Probleme mit der Digitalisierung angesichts zunehmender digitaler Angebote für Bank- und andere Dienstleistungen wie etwa das Vereinbaren eines Arzttermins, Probleme beim Zugang zu kulturellen und sportlichen Veranstaltungen – so umriss Marc Spautz (CSV), dessen Partei die Aktualitätsstunde beantragt hatte, die Sorgen des Dritten Alters. Hinzu komme oftmals soziale Isolation älterer Menschen.
Dabei berief sich Spautz auf einen deutschen Zeitungsartikel, doch dürfte sich die Situation in Luxemburg ähnlich gestalten. Einsame Menschen erkrankten öfters, litten unter Alkohol- oder Medikamentensucht. Den Gemeinden komme bei der Integration von Senioren eine bedeutende Rolle zu. Spautz zufolge sollte es in den Kommunen neben Seniorenkommissionen auch einen Seniorenkoordinator geben. Und warum nicht auch einen Seniorenrat.
Max Hahn (DP) wies auf die Vielfältigkeit der Menschengruppe über 60 Jahre hin. Entsprechend unterschiedlich müsse auch das Angebot sein. Die LSAP-Abgeordnete Simone Asselborn-Bintz plädierte für einen geschmeidigeren Übergang vom Berufs- ins Rentnerleben. Es bestünden bereits etliche Angebote für Senioren und Seniorinnen, dennoch fühlten sich viele Menschen nicht angesprochen. Da müsse noch nachgebessert werden. Angesichts der bevorstehenden Gemeindewahlen wies die Sanemer Députée-maire darauf hin, dass die älteren Personen ihr Wahlrecht wahrnehmen sollten, auch wenn die Wahlpflicht ab 75 Jahre entfällt.
Gefahren der Isolation
Über die Gefahren der sozialen Isolation für die seelische und die körperliche Gesundheit sprach auch Charles Margue („déi gréng“). Hinzu komme, dass viele Menschen in nicht altersgerechten oder zu großen Wohnungen lebten. Diesen Problemen wollten die Grünen mit Mehrgenerationenhäusern und Seniorenwohngemeinschaften als Alternative zu den Altersheimen begegnen. Derlei Alternativen befürwortete auch Myriam Cecchetti („déi Lénk“).
Der ADR-Abgeordnete Fred Keup schlug seinerseits vor, Menschen nach Pensionseintritt die Möglichkeit zu geben, kleinere Arbeiten beim Staat oder in einer Gemeinde zu verrichten, während Marc Goergen (Piratepartei) für eine Aufbesserung der Mindestrenten plädierte.
Die Menschen wollten auch im Alter ein selbstbestimmtes Leben führen, betonte am Ende der Debatte Familien- und Integrationsministerin Corinne Cahen (DP). Daher sei es unabdingbar, unterschiedliche Dienstleistungen anzubieten. Den zuvor erhobenen Vorwurf, Menschen mit niedrigem Einkommen könnten sich kein Altersheim leisten, wies Cahen zurück. Ein Gesetzentwurf soll die staatlichen Beihilfen für minderbemittelte Bewohner von Seniorenheimen verbessern.
Wahlkampfthema ländliche Entwicklung
Ein parlamentarischer Dauerbrenner ist die Entwicklung des ländlichen Raums. Initiator der Neuauflage am Mittwoch war erneut der Grevenmacher Député-maire Léon Gloden (CSV), der bereits vor drei Jahren eine ähnliche Debatte beantragt hatte. Sorgen bereiten ihm und anderen Abgeordneten die mangelhafte medizinische Versorgung der Landbevölkerung, die Abwanderung staatlicher Dienstleistungen und ein lückenhaftes öffentliches Personennahverkehrsnetz. Dazu rollte Gloden, Wahlkampf oblige, die Vorschläge seiner Partei auf.
Die CSV sei für den Ausbau ambulanter Versorgung, Stichwort: medizinische Zentren mit schwerem medizinischem Gerät. Es müsse zu einem „virage ambulatoire“ kommen. Mit der „roten Gesundheitspolitik“ fahre man gegen die Wand, warnte er. Ausbauen würde die CSV Proximitätsdienstleistungen wie Telealarm und Seniorentaxis. Mehr Rufbusse, mehr Umgehungsstraßen und eine Moselbrücke beim Merterter Hafen, so weitere Wünsche.
Insbesondere die LSAP-Abgeordnete Tess Burton bot dem Ankläger Gloden Paroli. Es sei nachvollziehbar, dass das Angebot im ländlichen Raum geringer als in urbanen Zentren sei, betonte sie. Doch Grundbedürfnisse müssten gewährleistet sein. Deshalb plädiere die LSAP dafür, dass wesentliche, für die Privathand wenig attraktive Dienstleistungen in öffentlicher Hand bleiben müssten.
Auch die LSAP sei für die Schaffung medizinischer Zentren mit multidisziplinärem Angebot und Radiologiegeräten, so die Ostdeputierte. Doch bei privaten Investoren stellten sich dem Patienten etliche Fragen. Wie soll etwa die Nachsorge durch ein Krankenhaus nach einer Untersuchung mit einem Magnetresonanztomografen (IRM/MRT) erfolgen? Wie wird der Bereitschaftsdienst organisiert? Wie sicherstellen, dass dem Patienten die Kosten zurückerstattet werden? Die vom Gesundheitsministerium für das Zentrum Potaschbierg vorgeschlagene Lösung, den Tomografen in Zusammenarbeit mit dem CHL zu betreiben, bezeichnete Burton als gute Lösung. Weitere Zentren würden folgen.
Lenert: „Ländliche Probleme erkannt“
Dass das Land angesichts der demografischen Entwicklung zusätzliche Investitionen im medizinischen Bereich benötige, habe man bereits 2019 erkannt, so Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP). Daher sei auch die Zahl der IRM-Geräte von sieben auf 13 angehoben worden. Den Menschen sollte eine gute Qualität angeboten werden, betonte sie. Daher investiere man ausschließlich in neues und gutes Material und nicht in Gebrauchtgeräte. „Wir sparen nicht am Patienten“, so Lenert, die auch die baldige Inbetriebnahme von acht weiteren neuen Mammografie-Geräten ankündigte.
Nicht Gloden habe sich beim Projekt medizinisches Zentrum Potaschbierg durchgesetzt. Das sei den Bemühungen des CHL zu verdanken, das den Tomografen des Zentrums Potaschbierg übernommen hat. Unter anderem wolle man, dass das eingesetzte Gerät den gewohnt hohen Qualitätsstandards entspricht. Das alles habe nichts mit Ideologie zu tun. Bei der Anwendung bildgebender Verfahren schneide Luxemburg im internationalen Vergleich gut ab, sagte Lenert: Bei den IRM platziere man sich an achter, bei Scannern an erster Stelle. „Wir haben uns verbessert!», erklärte die 54-Jährige.
Dass Luxemburgs Gesundheitssystem gar nicht mal so schlecht sein muss, zeige die Zunahme nicht gebietsansässiger Patienten in Luxemburg. Menschen, die von weit her nach Luxemburg kommen, täten das nicht aus Spaß, so Lenert. Das übe entsprechenden Druck auf das Gesundheitssystem aus. Bei den IRM-Untersuchungen soll der Rückstau schnell abgebaut werden. So werden die Krankenhauszentren ab Juni auch samstags, das CHEM zusätzlich sonntags öffnen.
Mehr Apotheken in Aussicht
Lenert stellte auch zusätzliche Apotheken in Aussicht. Arbeiten dazu liefen bereits vor der Covid-19-Pandemie an. Fünf Apotheken wurden bereits ausgeschrieben. Vier weitere Gemeinden wurden zwecks neuer Apotheken angeschrieben. Über drei Anträge von Gemeinden müsse noch entschieden werden, auch über eine solche für die Ortschaft Fouhren in der Gemeinde Tandel. Ein aufgebrachter Député-maire Ali Kaes (CSV) hatte der Gesundheitsministerin zuvor vorgeworfen, sich bereits gegen eine Apotheke in Fouhren entschieden zu haben, weil die Nachbargemeinde Vianden nicht auf ihre Apotheke verzichten wolle.
Bei der Entwicklung des ländlichen Raums herrschte in den letzten Jahren keinesfalls Stillstand, hatte im Laufe der Debatte in sachlichem Ton der liberale Nordabgeordnete André Bauler festgestellt. Unter anderem der Kanton Clerf sei eine Erfolgsgeschichte. Noch in den 1980er Jahren verließen Einwohner ländliche Gegenden. Diese Landflucht habe gestoppt werden können.
Die Kantone Clerf und Wiltz seien stärker als jede andere Gegend gewachsen. Dennoch verniedlichte auch Bauler keineswegs bestehende Schwierigkeiten. Öffentliche Dienstleistungen müssten erhalten werden. Nicht alle Probleme ließen sich digital lösen. Benötigt würden auch sichere und „komfortable“ Straßen. Auch sollten Dörfer Dörfer bleiben. Eine starke Verdichtung würde deren „Charakter und Seele hypothekieren“.
Zuvor hatte das Parlament einstimmig eine von Yves Cruchten (LSAP) vorgestellte Resolution angenommen, in der die Menschenrechtsverstöße und die Unterdrückung der Opposition im Iran verurteilt werden. Der Text soll dem Präsidenten des iranischen Parlaments zugestellt werden.
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