Linksrutsch in Frankreich: Erstmals seit 17 Jahren zieht mit François Hollande wieder ein Sozialist in den Präsidentenpalast ein. Der 57-Jährige gewann am Sonntag klar die Stichwahl um das höchste Staatsamt. Der konservative Amtsinhaber Nicolas Sarkozy musste sich geschlagen geben.
Nach der ersten offiziellen Hochrechnung kam Hollande auf 51,90 (Ipsos) Prozent der Stimmen. Laut CSA konnte Hollande 51,8 Prozent auf sich vereinen, TNS-Sofres gaben dem sozialistischen Kandidaten 52 Prozent. Sarkozy galt zuletzt als der unpopulärste Staatschef seit Einführung der Direktwahl des Präsidenten 1958.
Im Ausland wird mit Spannung erwartet, welche Auswirkungen der Machtwechsel in Paris auf die Europa- und Wirtschaftspolitik des Landes haben wird. Hollande, der in den kommenden fünf Jahren die Geschicke der zweitgrößten europäischen Volkswirtschaft lenken wird, hatte im Wahlkampf für ein sozialeres Europa geworben.
Fiskalpaket neu verhandeln
Der Sozialistenchef hat angekündigt, den mühsam geschnürten EU-Fiskalpakt neu verhandeln zu wollen. In konservativ regierten Staaten wie Deutschland wird dies allerdings strikt abgelehnt. Nach Angaben aus seinem Wahlkampfteam wollte Hollande noch am Sonntagabend mit Bundeskanzlerin Angela Merkel Kontakt aufnehmen.
Internationales Konfliktpotenzial bergen auch Hollandes Pläne für einen vorzeitigen Abzug der französischen Truppen aus Afghanistan. Er will sie entgegen Abmachungen mit den Verbündeten bereits Ende 2012 heimholen.
Im Bereich der Innenpolitik müssen sich Banken und Spitzenverdiener auf harte Zeiten gefasst machen. Der langjährige Vorsitzende der Parti Socialiste (PS) hat die Finanzwelt offen zu seinem «Gegner» erklärt. Auf Topeinkommen sollen künftig bis zu 75 Prozent Steuern fällig werden. Die PS ist die Schwesterpartei der deutschen SPD, die sich vom Wahlsieg Hollandes ein wichtiges Signal für einen Linksrutsch auch in anderen europäischen Ländern erhofft.
Sarkozys durchwachsene Amtszeit
Dem noch bis Mitte Mai amtierenden Sarkozy präsentierten die Wähler am Sonntag die Rechnung für eine durchwachsene Amtszeit. Er musste sich vorwerfen lassen, Frankreich deutlich schlechter durch die Finanz- und Wirtschaftskrise geführt zu haben als Kanzlerin Merkel Deutschland. Sowohl die Arbeitslosigkeit als auch die Staatsschulden sind weiter gestiegen. Hinzu kamen etliche Image schädigende Affären um reiche Freunde, maßlose Regierungsmitglieder oder Vetternwirtschaft.
Hollande sagte bereits vor der Wahl: «Der Präsident, der ich sein werde, wird dem Kandidaten ähneln, der ich bin: respektvoll, einigend – ein normaler Kandidat für eine normale Präsidentschaft im Dienste der Republik.» Eine seiner ersten Amtshandlungen werde eine Reise zu Kanzlerin Angela Merkel nach Berlin sein. Mit dem G8-Treffen (18./19. Mai) und dem Nato-Gipfel (20./.21. Mai) in Chicago stehen schon wenige Tage nach Hollandes Amtseinführung die ersten internationalen Top-Termine auf dem Programm.
UMP bläst Feier ab
Die Sozialisten schienen sich des Wahlsiegs Hollandes schon am frühen Nachmittag sicher gewesen zu sein. Beobachtern zufolge waren die Vorbereitungen zum großen Fest der Sozialisten auf dem Platz an der früheren Bastille weiter vorangeschritten als die der Konservativen um Sarkozy. An der Bastille, dem Symbol der französischen Revolution, hatte 1981 Frankreichs Linke den Sieg Mitterrands als erster sozialistischer Präsident der 5. Republik gefeiert.
Aus diplomatischen Quellen verlautet, dass Sarkozys Partei, die UMP, die am Abend auf der Place de la Concorde vorgesehene Feier annulliert habe. Stimmungsvoller ging es hingegen bereits am frühen Nachmittag vor dem Sitz des PS in Paris vor sich.
Rund 45 Millionen Franzosen waren aufgerufen, in einer Stichwahl zu entscheiden. Bis 17.00 Uhr hatten nach Angaben des Innenministeriums 71,96 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. 2007 seien es zum gleichen Zeitpunkt des zweiten Wahlgangs 75,11 Prozent gewesen. Die Beteiligung lag aber leicht über der des ersten Wahlgangs vom 22. April. Das Meinungsforschungsinstitut Ifop teilte mit, die Wahlbeteiligung werde voraussichtlich bei 81,5 Prozent liegen. Bei der Präsidentenwahl 2007 waren es knapp 84 Prozent.
Zu Demaart
























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