So viel Überschwang hat Luxemburg in den Räumen der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und von der OECD selbst schon lange nicht mehr erfahren. Ist man von Paris doch völlig Anderes gewöhnt: schwarze und graue Listen zum Beispiel, weil Luxemburg doch ein Finanzparadies ist. Als solches, das machten am Donnerstag Nachmittag in Paris Angel Gurria, Generalsekretär der OECD und der für Steuern verantwortliche Generaldirektor, Pascal Saint-Amans, deutlich, wird man Luxemburg zukünftig nicht mehr betrachten. Der Grund: Luxemburg beteiligt sich am steuerlichen Datenaustausch und hat sein Bankgeheimnis abgeschafft. Die Person, der das im wesentlichen zu verdanken ist, heißt Pierre Gramegna. Der Diplomat hat auf der europäischen und internationalen Bühne das Ansehen Luxemburgs im Steuer- und Finanzbereich verändert.
Der Generalsekretär der OECD, Angel Gurria, ist kein Mann, der Abkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung oder Steuersparmodelle oder Ruling-Abkommen mag. Gurria will, wie der Franzose Pierre Moscovici, derzeit Steuer und Finanzkommissar in der Europäischen Kommission, Transparenz haben. Steuern seien das Herz des Rechtes, sagt er. Steuern seien auch das Herz sozialer Gleichheit. Steuern, so Gurria, seien seit der Finanzkrise 2008 in den Mittelpunkt der Diskussion wegen der Steuerhinterziehungen gerückt.
Damit hat der Chef der OECD seinen Arbeitsschwerpunkt beschrieben und wohl auch seine Leidenschaft. Es sei gelungen, sagt er, in 136 Steuersystemen Steuerhinterziehung zu bekämpfen. Steuerhinterziehung sieht der Generalsekretär der OECD immer im Zusammenhang mit dem Bankgeheimnis, das für ihn die Grundlage für Steuervergehen ist. Gurria ist daher auch stolz darauf, dass alleine der automatische Datenaustausch für private Steuerbürger in Europa bisher eine Dynamik der Selbstanzeigen mit sich gebracht hat. „Wir haben Steuernachzahlungen in Höhe von 48 Milliarden Euro zu verzeichnen“, sagt er in einem kurzen Grußwort zur Eröffnung eines Steuerseminars in Paris, das die luxemburgische Präsidentschaft veranstaltet.
Gurria: «Praktiken bei den Unternehmen verändern»
Gurria würde sich selbst verleugnen, wenn er nun nicht den nächsten Schritt machte: „Wir müssen nun die Praktiken bei den Unternehmen verändern, die durch Strategien der Steuervermeidung 100 bis 240 Milliarden US Dollar nicht an Steuern bezahlen“. Gurria sagt nicht, woher diese Zahlen stammen.
Der französische Finanzkommissar Pierre Miscovici liegt auf der Linie des OECD-Generalsekretärs. Es gäbe heutzutage bei der Besteuerung von Unternehmen Praktiken, die sozial nicht mehr akzeptabel seien, sagt er. Man brauche eine Revolution der Transparenz. Man müsse dafür sorgen, dass Unternehmen dort Steuern zahlen, wo sie Reichtümer schüfen. Und Moscovici zeigte sich auf den Finanzsektor bezogen davon überzeugt, dass die Finanztransaktionssteuer eines Tages kommen würde. Obwohl sie gerade am vergangenen Dienstag in der Sitzung der Euro-Finanzminister wieder verschoben wurde.
Es gäbe, so Moscovici, in den 28 verschiedenen Steuersystem in der Europäischen Union immerhin drei Bereiche, die in allen Systemen anerkannt würden. Transparenz im Steuersystem, Kampf gegen Steuerhinterziehung und Steuersysteme, die die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen bewahren würden.
Der luxemburgische Finanzminister, der als Vorsitzender der Europäischen Union noch bis zum Jahresende deren Finanzrepräsentant ist, musste mit der ungewöhnlichen Situation fertig werden, dass sowohl die OECD, als auch die Europäische Kommission des Lobes voll waren über Luxemburg. Was da in den vergangenen sechs Monaten geschehen war, um die Haltung gegenüber Luxemburg verändern, ging aus der Bilanz hervor, die der Finanzminister vorlegte.
Unmoralische Steuerverweigerer
„Die heutigen Regeln in der internationalen Steuerwelt sind überholt“, sagte er. „Optimisierung von Steuern passt nicht mehr in die Zeit. Es ist unmoralisch, wenn jemand keine Steuern bezahlt.“ Die Europäische Union und die OECD zusammen seinen zu Pionieren für neue Steuerreglungen geworden.“ Gramegna sagte damit zwar dasselbe wie Moscovici, brachte es diplomatisch aber verbindlicher herüber.
In den vergangenen sechs Monaten geht auf das Luxemburger Arbeitskonto eine Direktive, die einen Austausch von Ruling Abkommen in der Union vorsieht. Der Diplomat und Finanzminister hat damit Luxemburg aus dem Rampenlicht genommen. Es hat in der Auseinandersetzng um Luxleaks nicht gereicht, dass luxemburg betonte, es sei alles mit Recht und Gesetz zugegangen und die anderen machten das auch. Mit der Direktive, die in Rekordzeit diskutiert und beschlossen wurde, tauschen nun alle Staaten der EU ihre Ruling Abkommen mit Unternehmen aus. Das Thema ist kein Luxemburger Skandal mehr.
Begonnen wurden auch steuerliche „Benimmregeln“, so genannte „soft rules“. Sie sind äußerst wirksam, so Pascal Saint-Amans, weil sie zu einer Art Sozialkontrolle führen, mit der man sich als Staaten untereinander eher freundschaftlich sagen kann, dass in diesem oder jenem Punkt besonders aufpassen muss.
Gramegna warnte allerdings in Richtung Angel Gurria und Pierre Moscovici auch: „Wir müssen darüber nachdenken, wie wir Regeln umsetzen. Es hat keinen Sinn, wenn wir in Europa alleine Vorreiter sind. Wir rauchen schon überall dieselbe Spielwiese mit denselben Regeln. Und wir müssen auch sehen, dass Geldwäsche und Steuerverkürzung unterschiedliche Vergehen sind.
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