„Wir haben keinen Bedarf für dieses Roheisen. Deswegen haben wir vor, die Hochöfen zu schließen. Der Investor muss sich einen Markt für dieses Roheisen suchen“, sagte der Vizepräsident der Sparte Flachstahl Europa von ArcelorMittal, Henri Blaffart, am Dienstag in einem Gespräch mit dem Tageblatt.
Blaffart hat acht Jahre lang in Lothringen gearbeitet. Davon war er fünf Jahre lang Direktor der Anlagen in Florange und drei Jahre lang Chef der größten Forschungseinrichtung des Konzerns in Maizières-les-Metz vor den Toren der lothringischen Hauptstadt Metz. Blaffart macht sich Sorgen über die zunehmende Radikalisierung der Auseinandersetzung.
Die Sitzung am Montag in Saint Denis zwischen Firmenleitung und Gesamtbetriebsrat sei in einem ordentlichen Klima verlaufen. Am Dienstag in Metz bei der örtlichen Sitzung mit dem Betriebsrat von Florange habe es ebenfalls ein ordentliches Klima gegeben. Allerdings sei ein großes Polizei-Aufgebot nötig gewesen. Vor dem Sitzungsgebäude habe es Demonstrationen gegeben, an denen sich auch vermummte Gestalten beteiligt hätten.
Mitarbeiter sollen sich auf Gespräch einlassen
In der Frankreich- und Europa- Direktion von ArcelorMittal gehe man mittlerweile davon aus, dass nur ein geringer Teil der betroffenen Arbeiter demonstriere und die Radikalisierung nur von einem kleinen Teil betrieben werde. „Wir apellieren an die Verantwortung unserer Mitarbeiter, den Dialog nicht zurückzuweisen und sich auf Gespräche einzulassen“, sagt Blaffart.
Die Sorgen in Florange, dass der Weißblech-Bereich der nächste sei, der geschlossen wird, weist Blaffart zurück. „Wir haben hier eine sehr starke Konkurrenz mit der Aluminium-Industrie, weil wir hier Dosen für Getränke und für Gemüse herstellen. Derzeit haben wir eine Weißblechlinie geschlossen. Wir haben aber in unserem Projekt für Florange den Gewerkschaften nichts über die Weißblechlinien mitgeteilt. Richtig ist, dass wir hier wettbewerbsfähiger werden müssen“, sagt Blaffart. Es sei aber Aufgabe der Werksleitung in Florange, dies zusammen mit den Mitarbeitern zu leisten. Die derzeit stillgelegte zweite Weißblechstraße werde aber wegen der schwierigen Marktlage nicht unmittelbar wieder angefahren.
ArcelorMittal werde sich zwar von den Hochöfen trennen, keinesfalls aber von den Walzstraßen, macht der Europachef deutlich. „Hier handelt es sich um 2.000 Arbeitsplätze, die wir bewahren wollen.“
Die Walzstraßen bringen den Mehrwert
Das System, die Hochöfen stillzulegen, die Walzstraßen aber zu behalten, wird nicht nur in Florange angewendet, sondern auch in Liège. Walzstraßen bringen den Mehrwert in der Stahlerzeugung. In Liège gibt es wie in Florange Weißblech- und industrielle Walzstraßen. „Wir werden sie erhalten. Die Hochöfen in Liège benötigen wir, wie in Florange, nicht mehr. Ein Angebot der wallonischen oder der belgischen Regierung, die Hochöfen zu übernehmen oder einen Käufer zu finden, gibt es nicht“, sagt Blaffart. „Wir haben weder für das Roheisen aus Florange, noch für das aus Liège Bestellungen, also keine Kunden. Deswegen das Aus für die Hochöfen.“
Den Vorwurf, ArcelorMittal habe nicht in Florange investiert, weist Blaffart zurück. „Seit 2007 haben wir 120 Millionen Euro in Florange investiert. Wir werden auch in den kommenden Jahren investieren, und zwar überall dort wo der Automobilbereich betroffen ist. Summen nennt Blaffart nicht, sagt aber: Wir werden das Geld investieren, das nötig ist.“
Die Produktionsorte Dünkirchen und Fos
Für den Flachstahlbereich in Frankreich und in Belgien hat Blaffart eine klare Vorstellung: „Wir stützen uns auf die Produktionsorte in Dünkirchen und in Fos. Wir stützen uns weiter auf die Walzstraßen in Florange und in Liège. Nach unseren derzeitigen Prognosen entspricht das den Anforderungen des Marktes.“
Fos am Mittelmeer, so Blaffart, sei einer der besten Standorte, der in seiner Wettbewerbsfähigkeit nur ein wenig verbessert werden müsse. Dünkirchen sei der Standort, der die Walzstraßen in Florange und in Liège versorgen werde. Blaffart: „In Dünkirchen werden 7,5 Millionen Tonnen Stahl hergestellt. Die Walzstraßen dort können nur vier Millionen Tonnen verarbeiten. Die restlichen 3,5 Millionen Tonnen lasten die Walzstraßen in Florange und in Liège völlig aus.»
Zu der Kokerei in Florange sagt Blaffart: „Es hätte keinen Sinn gemacht, nur die Hochöfen der Regierung zum Verkauf anzubieten. Die Kokerei gehört technisch dazu. Sollte die Regierung in den kommenden 57 Tagen Hochöfen und Kokerei nicht verkaufen, dann übernehmen wir die Kokerei wieder.“
Der Flachstahlbereich von ArcelorMittal in Europa verfügt über 25 Hochöfen. Davon arbeiten 16. Von den neun außer Betrieb zählen vier (Liège und Florange) für den Konzern nicht mehr.
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