Es gebe einen Anfangsverdacht auf Marktmanipulation bei Wertpapieren von Volkswagen, teilte die Staatsanwaltschaft Braunschweig am Montag mit. Die Ermittler gehen dem Verdacht nach, dass Volkswagen möglicherweise bewusst verspätet über die finanziellen Folgen der millionenfachen Abgasmanipulation informierte. Die Behörde sei auf eine Strafanzeige der Finanzaufsicht BaFin hin aktiv geworden.
Neben Winterkorn richteten sich die Untersuchungen auch gegen ein zweites damaliges Vorstandsmitglied. Die Staatsanwaltschaft betonte, dabei handle es sich nicht um den amtierende Aufsichtsratsvorsitzenden Hans Dieter Pötsch, der früher Finanzvorstand des Konzerns war. Den Namen des zweiten Vorstandsmitglieds nannte die Behörde nicht. Volkswagen lehnte eine Stellungnahme ab. Zunächst wolle man sich die Vorwürfe ansehen. Winterkorns Anwalt war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Rückstellungen von 16,2 Milliarden Euro
Der Wolfsburger Konzern hatte am 20. September auf Druck der US-Umweltbehörden öffentlich zugegeben, Abgaswerte durch eine illegale Software manipuliert zu haben. Nach dem Geständnis stürzte die VW-Aktie um 20 Prozent ein. Am 22. September gaben die Niedersachsen bekannt, dass rund elf Millionen Fahrzeuge von dem Betrug betroffen seien und der Konzern deswegen 6,5 Milliarden Euro zur Seite legen müsse. Die Rückstellungen wurden später auf 16,2 Milliarden Euro erhöht. Der Konzern wies deshalb im vergangenen Jahr den höchsten Verlust seiner Firmengeschichte aus.
Die Staatsanwaltschaft teilte mit, es «bestünden zureichende tatsächliche Anhaltspunkte» dafür, dass die Pflicht zur Information der Börse über die zu erwartenden erheblichen finanziellen Verluste des Konzerns bereits zu einem früheren Zeitpunkt bestanden habe.
Die Zahl der Beschuldigten steigt
Mit den Ermittlungen gegen die beiden damaligen Vorstandsmitglieder erhöht sich die Zahl der Beschuldigten weiter. Bereits im März hatte die Staatsanwaltschaft ihre Untersuchungen auf 17 von sechs Beschuldigte deutlich ausgeweitet. Dabei geht es um den Verdacht auf Betrug. Im Juni kamen Ermittlungen gegen einen Mitarbeiter wegen des Löschens von Daten hinzu.
Winterkorn war im Zuge des Skandals zurückgetreten. Dabei hatte er erklärt, er tue dies im Interesse des Unternehmens, obwohl er sich keines Fehlverhaltens bewusst sei. Im Zuge der Aufarbeitung des Skandals kam heraus, dass bereits im Mai 2014, fast eineinhalb Jahre vor Bekanntwerden der Abgasaffäre, ein erster Vermerk über Unregelmäßigkeiten bei Diesel-Motoren an den damaligen Konzernchef ging. Nach VW-Darstellung ist jedoch unklar, ob Winterkorn diesen Vermerk, der seiner umfangreichen Wochenendpost beigelegt worden sei, überhaupt zur Kenntnis genommen hat.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können