiteres Standbein zur Festigung seiner Außenhandelsposition und damit zusätzliche Sichtbarkeit auf der europäischen Landkarte.
Ziel des Benelux-Vertrags von 1958 war es, die Freizügigkeit von Personen, Waren, Kapital und Dienstleistungen im gemeinsamen Wirtschaftsraum zu fördern. Was 2008 mit der Erneuerung des Benelux-Vertrags bestätigt wurde. Trotz EU vereinbarten die drei, den «Benelux-Binnenmarkt» zu vervollständigen, die Sozial-, Energie- und Klimapolitik zu «harmonisieren».
Benelux verstand sich stets als Vorreiter in Sachen europäische Integration. Lange vor der Unterzeichnung des Schengen-Abkommens 1985 konnten die Einwohner der drei Länder ohne Kontrolle die Grenze passieren. Seit Ende der 1950er-Jahre glichen Luxemburger, Belgier und Niederländer ihr Arbeits- und Sozialrecht an.
Diese Vorreiterrolle in der EU wollen die Benelux-Länder weiter spielen, was sie ausdrücklich im 2008er-Abkommen unterstrichen. So weit zu den hehren Absichten. Schließlich war Benelux stets mehr als ein Labor für zwischenstaatliche Kooperation. Es ging auch immer um den Schutz eigener Interessen gegenüber großen Nachbarn. Trotz EU und Euro bleiben die wirtschafts-, sicherheits- und andere politischen Interessen zwischen den Mitgliedstaaten zum Teil noch sehr unterschiedlich. Die Kooperation zwischen den Benelux-Regierungen in europolitischen Dossiers war denn auch stets der Versuch, gemeinsam stärker gegenüber europäischen Mastodonten wie Deutschland oder Frankreich auftreten zu können. Oder auch gegenüber einer mächtigen Institution wie der EU-Kommission. Aufs Altenteil gehört die 60-Jährige noch lange nicht.
Am Beispiel der Zufahrtsbegrenzungen für Autos in belgische Städte, sieht man dass es mit Benelux doch nicht überall so richtg klappt. So werden die Daten der niederländischen Fahrzeuge den Belgiern ohne Zutun der Inhaber übergeben und die Einfahrerlaubnis somit gewährt. Luxemburgische Fahrzeugbesitzer müssen sie selbst beantragen.
Benelux ist wichtiger denn je. Die drei Länder gehen in der EU unter. Wenn diese zusammenbricht oder zerbröckelt ist es umso wichtiger, dass die drei Kleinen zusammenhalten.