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Heilig-Rock-Wallfahrt beginnt

Heilig-Rock-Wallfahrt beginnt

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Jesus Christus soll das Gewand "Heiliger Rock" bei seiner Kreuzigung getragen haben. Die Tuch-Reliquie wird bei der Heilig-Rock-Wallfahrt erstmals in diesem Jahrtausend gezeigt.

Das rotbraune Gewand ist zerknittert, brüchig und zerfurcht. Und dennoch ist der «Heilige Rock» der größte Schatz des Trierer Doms. Verschlossen und nicht sichtbar liegt er in einer Kapelle im Glasschrein. Nur ganz selten und nur bei einer Wallfahrt wird die angebliche Tunika Jesu Christi öffentlich gezeigt. Vom 13. April bis 13. Mai ist es in diesem Jahrhundert erstmals soweit: Rund 500 000 Pilger aus aller Welt, die die Reliquie sehen wollen, werden in Trier erwartet. Es ist ein Jubiläum: Vor genau 500 Jahren gab es die erste Heilig-Rock-Wallfahrt im Jahr 1512.

«Ein Weltereignis», sagt Wallfahrtsleiter Georg Bätzing. «Eine Christus-Wallfahrt in dieser Dimension ist einzigartig.» Weit mehr als 500 Gruppen rund um den Globus haben sich angemeldet – aus Bolivien über die Ukraine bis Indien. Aus Deutschland kommen fast alle Bischöfe mit Gruppen aus ihren Bistümern. Und die Anmeldeliste wird täglich länger. «Das geht sprunghaft», sagt Bätzing. Klar sei: «An den Wochenenden ballt es sich.» Da könnten 30 000 bis 50 000 Pilger an einem Tag in den Dom drängen. Lange Warteschlangen sind dann wahrscheinlich.

Echtheit wurde nicht bewiesen

Ob der rund 1,50 Meter lange und etwa 1,10 Meter breite «Rock» echt ist, kann keiner sagen. «Es steht ja kein Namensschild Jesus Christus drin», so Bätzing. Bei der jüngsten Untersuchung der Tunika Anfang Februar stellte die Berner Textilarchäologin Regula Schorta klar: Herkunft und Alter lassen sich nicht mehr eindeutig bestimmen. Dies sei aber auch nicht entscheidend, meint Bätzing. «Wir nutzen den Schatz, um die Kostbarkeit des christlichen Glaubens zu zeigen.»

Und zum ersten Mal ökumenisch: Zur 20. Wallfahrt unter dem Motto «… und führe zusammen, was getrennt ist» sind auch Protestanten, Orthodoxe und Freikirchler eingeladen. Auch wenn sie sich mit Reliquien und Wallfahrten schwertun. Zur letzten Heilig-Rock-Wallfahrt im Jahr 1996 kamen rund 700 000 Pilger. Der Legende nach hat die Heilige Helena das Gewand auf einer Pilgerfahrt nach Jerusalem entdeckt und es der Trierer Kirche zum Geschenk gemacht. Urkundlich belegt ist das Sterbekleid im Dom erst ab 1196.

Pilger schon lange auf dem Weg

Schon Wochen vor Beginn der Wallfahrt haben sich Pilger auf den Weg gemacht, berichtet die Pilger-Beauftragte der Wallfahrt, Karin Müller-Bauer, im saarländischen Völklingen. Einige liefen bereits erste Etappen. Es gebe Schulklassen, die eine der sieben ausgewiesenen Pilgerrouten gehen wollten. «Unglaublich, was die Wallfahrt alles in Bewegung setzt.»

Über eine «Mitpilgerzentrale» können Pilger sich suchen und finden. Das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Trier richtet während der vier Wochen eine «Pilgeroase» ein: Dort können sich Fuß- oder Radpilger nach ihrer Ankunft ausruhen, duschen oder essen.

Riesen-Programm

Rund um die Wallfahrt mit täglich fünf festen Gottesdiensten wird ein Riesen-Programm gestrickt: Es gibt Konzerte, Ausstellungen, ein «rockiges» Jugendwochenende und ein eigenes Musical. Vor dem Dom hat ein «Bibelroboter» die Heilige Schrift abgeschrieben. Über die Mosel ist eine Schiffswallfahrt mit einem sechs Meter großen Stahlgewand à la Rock geplant.

Von der Wallfahrt profitieren auch Gastronomie und Hotels. Der Geschäftsführer der Tourist-Information Trier, Hans-Albert Becker, geht von ausgebuchten Häusern und etwa doppelt so vielen Tagestouristen wie sonst aus. Er rechnet gar mit deutlich mehr als 500 000 Rock-Pilgern. Im Schnitt besuchen jährlich etwa vier Millionen Menschen die älteste deutsche Stadt Trier.

Dass die katholische Kirche nach dem Missbrauchsskandal in der Krise steckt, soll bei der Wallfahrt nicht ausgeblendet werden, sagt Wallfahrtsleiter Bätzing. «Wir überspringen nicht die schwierige Situation, sondern sammeln uns darin.» Und er rät Interessierten, zu kommen: «Es kann sein, dass es ein paar Jahrzehnte dauert, bis der Heilige Rock wieder gezeigt wird.»