Headlines

Vaclav Havel gestorben

Vaclav Havel gestorben

Jetzt weiterlesen! !

Für 0.99 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Erst kürzlich feierte er seinen 75. Geburtstag. Nun ist der ehemalige tschechische Präsident und Schriftsteller Vaclav Havel verstorben. Der ehemalige Dissident war erstes Staatsoberhaupt des neuen Tschechiens.

Der frühere tschechische Präsident und Dissident Vaclav Havel ist im Alter von 75 Jahren in Prag gestorben. Nach vielen schweren Krankheiten hatte er sich weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Der Kettenraucher Havel litt unter einer chronischen Atemwegserkrankung. 1996 war er wegen Lungenkrebs operiert worden.

Jean Asselborn:
«Eine Symbolfigur»

Havel war während der kommunistischen Ära in der Tschechoslowakei (1948-1989) die Schlüsselfigur im gewaltlosen Kampf gegen das Regime. Wegen seiner kritischen Einstellung sass er während Jahren im Gefängnis. Im Wendejahr 1989 wurde Havel zur Symbolfigur des demokratischen Aufbruchs. Von 1989 bis 1993 war er Präsident der damaligen Tschechoslowakei, anschließend bis 2003 Staatsoberhaupt der neu gegründeten Tschechischen Republik. Bis zu seinem Ausscheiden aus dem Amt betrieb Havel erfolgreich die Anbindung Tschechiens an Nato und EU. Vor und nach seiner Zeit als Präsident war er auch ein erfolgreicher Theaterautor.

Das tschechische Regierungskabinett will am Montag außerplanmäßig zusammentreffen, um nach dem Tod von Ex-Präsident Vaclav Havel über eine Staatstrauer zu entscheiden. Das teilte ein Regierungssprecher in Prag mit. Die Staatstrauer wurde zuletzt nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA angeordnet.

«Moralisches Gewissen»

Vaclav Havel gilt auch über seinen Tod hinaus als moralisches Gewissen der Tschechen. «Ich war ein Träumer und zugleich viel realistischer als die meisten Mitbürger», sagte Havel einmal über sich selbst.

Der stets bescheiden auftretende Held der «Samtenen Revolution» von 1989 kämpfte für Demokratie und die Befreiung der Tschechoslowakei von der kommunistischen Herrschaft. Die Massen auf dem Prager Wenzelsplatz katapultierten ihn mit dem Ruf «Havel in die Burg» in das Präsidentenamt des neuen demokratischen Staates. Die Prager Burg über der Moldau ist Sitz des Staatschefs.

Nach den bleiernen Jahrzehnten unter kommunstischer Führung überraschte Havel als außergewöhnlicher Präsident seine Landsleute. So lud er im Jahr 1990 die Rolling Stones ein, in Prag ein Konzert zu geben. Es wurde von mehr als 100 000 begeisterten Fans besucht. Den Rockmusiker Frank Zappa, der zur Zeit des Kommunismus nur im tschechischen Untergrund bekannt war, ernannte er im gleichen Jahr zum Sonder-Botschafter der Tschechoslowakei.

Präsident bis 2003

Nach der friedlichen Trennung von der Slowakei war Havel von 1993 bis 2003 Präsident der Tschechischen Republik. Obgleich das Präsidentenamt als Repräsentativposten galt, füllte Havel es als moralische Instanz aus. Er begleitete seine Landsleute durch den mitunter auch schmerzhaften Transformationsprozess der 1990er Jahre. Havel führte sein Land in EU und Nato.

Bis zuletzt musste sich Havel allerdings der Kritik stellen, das Auseinanderbrechen der Tschechoslowakei nicht entschieden genug verhindert zu haben. Außerdem wurde ihm vorgehalten, er habe die negativen Auswirkungen der Privatisierung wie die Korruption zu sehr geduldet. Außenpolitisch unterstützte er die Waffengänge gegen Jugoslawien sowie gegen den Irak und stellte sich damit gegen die Mehrheitsmeinung seines Volkes.

Als Dramatiker weltberühmt

Havel wurde nicht nur als Politiker und Regimekritiker, sondern auch als Dramatiker weltberühmt. Mit seinem Theaterstück «Das Gartenfest» von 1963 feierte er internationale Erfolge, unterlag aber in seiner Heimat nach der Niederschlagung des Prager Frühlings im Jahr 1968 einem Publikationsverbot. Er war Mitbegründer und Sprecher der Charta 77, die mehr Bürgerrechte einforderte. Für sein Engagement saß er insgesamt knapp fünf Jahre im Gefängnis.

Havel kämpfte bis zuletzt gegen die Unterdrückung der Menschenrechte. Am 12. April diesen Jahres unterzeichnete er einen offenen Brief an den chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao, in dem er die Freilassung des Dissidenten Ai Weiwei und anderer Regimegegner forderte.

Die leeren Worthülsen der Politik

Mit der Verfilmung seines Dramas «Abgang» erfüllte sich Havel im vorigen Jahr einen langgehegten Traum. Die Premiere seines Films am 22. März in Prag sollte für den Regisseur und Staatsmann zu seinem letzten öffentlichen Auftritt werden. In «Abgang» kritisierte er die leeren Worthülsen der heutigen Politik. Er erzählt von einem Kanzler, der sein Amt und damit seine Identität verliert.

Seine Frau aus erster Ehe, Olga, war 1996 gestorben. Die zwischen 1979 und 1982 aus dem Gefängnis geschriebenen «Briefe an Olga» gaben auch den Lesern im Westen einen Einblick in das Unrecht und die Hoffnungslosigkeit dieser Zeit. Als Folge seiner jahrelangen Gefängnisaufenthalte unter dem kommunistischen Regime litt Havel unter einer chronischen Atemwegserkrankung. Havel war in zweiter Ehe mit der Schauspielerin Dagmar Veskrnova-Havlova verheiratet.