Zwischen 80 und 110 Tage sind 29 Segler mit sich und ihrem Boot alleine auf den Weltmeeren, bevor sie in Les Sables d´Olonne wieder ankommen.
Es sind Rennmaschinen des Meeres, die sich seit drei Wochen im Hafen von Les Sables d´Olonne verstecken. Wenn sie zum Training auf das Meer ziehen, zerschneidet der Bug die Wellen, setzt das Heck knallhart auf dem Wasser auf.
Formel 1
Die Boote sind die Formel 1 Fahrzeuge des Wassers. Nichts, was man nicht braucht, ist drin. Spartanische Hochtechnologie beherrscht die Rennmaschinen aus Carbon, die mit 20 Knoten über das Wasser zischen. Das Essen ist von Spezialisten auf 110 bis 120 Tage je nach Klimazone zusammengestellt und eingeschweißt worden.
Ersatzsegel sind verstaut, der Computer ist eine Kommunikationszelle mit der Zentrale an Land und gleichzeitig Wetterstation. Ansonsten ist das Boot Hülle, um über das Meer zu rasen.
Die 29 Kapitäne sind harte Kerle, mit weicher Seele. Männer, die wissen auf was sie sich einlassen, die ab Sonntag ihre Frauen und Kinder für drei Monate vergessen müssen. Die Schule, aus der sie kommen, liegt in der Bretagne.
Der «Graal»
Vor der Küste der bretonischen Stadt Lorient trainieren sie bei jedem Wetter und stellen sich ein, auf das, was sie erwarten wird. Es sind Männer wie Jean-Pierre Dick, Tierarzt, Master der Handelshochschule HEC, Manager einer Tier-pharmazeutischen Firma, die er vom Vater geerbt hat. Dick ist von Nizza in die Bretagne gezogen ist, um die härteste Form des Segelns, das Einhand-Segeln, zu praktizieren. Es ist der „Graal“ der Disziplin, und wer den Vendée Globe gewinnt, ist im Olymp.
Weniger als die Hälfte der „Piloten“, wie sie genannt werden, ist in den bisherigen sechs Rennen angekommen. Drei sind während der Regatta untergegangen. Wer die Vendée Globe segelt, weiß, dass er in Lebensgefahr schwebt. „Wenn man im Indischen Ozean mit 70 eine welle hinunter fährt hat man einfach Angst“, sagt einer der früheren Teilnehmer.
Drei Eckpunkte
Die Strecke führt durch den Atlantik, den Indischen Ozean, an Australien vorbei, lässt die Boote die Antarktis umrunden. Drei Kaps sind die Eckpunkte: Kap Horn, Kap Leeuwin und das Kap der Guten Hoffnung. Die gefährlichste Strecke ist die durch den Indischen Ozean mit den stärksten Stürmen ohne irgendeinen anderen Schiffsverkehr. Die Marinen und Seenotrettungen aller Anrainerstaaten der Route sind während der Regatta in Alarmbereitschaft.
Wie ist diese Regatta entstanden? Drei Segler hatten sich in Australien in den 90er Jahren zusammengesetzt um zu reden. Dabei entstand die Idee ein Rennen zu veranstalten, das sich zum härtesten der Welt entwickeln sollte. Einhandsegler die Erde ohne Zwischenstopp umrunden zu lassen.
Les Sables d´Olonne
Der Ausgangspunkt Les Sables d´Olonne in der Vendée kam eher zufällig zustande. Einer der drei stammte aus der Stadt. 1998 wurde die erste Regatta veranstaltet. Sie findet alle vier Jahre statt. Am Sonntag pünktlich um 13.02 Uhr gibt es den Startschuss für die achte Regatta.
In der Vendée pilgern seit Wochen Zuschauer nach les Sables d´Olonne. Über eine Million waren es bisher, die über die Stege liefen, um die Hochseejachten zu bewundern. Wer genau hinschaut, findet erhebliche Unterschiede.
Tatsächlich ist die Weltumseglung ein Millionenspiel, wenn man sie gewinnen will. Firmen und Banken gehören zu den Sponsoren der Rennmaschinen, deren Unterhaltung durchaus mehr als eine Million pro Jahr kosten kann. Entsprechend lassen die Sponsoren ihre Mitarbeiter einreisen, um sie mit dem Ereignis zu identifizieren, laden Kunden ein, um mit Kontakte im Rahmen des Spektakels zu vertiefen.
Profisegler, die mit Sponsoren-Budgets von bis zu acht Millionen arbeiten, haben wenig Sorgen. Andere müssen mit Budgets von einigen Hunderttausend Euro auskommen.
Gegenseitige Hilfe
Der Schweizer Alain Roura hat sich verschuldet, um an der Vendée Globe teilnehmen zu können. Er hat ein 15 Jahre altes Boot gekauft, dass bereits 300.000 Meilen gesegelt hat. Ein anderer hat sein Boot in einer polnischen Werft gefunden, wo es vor sich in vegetierte. Und ein Dritter hat sein Boot in Südafrika gefunden, hat auf der Überführung zweimal seinen Mast gebrochen und kann jetzt nur teilnehmen, weil ihm ein anderer Teilnehmer einen Mast geschenkt hat.
Denn auch das gilt für die Regatta, die Konkurrenten helfen sich. Würde im Indischen Ozean jemand in Seenot geraten, kann er sicher sein, dass jeder andere in der Nähe ohne Rücksicht auf das Rennen ihm zu Hilfe eilt.
Eindrucksvolles Spektakel
Vor dem Start wird es am Sonntag ein eindrucksvolles Schauspiel geben. Alle 29 Boote fahren vom ihrem Hafen durch einen Kanal und dann entlang der Mole in einer Parade auf das offene Meer hinaus, wo sie von gut 900 großen und kleinen Booten empfangen und zur Startlinie begleitet werden. Entlang des Kanals und auf der Mole stehen die Zuschauer dann in Fünfer Reihen, um den Seglern zu applaudieren. In Luxemburg ist der Start der Regatta auf dem Sender BFMTV in den Kabelkanälen zu verfolgen.
Nicht nur die Regatta ist ein Millionenspiel für Investoren und Sponsoren geworden. Für die Vendée hat sie sich zu einem jackpot entwickelt. Im Umkreis von 50 Kilometern sind alle Hotels ausgebucht. In der Stadt sind Restaurants ausgebucht
„Vor vier Jahren“, sagt der Bürgermeister, „haben Hotels und Restaurants in unserer Stadt und in der Umgebung alleine durch die Regatta 38 Millionen Euro umgesetzt“.
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