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Gut für den Neustart

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Mit der Steuerreform nutzt die Koalition ihre zweite Chance

Zwei Top-Nachrichten aus der Luxemburger Politik sorgen dieser Tage für Gespräch: die Steuerreform und der Karriere-Zweisprung des Ex-Finanzministers. Wir gönnen Luc Frieden seinen doppelten Erfolg gerne, denn er hätte ja Premier werden können, wäre da nicht dieser Juncker gewesen. So steigt er zum Präsidenten des großen Medienhauses auf, das dem Luxemburger Erzbistum gehört, welches in der CSV seinen wichtigsten Partner zum Aufbau und der Wahrung der kirchlichen Privilegien hatte – und noch hat. Warum eigentlich nicht: Nun ist die alte, für beide Seiten über viele Jahrzehnte hinweg lukrative Partnerschaft endlich dokumentiert. – Man outet sich.

Hochinteressant, weil genauso „selbstverständlich“, ist der andere, fast gleichzeitige Vorgang: Frieden wird Präsident der ältesten Bank in Luxemburg, der BIL, einer der drei systemischen hierzulande. Als Teil des Dexia-Konzerns musste sie 2008 mit einem Griff in die Staatskasse gerettet werden, was Frieden entschlossen tat; danach wurde neben dem Staat ein neuer Großaktionär gebraucht, und den fand Frieden in Katar. – Man kennt sich.
Wenn jetzt der Unternehmer-Dachverband UEL einige für ihn vorteilhafte Aspekte der Steuerreform begrüßt, aber nach einem (für ihn) „richtigen“ Paket ruft, so denkt er vielleicht an eine neue Regierung, in der – ja, warum nicht? – Frieden, Frieden der Insider, der Banker, der Medienzar das Wort führte …

Ironie beiseite. – Die Mitte-links-Koalition scheint endlich verstanden zu haben, dass sie ihren Wählern, und denen zuerst, entgegenkommen muss. Diese Wähler waren zum überwiegenden Teil entschiedene Gegner des vom Tandem Juncker-Frieden durchgesetzten „Sparkurses“, der mit unsicheren Finanz- und Wirtschaftsprognosen gerechtfertigt wurde. Die einfache Fortsetzung dieser von Brüssel empfohlenen (nicht geforderten) Politik war für das Salariat, das privatwirtschaftliche wie das öffentlich-rechtliche, zu keinem Moment annehmbar. Als dann, zusätzlich, an vielen politischen, sozialen und kulturellen Baustellen Unverständliches geschah, schmolz die anfängliche Begeisterung hin wie der nasse Schnee dieser Tage. Die 500 Millionen Euro Steuern, auf die der Staat ab 2017 verzichtet, bedeuteten insgesamt eine deutliche Entlastung für die Haushalte und die Unternehmen. Auf den ersten Blick scheinen die mittleren Einkommensgruppen tatsächlich mehr Geld in der Hand zu behalten. Man wird
in den kommenden Wochen zu prüfen haben, welche Mittel noch zur Unterstützung der kleinen Einkommen bereitstehen. Es wäre unfair, wenn sie leer ausgingen.
Eine derart große Reduktion der Steuer setzt Vertrauen in den weiteren Aufschwung der Wirtschaft voraus. Mehr denn je braucht Luxemburg eine proaktive Politik, die alle Chancen der uns zufallenden Führungsrolle in der Großregion zu nutzen weiß.

So ist es doch: Das überaus rasch wachsende Luxemburg kann eine blühende, für die heranwachsenden Generationen ungemein attraktive Metropole werden! – Aber die Entwicklung mit ihren vielschichtigen Aspekten will geplant sein, durchdiskutiert und so breit wie möglich getragen.
DAS ist der eigentliche Auftrag dieser Regierung ohne Juncker, Frieden und so weiter. Mit ihrer Steuerreform gibt sie sich selbst die Chance zum Neustart.
Sie sollte auf die Stolpersteine achten!