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«Dieser Damm wird Finsternis bringen»

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Staudamm-Projekte bedrohen den letzten wilden Fluss Europas. Doch noch ist nichts entschieden. Noch kämpfen einige Unentwegte weiter. Eine Tageblatt-Reportage aus Albaniens Süden.

Sie wollen die Vjosa nicht ihrem Schicksal überlassen. In Qesarat, im Süden Albaniens, stehen rund 150 Anwohner, Politiker und Naturschützer auf einer Blumenwiese am Ufer der Vjosa. Es geht darum, den letzten wilden Fluss vor dem Staudamm-Wahn zu schützen, der dieses einmalige Ökosystem zu zerstören droht.

Mit dabei sind die Grande Dame der albanischen Literatur Vera Bekteshi und die Vizepräsidentin des Europaparlamentes, die österreichische Grüne Ulrike Lunacek. Zusammen mit den anderen warten sie auf die Ankunft von Rok Rozman und seinen Freunden.

In Albanien weltberühmt – und das verdientermaßen: Golik und seine Freunde singen für die Vjosa

Die Kajakfahrer um Rok sind 33 Tage zuvor in Slowenien auf ihre «Balkan Rivers Tour» gestartet. 23 Flüsse sind sie hinutergepaddelt. Ihre Schlussetappe ist die Vjosa. Das Ziel: Dem sozialdemokratischen albanischen Regierungschef Edi Rama eine Petition in Form eines Kajaks überreichen – damit Rama einlenkt und die geplanten Dämme wieder verhindert.

Wie groß die Erfolgsaussichten sind, lässt sich schwer abschätzen. Doch die Front gegen die Staudamm-Politik in Albanien wird immer breiter. Die Demonstranten stecken dabei viel Hoffnung in das Europaparlament und damit in Ulrike Lunacek. Die Politikerin setzt sich für die Vjosa ein. So sehr, dass der jüngste EU-Fortschrittsbericht den Beitrittskandidaten Albanien auffordert, seine Flüsse nicht zu sehr zu verbauen und die Lizenzvergaben für Wasserkraftwerke doch bitte etwas durchsichtiger zu gestalten.

Nach 33 Tagen auf 23 Flüssen ist der Balkan von Slowenien bis nach Albanien durchquert: Die Kajakfahrer der «Balkan Rivers Tour» werden in Qesarat empfangen

Der Balkan ist für Staudammkonstrukteure und Wasserkraftbetreiber das letzte Eldorado in Europa. Von Slowenien bis Albanien sind 2,700 Projekte vorgesehen. Es ist ein Riesenbusiness – und die meisten Staaten haben ein massives Problem mit Korruption, leiden zudem an Energiemangel. Albanien ist da keine Ausnahme.

Verschwunden, unter aufgestautem Wasser

Doch sollte dieser Damm gebaut werden, wäre hier nichts mehr wie zuvor. Eine einmalige Naturlandschaft, einfach weg. Das Ökosystem eines Flusses wie der Vjosa, über Milliarden Jahre entstanden, mit seinen in diesem Flussabschnitt unberührten Kiesinseln und Au-Gehölzen, wäre innerhalb kürzester Zeit verschwunden unter aufgestautem Wasser.

„Das Ökosystem der Vjosa darf nicht wegen politischer Entscheidungen zerstört werden!“, empört sich der Biologe Olsi Nika von der NGO EcoAlbania. Für Olsi muss es andere Wege zur Stromgewinnung in Albanien geben, denn er ist sich sicher: „Dieser Damm wird kein Licht bringen – er wird für Finsternis sorgen!“

Am Samstag im Tageblatt

Auf welche Hindernisse Rok Rozman und seine Freunde stoßen, was die Biologen Olsi und Philippe von der Vjosa erzählen, wieso Vera nur mehr wenig optimistisch ist – und was die Vjosa so besonders macht: All das erfahren Sie heute in der großen Tageblatt-Reportage im Print und als E-Paper (28.5.2016).

Ulrike Lunacek bei ihrer Ansprache in Qesarat