Pogacar, schon am Donnerstag am Tourmalet der stärkere der beiden Protagonisten, trat bei der ersten Ankunft am legendären Berg nach 35 Jahren einen Kilometer vor dem Ziel auf 1.415 m Höhe mächtig an. Vingegaard kämpfte wie ein Löwe, kam acht Sekunden nach seinem Rivalen ins Ziel – und behielt die Gesamtführung. Mit 17 Sekunden Vorsprung geht er in den ersten Ruhetag, es ist schon jetzt ein Duell für die Geschichtsbücher.
„Das wird super, super hart“, hatte Pogacar vor der Etappe prophezeit: „Das Feld wird explodieren.“ Und so kam es dann auch: Die weiteren Klassementfahrer konnten auf den brutal schweren letzten – im Schnitt zwölf Prozent steilen – viereinhalb Kilometern nicht mithalten.
Jai Hindley (Australien), Kapitän der Bora-hansgrohe-Mannschaft von Bob Jungels und nach der ersten Pyrenäen-Etappe in Gelb, verlor deutlich auf die beiden Topfahrer, behielt aber mit 2:40 Minuten Rückstand seinen dritten Platz im Gesamtklassement.
Bereits in den Pyrenäen hatten sich die beiden Protagonisten in der ersten Tourwoche zwei erbitterte Fights geliefert. Zunächst fuhr Vingegaard auf dem Weg nach Laruns über eine Minute Vorsprung heraus, einen Tag später konterte Pogacar mit dem Etappensieg bei der Tourmalet-Etappe.
Der bereits 36 Jahre alte Woods vom Team Israel-Premier Tech siegte mit 28 Sekunden Vorsprung auf den Franzosen Pierre Latour. Erst 500 Meter vor dem Ziel hatte Woods den lange führenden US-Amerikaner Matteo Jorgensen abgefangen. Jorgensen hatte wie der sichere Sieger ausgesehen, an der Fünf-Kilometer-Marke aber seine letzte Trinkflasche fallen gelassen – dann ging dem 65 kg leichten 1,91-m-Schlaks der Sprit aus.
Angesichts der Temperaturen von deutlich über 30 Grad ließen es die Favoritenteams am Sonntag auf den ersten nicht allzu schwierigen rund 150 Kilometern Richtung Schlussberg ruhig angehen und eine starke Fluchtgruppe um den Bergtrikot-Träger Neilson Powless über 16 Minuten Vorsprung herausfahren. Keiner der Ausreißer stellte im Gesamtklassement eine Gefahr für Vingegaard und Pogacar dar.
Seit 1988 war die Tour nicht mehr auf dem Puy de Dome zu Gast gewesen, damals gewann Vingegaards Landsmann Johnny Weltz, davor gab es legendäre Duelle der Allergrößten. Nicht nur wegen der bewegten Historie des Etappenziels war es ein Tag mit viel Geschichte. Weil der neunte Renntag in der Wahlheimat des 2019 verstorbenen Raymond Poulidor begann, wurde vor Etappenstart des Volkshelden „Poupou“ gedacht – und bei einer Zeremonie seinem sichtlich gerührten Enkel, dem heutigen Topstar Mathieu van der Poel, ein Originalrad seines Opas überreicht.
Die schwierige Sprinteretappe am Samstag nach Limoges hatte der dänische Ex-Weltmeister Mads Pedersen vor dem Belgier Jasper Philipsen gewonnen, der zuvor alle drei Massenspurts für sich entschieden hatte. Das sportliche Geschehen trat aber ein wenig hinter das kleine Drama um Mark Cavendish zurück.
Der beste Sprinter der Tour-Geschichte, der tags zuvor seinen 35. Etappensieg knapp verpasst hatte, lag plötzlich unter großen Schmerzen auf dem Asphalt der Departementsstraße 85. Ein Schlüsselbeinbruch beendete „Cavs“ 14. und mutmaßlich letzte Frankreich-Rundfahrt bitterst möglich. „Herzzerbrechend“ war das, sagte Cavendishs alter Rivale Marcel Kittel.
Auf der 9. Etappe kamen Bob Jungels und Kevin Geniets gemeinsam mit einer Verfolgergruppe ins Ziel, die fast 20 Minuten Rückstand auf den Tagesgewinner aufwies. Fast acht Minuten später überquerte Alex Kirsch als 113. die Ziellinie.
Im Überblick
8. Etappe: Libourne – Limoges (200,7 km): 1. Mads Pedersen (Dänemark/Lidl-Trek) 4:12:26 Stunden, 2. Jasper Philipsen (Belgien/Alpecin-Deceuninck), 3. Wout Van Aert (Belgien/Jumbo-Visma), 4. Dylan Groenewegen (Niederlande/Team Jayco AlUla), 5. Nils Eekhoff (Niederlande/Team dsm-firmenich), 6. Bryan Coquard (Frankreich/Cofidis), 7. Jasper De Buyst (Belgien/Lotto Dstny), 8. Rasmus Tiller (Norwegen/Uno-X Pro Cyling Team), 9. Corbin Strong (Australien/Israel-Premier Tech), 10. Tadey Pogacar (Slowenien/UAE Team Emirates) … 29. Bob Jungels (Luxemburg, Bora-hansgrohe) gleiche Zeit, 35. Kevin Geniets (Luxemburg/Groupama-FDJ) gleiche Zeit, 59. Alex Kirsch (Luxemburg/Lidl-Trek) + 0:47
9. Etappe: Saint-Leonard-de-Noblat – Puy de Dome (182,4 km): 1. Michael Woods (Kanada/Israel-Premier Tech) 4:19:41 Stunden, 2. Pierre Latour (Frankreich/TotalEnergies) 0:28 Minuten zurück, 3. Matej Mohoric (Slowenien/Bahrain Victorious) 0:35, 4. Matteo Jorgenson (USA/Movistar Team) 0:36, 5. Clement Berthet (Frankreich/AG2R Citroen Team) 0:55, 6. Neilson Powless (USA/EF Education-EasyPost) 1:23, 7. Alexej Lusenko (Kasachstan/Astana Qazaqstan Team) 1:39, 8. Jonas Gregaard (Dänemark/Uno-X Pro Cycling Team) 1:58, 9. Mathieu Burgaudeau (Frankreich/TotalEnergies) 2:16, 10. David de la Cruz (Spanien/Astana Qazaqstan Team) 2:34 … 44. Jungels, 52. Geniets beide 19:56, 113. Kirsch 27:49
Gesamtwertung nach 9 von 21 Etappen: 1. Vingegaard (Dänemark/Jumbo-Visma) 28:37:46 Stunden, 2. Tadej Pogacar (Slowenien/UAE Team Emirates) 0:17 Minuten zurück, 3. Jai Hindley (Australien/Bora-hansgrohe) 2:40, 4. Carlos Rodriguez (Spanien/Ineos Grenadiers) 4:22, 5. Adam Yates (UAE Team Emirates) 4:39, 6. Simon Yates (Team Jayco Alula) 4:44, 7. Thomas Pidcock (alle Großbritannien/Ineos Grenadiers) 5:26, 8. David Gaudu (Frankreich/Groupama-FDJ) 6:01, 9. Sepp Kuss (USA/Jumbo-Visma) 6:45, 10 Romain Bardet (Frankreich/dsm-firmenich) 6:58 … 35. Jungels 40:22, 46. Geniets 54:54, 115. Kirsch 1:42:56
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