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Ein Rückschlag droht

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Zu den Paralympischen Sommerspielen

In gut einer Woche, am 7. September, fällt der Startschuss zu den Paralympischen Sommerspielen. Im Vorfeld dominieren vor allem negative Schlagzeilen in puncto Organisation: finanzielle Engpässe, schleppender Ticketverkauf usw. „Noch nie hatten wir mit so schwierigen Rahmenbedingungen zu kämpfen“, erklärte erst kürzlich der Präsident des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC), Sir Philip Craven.

Dabei geht es um weit mehr als um den reibungslosen Ablauf einer Sportveranstaltung, wie das Beispiel Peking belegt. Nach den Spielen 2008 wurde nämlich in einer offiziellen Studie festgehalten, dass sich die Wahrnehmung von Leuten mit Behinderung in China wesentlich verändert hatte.

Anspruch ist nicht gleich Wirklichkeit

Brasilien gehörte zwar zu den ersten Unterzeichnern der UN-Behindertenrechtskonvention, hat Behindertenquoten für den Arbeitsmarkt vorgeschrieben und die Gebärdensprache neben dem Portugiesischen als Amtssprache eingeführt, doch habe dieser Anspruch wenig mit der Wirklichkeit zu tun, sagte Wenzel Michalski von Human Rights Watch Deutschland gegenüber dem Deutschlandfunk. „Es sind nicht Gesetze, die die öffentliche Meinung verändern“, hatte Craven im vergangenen Jahr im Tageblatt-Interview erklärt.

Ob die Paralympics einen ähnlichen Einfluss auf die brasilianische Gesellschaft haben werden wie damals auf die chinesische, hängt vom Erfolg der Veranstaltung ab, und hinter diesem steht ein großes Fragezeichen.

Der Organisator hat mit großen Finanzproblemen zu kämpfen und ist auf die Unterstützung des Staates angewiesen. 68 Millionen Euro soll der Zuschuss betragen. Eine Maßnahme, die bei der Bevölkerung nicht gerade gut ankommt. Millionen leben in Armut, können weder von einem anständigen Gesundheits- noch Bildungssystem profitieren.

Es gibt in dem größten Land Südamerikas eben andere Probleme als die Finanzierung seines Sportevents (heute soll der Senat über die Amtsenthebung von Präsidentin Dilma Rousseff entscheiden). Auch der nicht gerade reibungslose Ablauf der Olympischen Spiele mit spärlich besetzten Tribünen stimmt nicht gerade optimistisch für das kommende Großereignis. Dabei ist der paralympische Sport in Brasilien seit Jahren auf dem Vormarsch. 2012 belegte man Rang sieben im Medaillenspiegel.

Die Success Story der Paralympics hat 2012 in London mit über 18.000 Zuschauern pro Tag ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht. Ein Misserfolg der Spiele wäre ein Rückschritt für die gesamte paralympische Bewegung sowie für die Gleichberechtigung von Menschen mit Behinderung. Immerhin hat der schleppende Ticketverkauf zuletzt angezogen.

Seit dem Ende der Olympischen Spiele wurden weit über 200.000 Eintrittskarten verkauft – mehr als seit Beginn des Vorverkaufs. Das Interesse scheint größer zu werden. Ansonsten bleibt nur auf Tokio 2020 zu hoffen. Hier sind die Organisatoren bereits bei der Bewerbung für die Olympischen Spiele auch auf die Paralympics eingegangen und haben von einem großen, gemeinsamen Fest gesprochen. Ein Rückschlag für den Behindertensport durch die Spiele in Rio wäre zwar bedauerlich, aber wohl doch nur vorübergehend.