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ParlamentDie neue Verfassung kann in Kraft treten

Parlament / Die neue Verfassung kann in Kraft treten
Luxemburg bekommt ein Grundgesetz des 21. Jahrhunderts Foto: Editpress/Julien Garroy

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Das Parlament hat am Donnerstag die Arbeiten zur Revision der Verfassung mit dem zweiten Votum zu drei weiteren Kapiteln abgeschlossen. Sie sollen das Grundgesetz laut Parlamentsmehrheit ins 21. Jahrhundert bringen. Der abgeänderte Verfassungstext kann nun sechs Monate nach seiner Veröffentlichung im „Journal officiel“ in Kraft treten. Kapitel eins über die Justiz war am Mittwoch angenommen worden.

Die ersten Änderungsvorschläge, die in der Morgensitzung zur Abstimmung vorlagen, betreffen die Organisation des Staates, seine Staatsform, seine Beziehungen zu den Glaubensgemeinschaften und den Gemeinden sowie zum Staatschef. Insbesondere die vorgeschlagenen Änderungen bezüglich des großherzoglichen Hofes hatten bereits vor dem ersten Votum zu teilweise kontroversen Diskussionen geführt.

„Das war eine Bergetappe“, sagte Berichterstatter Mars Di Bartolomeo (LSAP) bezüglich der Arbeiten an diesem Kapitel. „Wir bekommen endlich ein Grundgesetz, das im 21. Jahrhundert angekommen ist.“ Die Institutionen werden gestärkt und ihre Aufgaben klar festgehalten. „Bewährtes wird bestätigt“, so der Berichterstatter. Luxemburg sei eine konstitutionelle Monarchie und der Rechtsstaat werde gefestigt. In die Verfassung geschrieben werden die Staatssymbole wie Nationalhymne und Nationalfahne. Luxemburgisch ist die Landessprache, wobei auch die Mehrsprachigkeit des Landes betont wird. Berufskammern werden als wichtiges Element des Sozialdialogs im Grundgesetz verankert.

Mit dieser Revision komme die konstitutionelle Monarchie mit dem Großherzog an der Staatsspitze im 21. Jahrhundert an. Der Großherzog repräsentiert den Staat und ist Symbol der Unabhängigkeit des Landes. Seine Rolle sei jedoch vor allem repräsentativer Natur, betonte Di Bartolomeo. Diese Rolle werde jedoch nicht geschwächt, übe er doch zusammen mit der Regierung die Exekutivgewalt aus. Die neue Verfassung definiert auch die Regeln, unter welchen Umständen der Staatschef abgesetzt werden kann und wann die Vertrauensfrage gegen die Regierung gestellt werden kann. Die Trennung von Kirche und Staat wird in der Verfassung verankert. Auch Vorschläge von Bürgern und Bürgerinnen seien in diese Änderungen eingeflossen, so der CSV-Abgeordnete Léon Gloden.

Neue Rechte

Wie bereits in der Vergangenheit bemängelte die ADR gestern die neu definierte Rolle des Staatsoberhaupts. Die reduzierte Bedeutung der Monarchie beunruhige ihn, so Fernand Kartheiser. Der große institutionelle Gewinner sei die Regierung, die ihre Macht ausbaute. Nicht einverstanden ist die ADR mit der Regelung, unter welchen Bedingungen der Großherzog abgesetzt werden kann.

Das zweite Änderungspaket, das zur zweiten Abstimmung vorlag, schreibt die Grundrechte und Bürgerrechte sowie die Staatsziele fest. Bisher bestehende Rechte wurden neu formuliert und zwölf neue hinzugefügt, so Berichterstatterin Simone Beissel (DP). Die den Grundrechten gewidmeten Verfassungsartikel wollte man nicht künstlich aufblähen, indem man alle Rechte eingetragen hätte, die in internationalen Verträgen, so etwa in der Menschenrechtskonvention, eingetragen sind. Da Luxemburg automatisch die Superiorität der internationalen Rechtsnormen anerkennt, sind alle Rechte, die in internationalen Verträgen und Konventionen verankert sind, Teil der Luxemburger Texte.

Befürchtungen, dass in Zukunft auch Nichtluxemburger an Legislativwahlen teilnehmen könnten, räumten gestern gleich mehrere Redner aus. Nur Luxemburger und Luxemburgerinnen, die ihre zivilen Rechte besitzen und mindestens 18 Jahre alt sind, dürfen wählen, so Simone Beissel. Änderungen können nur mit einer neuen Verfassungsrevision erfolgen, wobei wie bei jeder Revision die notwendigen Mehrheiten (zwei Drittel der anwesenden Abgeordneten) erforderlich sind, so Mars Di Bartolomeo.

Kritiker sahen bei der Formulierung, dass die Luxemburger alle gleich vor dem Gesetz sind, eine Diskriminierung von Nicht-Luxemburgern. Jeder Mensch, der in Luxemburg lebt und sich bewegt, genieße denselben Schutz, so Beissel unter Verweis auf den entsprechenden Verfassungsartikel. Zu den Neuerungen gehören das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und der Schutz der personenbezogenen Daten. Im Grundgesetz wird das Recht auf Asyl verankert, der Umweltschutz und der Schutz der Biodiversität, der Kampf gegen den Klimawandel. Priorität hat der Schutz des Kindes. Neu ist ebenfalls der Eintrag zum Schutz des kulturellen Erbes, zum Zugang aller zur Kultur, zur Freiheit der wissenschaftlichen Forschung im Respekt der europäischen Werte.

In Stein gemeißelt

Die Grundrechte können nicht geändert werden, so Léon Gloden. Sie sind in Stein gemeißelt, meinte seinerseits Charles Margue („déi gréng“). Zwar könnten Bürgerrechte eingeschränkt werden, dabei dürfte jedoch das Recht nicht ausgehöhlt werden. Eine besondere Rolle haben die als Staatsziele bezeichneten Rechte. Sie sind nicht einklagbar. Dazu zählen etwa das Recht auf Arbeit und das Recht auf Wohnen. Sie sollen dem Staat als Handlungsanweisung dienen.

Oder wie Mars Di Bartolomeo sagte: Der Staat muss alles Mögliche für deren Realisierung tun. Der ADR fehlten in der Auflistung der Grundrechte das Recht auf Meinungsfreiheit und das Recht auf Leben. Auch die Freiheit der Kultur vermisse er, so Fernand Kartheiser. Mit den Staatszielen findet eine offensichtliche Politisierung der Verfassung statt. Sven Clement („Piratepartei“) hätte sich mehr einklagbare Rechte gewünscht. Unersichtlich sei, wie einzelne Staatsziele, wie die Bekämpfung des Klimawandels, umgesetzt werden könnten. Da diese Rechte nicht einklagbar sind, sprach Clement von Symbolpolitik.

Gegenstand des vierten Teils der Verfassungsrevision, der am Nachmittag von Charles Margue vorgestellt wurde, sind das Parlament und der Staatsrat. Eine der wichtigsten Änderungen gibt den Bürgern das Recht, legislative Vorschläge zu unterbreiten. Legen 125 wahlberechtigte Bürger einen Gesetzesvorschlag vor, der von 12.500 wahlberechtigten Bürgern unterstützt wird, muss sich das Parlament mit dem Vorschlag befassen. Bei zukünftigen Referenden kann das Parlament über den Teilnehmerkreis entscheiden – etwa, ob auch Nicht-Luxemburger daran teilnehmen dürfen.

Eine weitere Neuerung: Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss muss gebildet werden, wenn ein Drittel der Abgeordneten dies fordert. Bisher war eine Mehrheit erforderlich. Das Parlament kann in Zukunft auf das Fachwissen des Staatsrats zurückgreifen. Bisher galt er als Beratungsorgan der Regierung, das Gesetzentwürfe begutachtet.

Die Verfassungsänderungen wurden mit jeweils 52 Ja-Stimmen angenommen.

Was noch beschlossen wurde

Jedes Kind mit Wohnsitz in Luxemburg hat Anrecht auf die Familienzulagen, ebenso die Kinder von Grenzgängern. 118.000 Familien haben im letzten Jahr Kindergeld bekommen. Dafür zahlte der Staat 940 Millionen Euro. Mit einem gestern verabschiedeten Gesetz können Grenzgänger Kindergeld außer für ihre leiblichen und adoptierten Kinder auch für Kinder des Lebenspartners oder der Lebenspartnerin beantragen, vorausgesetzt, diese Kinder leben im selben Haushalt. 2021 flossen 47 Prozent des ausgeschütteten Kindergeldes nach Frankreich, Belgien und Deutschland. Die Gesetzesänderung wird 8,4 Millionen Euro zusätzliche Ausgaben bewirken, so Berichterstatter Max Hahn (DP). Betroffen sind rund 3.000 Kinder. Auslöser der Änderung war ein Urteil des EU-Gerichtshofs.

Ein weiteres Gesetz lockert die staatliche Aufsicht über die Gemeinden. Die Zahl der dem Innenministerium zur Genehmigung vorzulegenden Dossiers wird reduziert. Auch soll durch die elektronische Plattform e-MINT der Dokumentenaustausch zwischen Staat und Gemeinden erleichtert und beschleunigt werden. Das „Revis“, das Einkommen für soziale Inklusion, sowie das Einkommen für schwerbehinderte Personen werden im neuen Jahr um 3,2 Prozent erhöht. Dies geht auf eine Absprache in der Tripartite zurück.

Mit einem weiteren Gesetz wird ebenfalls der Mindestlohn um 3,2 Prozent angehoben. Damit wird der Lohnentwicklung in den Jahren 2020 und 2021 entsprochen. Der monatliche Mindestlohn steigt ab 1. Januar von 2.313,38 auf 2.387,40 Euro (+74,02 Euro). Der um 20 Prozent höhere Mindestlohn für qualifizierte Arbeitskräfte steigt um 88,83 Euro. Rund 67.500 Personen beziehen den Mindestlohn, so Berichterstatter Dan Kersch (LSAP). 52 Prozent davon leben in Luxemburg.

Wie bei anderen Energieformen wird der Staat auch die Nutzung von Holzpellets bezuschussen, und zwar um maximal 200 Euro pro Tonne. Staatliche Zuschüsse sollen auch den Energiepreis an den Elektro-Ladestationen drücken. (lmo)

Nomie
26. Dezember 2022 - 14.42

@ Kimmi : Dir hudd nach net d'Rechnung gemeet waat eng Republik (resp. ee President mat sengem kompletten Unhang) eis geif kaschten.
Do geifen iech d'Aahn obgo'en wei' Ginzenscheecken !

Phil
23. Dezember 2022 - 20.52

Sie glauben doch wohl nicht, dass die Regierenden in der Macronie oder Olafland günstiger zu haben sind?

Kimmi
23. Dezember 2022 - 18.00

Wie lange muss diese mittelalterliche Monarchie noch
Steuergeldern finanziert werden, wann wird da mal endlich
abgespeckt ????