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Genom des EHEC-Erregers entziffert

Genom des EHEC-Erregers entziffert
(dpa)

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Jetzt kennen die Ärzte das Genom ihres Gegners. Es handelt sich um eine so noch nie gesehene Kombination von Genen, bei denen zwei Bakterienstämme Teile ihrer Erbsubstanz miteinander ausgetauscht haben.

Ärzte am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) haben mit Hilfe chinesischer Kollegen das Genom des aktuell grassierenden EHEC-Erregers gelesen. «Es handelt sich um eine so noch nie gesehene Kombination von Genen», sagte Bakteriologe Holger Rohde am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa.

Die neuen Erkenntnisse helfen den betroffenen Patienten nach Erkenntnissen der Experten allerdings nicht unmittelbar, sondern müssen in den nächsten Wochen erst interpretiert werden. Dennoch ist den Medizinern ihr «Gegner» nun weit besser bekannt als zuvor.

Austausch zwischen zwei Bakterienstämmen

Allem Anschein nach haben für die neue Kombination zwei Bakterienstämme Teile ihrer Erbsubstanz miteinander ausgetauscht – in einer Art primitivem Sex. In der Summe entstand ein Escherichia coli (E. coli)-Bakterium, welches das Hämolytisch-Urämische Syndrom (HUS) auslösen kann, erläutert Rohde. Etwa 80 Prozent – Rohde spricht vom «Mutterschiff» – stammten vom E. coli-Stamm O104. Die übrigen 20 Prozent wurden von einem anderen Bakterium übernommenen. In diesem Teil des Genoms sind Erbanlagen zur Produktion des gefährlichen Shigella-Toxins, das den Patienten jetzt Probleme bereitet.

Die Arbeit gelang gemeinsam mit Kollegen des chinesischen Peking Genomic Institute. Dieses verfügt über zahlreiche moderne Automaten, die genetische Sequenzen sehr schnell lesen können. Der unkomplizierte Kontakt wurde über einem chinesischen Gastwissenschaftler am UKE ermöglicht – «ein gutes Beispiel für die Zusammenarbeit unter Forschern», sagte Rohde.

Neue Eigenschaften

Bakterien können untereinander Gene austauschen. Mikrobiologen sprechen dabei von Konjugation, man kann den Vorgang aber auch als ursprünglichen, primitiven Sex bezeichnen. Dabei gehen mit Teilen der DNA Eigenschaften eines Keimes auf andere über – es kommt zu Mischformen. Die Keime lagern sich dafür nebeneinander und bilden eine Art Schlauch zwischen sich. So können sie genetisches Material austauschen.

Auf diese Weise erwerben Bakterien neue Eigenschaften. Damit können sich die Keime besser an ihre Umwelt anpassen. Aber auch Resistenzen gegen Medikamente werden auf diese Weise verbreitet.

Anpassung an die Umwelt

«Der neue Keim ist ein Produkt einer ganz normalen bakteriellen Eigenschaft, um sich an seine Umwelt anzupassen», sagt Rohde. Wo dies geschehen sei – etwa in einem Tier, im Menschen, einer Pfütze, einer Kläranlage oder sonstwo – lasse sich aber nicht sagen.

Am federführenden deutschen Labor für das Hämolytisch-Urämische Syndrom (HUS) – das ist die schwere Komplikation einer EHEC-Infektion – wird weiter mit Hochdruck daran gearbeitet, das Erbgut des Erregers zu deuten. Ebenfalls am Donnerstag teilte das Unternehmen Life Technologies in Darmstadt mit, das Genom des Erregers im Auftrag der Münsteraner Forscher gelesen zu haben.

Bereits zu Beginn der Woche hatten auch die Münsteraner HUS-Experten darauf hingewiesen, dass es sich bei dem in Deutschland grassierenden Stamm um ein Hybrid handelt, der die Eigenschaften mehrerer Erreger in sich vereint.