Montag22. Dezember 2025

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Gaza schmückt sich für die Heimkehrer

Gaza schmückt sich für die Heimkehrer

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In Gaza laufen die Vorbereitungen für den Empfang von knapp 300 palästinensischen Häftlingen auf Hochtouren. Israel will sie im Tausch gegen den Soldaten Schalit freilassen.

Vor sechs Jahren hat die 27-jährige Wafa Al-Bass versucht, sich am Eres-Übergang nach Israel in die Luft zu sprengen. Am Dienstag will Israel die junge Frau, die damals festgenommen wurde, zusammen mit 476 weiteren palästinensischen Häftlingen freilassen. Sie ist die Gefangene Nummer 458 auf der Liste der israelischen Gefängnisbehörde. Ihre Familie sprüht vor Vorfreude und hat das bescheidene Haus im Flüchtlingslager Dschabalia im Norden des Gazastreifens schon festlich geschmückt. «Wir wollen sie wie eine Braut an ihrem Hochzeitstag feiern», sagte ihr Vater, Samir Al-Bass.

Junge Männer haben Poster mit einem Bild von Wafa an die Wände geklebt. In den Straßen um das Haus hängen bunte Lampen und kleine Palästinenserflaggen. Farbenfrohe Graffiti an den Hauswänden begrüßen die palästinensische Gefangene wie eine Heldin. Sie war von Israel zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Als Teil der Vereinbarung zur Freilassung des israelischen Soldaten Gilad Schalit soll Wafa nun schon früher nach Hause kommen.

Zimmer frisch gestrichen

«Als wir gehört haben, dass es eine Vereinbarung gibt, sind wir vor Glück fast geplatzt», sagte der Vater. «Endlich kommt Wafa nach Hause, und ich hoffe, dass alle Gefangenen zu ihren Familien zurückkommen.» Er habe das Zimmer seiner Tochter frisch gestrichen und ihr ein neues Bett gekauft, in dem sie besser schlafen solle als in dem Gefängnisbett. Zur Feier des Tages hat Wafas Mutter auf dem Markt neue Kleider für ihre Tochter gekauft. «Sie hat auch Süßigkeiten und Schokolade besorgt, die wir an Besucher verteilen wollen, sobald sie nach Hause kommt», sagte Samir Al-Bass.

Die Heimkehr von knapp 300 Häftlingen soll in Gaza aber nicht nur privat, sondern auch öffentlich gefeiert werden: In dem Al-Katiba-Park in der Stadt Gaza haben Palästinenser ein riesiges Podium aufgebaut, zu dem sie am Dienstag nach ihrer Freilassung gebracht werden sollen. Tausende von Einwohnern des Gazastreifens werden dort bei den Freudenfeiern erwartet. Hamas-Führer Ismail Hanija will die Freigelassenen persönlich in Empfang nehmen.

Die im Gazastreifen herrschende Hamas hatte dem Tauschgeschäft mit Israel unter ägyptischer Vermittlung nach Jahren zäher Verhandlungen zugestimmt – nicht zuletzt, weil der Druck durch die Familien der Inhaftierten immer stärker wurde.

Häftling Nummer 94

Der 1955 geborene Nafes Harz ist Häftling Nummer 94 auf der Liste. Auch der verheiratete Vater dreier Kinder soll am Dienstag zu seiner Familie im Gazastreifen zurückkehren. Er war 1985 zu lebenslänglicher Haft verurteilt worden, weil er einen israelischen Siedler im Gazastreifen getötet hatte.

«Alle meine Kinder sind erwachsen geworden und haben geheiratet, während ihr Vater im Gefängnis war», sagte seine Frau, die sich Umm Ahmed nennt. Auch die Familie Harz hat das Haus für die Rückkehr des lange abwesenden Vaters festlich geschmückt und ihm neue Kleidung gekauft. Seine Kinder erzählen, sie hätten ein Auto für ihn vorbereitet und es mit gelben Flaggen geschmückt, weil Harz Mitglied der Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas ist. Nach der Übergabe am Dienstag wollen sie ihren Vater in dem dekorierten Auto vom Rafah-Übergang an der Grenze zu Ägypten nach Hause in die Stadt Gaza kutschieren. Auch die Straße, die zu dem Haus führt, ist mit Blumen sowie gelben und Palästinenserflaggen geschmückt.

Mitgefühl für Schalits Familie

Umm Ahmed ist überglücklich, dass ihr Mann heimkommt. Sie äußerte aber auch Mitgefühl für die Familie des israelischen Soldaten Schalit, den ein palästinensisches Kommando unter Hamas-Führung 2006 in den Gazastreifen entführt hatte. «Ich weiß, wie eine Mutter sich fühlt, wenn eines ihrer Kinder im Gefängnis ist», sagte sie. «Ich freue mich so für Schalit, dass er endlich nach Hause gehen und seine Mutter und seinen Vater sehen kann, die auch gelitten haben.»